Wie die Religion
mißbraucht wird
Zur Warnung
geschrieben von Friedrich Wolf
Dresden 1931
Selbstverlag des Verfassers
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 3
Die Werbung neuer Mitglieder . . . . . . . . . . . . 5
Das neuapostolische System . . . . . . . . . . . . . 7
Vom "Wirken des Heiligen Geistes" . . . . . . .12
Der Größte unter ihnen . . . . . . . . . . . . . . . . .13
"Boten Gottes" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
"Gotteswunder" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18
"Gottes Mühlen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
Finanzielle Dinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22
"Lichtwaffen" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26
Die Satzung der Neuapostolischen Gemeinde .28
Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31
Alle Rechte vorbehalten
Als Jesus einst am See von Galiläa zu Simon und Andreas sagte, er wolle sie zu Menschenfischern machen, hatte er den entscheidensten Schritt zur Ausbreitung des Christentums getan. Wir heute lebenden Menschen blicken nun auf die Vergangenheit zurück und fragen uns: Ist Jesus eigentlich von den Menschen richtig verstanden worden? Gibt es heute noch "Menschenfischer" im Sinne Jesu?
Zweifellos ist die Zahl derer sehr groß, die Menschenfischerei und Seelenfang n i c h t im Sinne Jesu betreiben - die es in erster Linie darauf abgesehen haben, ihre Mitmenschen auszubeuten, um ein recht angenehmes Leben führen zu können. Aber wie kommt es, daß solche Leute in unserer "aufgeklärten Zeit" immer noch so große Erfolge haben?
Immer und immer wieder habe ich bei vielen Menschen auf religiösem Gebiet eine geradezu kindliche Einfalt und blinde Vertrauensfestigkeit feststellen müssen - am meisten im Sektenwesen. Viele sehen hier nur den heiligen Mantel und die guten Seiten, die gern zur Schau gestellt werden - aber was sich hinter den Kulissen abspielt, davon haben die wenigsten eine Ahnung.
Ich habe selbst das erste Vierteljahrhundert meines Lebens einer Sekte, nämlich der Neuapostolischen Gemeinde, angehört. Obwohl ich nur einfaches Glied war, habe ich doch in dieser langen Zeit die Neuapostolische Kirche hinreichend kennen gelernt, um mir ein Urteil über sie erlauben zu können, zumal es mir noch durch verschiedene günstige Umstände möglich gewesen ist, tiefere Einblicke zu bekommen.
Ich habe diese Broschüre nicht geschrieben, um Staub aufzuwirbeln, sondern um meine E n t t ä u s c h u n g Ausdruck zu geben. Als ernster Gottsucher glaubte ich, daß die Neuapostolische Gemeinde wirklich das ist, was sie zu sein vorgibt - erst nach und nach bin ich zu der Erkenntnis gekommen, daß ich mich auf einem gefährlichen Irrwege befand.
Da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist, sich selbst und anderen Menschen aus den Netzen der neuapostolischen Seelenfänger zu befreien, halte ich es für meine P f l i c h t, zu warnen und Einblicke in das wahre Wesen der Neuapostolischen Gemeinde zu gewähren - so weit mir dies möglich ist - damit nicht immer wieder Tausende und Abertausende von Menschen geistig und materiell geschädigt werden.
Ich bringe Material aus den verschiedensten Zeiten bis in die jüngeste Vergangenheit:
1. Worte neuapostolischer Amtsträger, zum Teil ihren eignen Schriften entnommen,
2. meine eignen Erlebnisse und Erfahrungen,
3. Material aus sonstigen, unbedingt zuverlässigen Quellen.
Ich weise auch noch darauf hin, daß vieles bereits in einer von mir verfaßten Aufklärungsschrift (*) Erschienen Ende Mai 1930, Nachtrag hierzu Ende September 1930; Gesamtumfang 20 Quartseiten Schreibmaschinenschrift mit kleinstem Zeilenabstand (Soweit vorrätig, kann diese Schrift jederzeit gegen Einsendung von RM 0,20 von mir bezogen werden. Mein Postscheckkonto: Dresden 22 637)) enthalten ist, die ich an die Mitglieder der Dresdner Gemeinde verteilt habe. Diese Schrift habe ich im Oktober 1930 an zwölf führende Herren (Apostel) der Neuapostolischen Gemeinde gesandt (J.G. Bischoff, Frankfurt a. M.; P. Dach, Düsseldorf; K. Gutbrod, Heilbronn; K. Hartmann, Karlsruhe; A. Landgraf, Leipzig; M. Lax, Berlin; J. Lembke, Hamburg; H. Magney, Dortmund; W. Oehlmann, Königsberg; G. Schall, Stuttgart; J. Scheel, Stettin; O. Steinweg, Braunschweig). Keiner dieser Herren hat mir irgend etwas widerlegt; alles wurde stillschweigend hingenommen. Auch die Drei-Monats-Frist zur Einreichung einer Beleidigungsanklage (§ 61 des Strafgesetzbuches) ist inzwischen abgelaufen, ohne daß das Geringste gegen mich unternommen worden wäre. (**) Die Führer der Neuapostolischen Gemeinde schrecken durchaus nicht vor Beleidigungsprozessen zurück, wenn sie sich ihrer Sache sicher sind. In der "Neuapostolischen Rundschau" berichtete man früher mitunter über solche Prozesse (in den späteren Jahren wurden derartige Dinge nicht mehr in neuapostolischen Zeitschriften veröffentlicht), so z.B. in der Nummer vom 30. Januar 1910, Seite 24 (mit der ausdrücklichen Bemerkung, es sei zu empfehlen, nicht alles auf sich sitzen zu lassen!) und in der Nummer vom 9. April 1911, Seite 74/75, wo darauf hingewiesen wird, daß in den letzten Jahren verschiedene Prozesse wegen Beleidigung angestrengt worden seien und daß die Betreffenden auch bestraft worden wären.)
Ich möchte noch nachdrücklich betonen, daß sich in der Neuapostolischen Gemeinde nichts Entscheidendes geändert hat, soweit ich zurückdenken kann. Auch der vielleicht von neuapostolischer Seite gemachte Einwand, daß im Jahre 1930 ein Wechsel in der Hauptleitung eingetreten und daß dadurch vieles anders geworden sei, ist nicht stichhaltig; ich werde das noch nachweisen.
Mancher anscheinend durchaus normal veranlagte Mensch hat sich energisch gesträubt, Mitglied der Neuapostolischen Gemeinde zu werden; gar mancher hat sich wild aufgebäumt - bis er sich in den Netzen der neuapostolischen Seelenfänger verstrickte und, gleichsam von eisernen Krallen gepackt, sich nicht mehr losreißen konnte. Die meisten werden später zahm und fühlen sich schließlich ganz wohl - aber nicht immer geht es so harmlos ab. Mancher nahm sich die Worte, mit denen seine arme Seele gemartert wurde, sehr zu Herzen, und so ist es nicht zu verwundern, daß Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde g e i s t e s k r a n k geworden sind. (***) Aus früheren Jahren sind mir einige Dresdner Fälle bekannt)
Oft ist es mit Familienglück und Frieden im Hause vorbei, wenn ein Familienglied solchen Seelenverderbern in die Hände fällt und die Angehörigen aus Mangel an Erfahrung sich nicht zu helfen wissen. Da ist gründliche Aufklärung bitter nötig!
Möge die vorliegende Broschüre dazu beitragen, daß recht viele Menschen davor bewahrt bleiben, religiösen Wahnideen und b i b e l v e r s - g e p a n z e r t e n B e t r ü g e r n zum Opfer zu fallen!
D r e s d e n, Ende Juli 1931.
Es ist nicht zu bestreiten, daß die Botschaft der neuapostolischen Werber für religiös-schwärmerische Personen manches Anziehende hat. Von der Lehre, daß Gott wieder Apostel gegeben habe, daß die Urkirche mit allen ihren Gaben und Kräften wieder aufgerichtet sei usw. (*) Die neuapostolischen Lehren werden in dem Buch von K. Handtmann: "Die Neu-Irvingianer oder die 'Apostolische Gemeinde'" (Verlag: C. Bertelsmann, Gütersloh) sehr ausführlich behandelt und in allen Punkten widerlegt.) ganz abgesehen, versteht man es meist vortrefflich, Vertrauen zu erwecken und die Neuapostolische Gemeinde in ein günstiges Licht zu stellen.
Die Anhänger einer jeden Sekte halten sich für die "Auserwählten" und meinen, daß nur sie allein die "Braut Christi" bilden; die Neuapostolischen machen hierin keine Ausnahme - und mit solchen Schlagworten haben die Werber der Sekten bei Unwissenden immer wieder Erfolg. Außerdem behaupten die Neuapostolischen gern, daß Gott "seine Kinder" (**) "Kinder Gottes" sind n u r die Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde; für die anderen Menschen ist Gott nur Schöpfer, nicht Vater (!).) in ganz besonderem Maße segne - und schließlich weisen sie noch darauf hin, daß die Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde keine Kirchensteuern bezahlen müssen. (***)Dafür werden den Neuapostolischen weit größere finanzielle Opfer zugemutet; siehe "Finanzielle Dinge".)
Fremdlinge läßt man nicht gleich in alles hineinsehen. Der Bezirksvorsteher K. (Leipzig) sagte z.B. am 23. Februar 1931 in der Dresdner Mitgliederversammlung, mit Gästen dürfe man noch nicht über Totenversiegelung und dergleichen reden, diese müßten erst einmal glauben lernen (!). Um derart überspannte Dinge für möglich und für nötig zu halten, müssen sich Neulinge freilich erst in die neuapostolische Vorstellungswelt eingelebt haben!
Können Gäste irgend etwas nicht begreifen, so sind die neuapostolischen Amtsträger schnell mit schönen Ausreden da: "Lassen Sie das 'anstehen', das werden Sie später noch erkennen", "Was Sie noch nicht glauben können, das glauben wir für Sie" usw. Wagt es aber jemand, später, nachdem er längst Mitglied geworden ist, über dieses oder jenes zu fragen, was ihm unbegreiflich ist, dann hat er die beste Aussicht, angedonnert zu werden: "Was, so lange sind Sie schon apostolisch, und das wissen Sie noch nicht?" Das ist zwar keine Auskunft, aber der unbequeme Frager ist wenigstens wieder abgespeist!
Gäste, denen die neuapostolische Lehren nicht recht einleuchten können und die deshalb keine Lust haben, der Gemeinde beizutreten, versteht man auf äußerst raffinierte Weise von der Notwendigkeit ihres Beitritts zur Neuapostolischen Gemeinde zu überzeugen.
Einem Widerspenstigen dieser Art sagt man, e r h a b e d i e B o t s c h a f t g e h ö r t, Gott sei in diesem oder jenem Menschen zu ihm gekommen; wenn er diese Botschaft nicht annehme, h a b e e r v o r G o t t k e i n e E n t s c h u l d i g u n g und hätte deshalb damit zu rechnen, d a ß e r a u f e w i g v e r d a m m t w e r d e. Er sei hier an der Stätte, wo Gott selbst durch seine Boten redet und e i n "Z u r ü c k" g e b e e s n i c h t.
In der neuapostolischen Halbmonatsschrift "Der Jugendfreund" (Nummer vom 24. Mai 1931) berichtet ein Neuapostolischer darüber, wie er Mitglied der Gemeinde geworden ist. (*) Seitdem sind mehr als 30 Jahre vergangen; beachtenswert ist, daß die hier beschriebene Werbemethode noch heute den Neuapostolischen als nachahmenswert zur Kenntnis gegeben wird.) Als junger Mann hatte er einen Neuapostolischen, namens D. (heute Apostel in der Neuapostolischen Gemeinde!) kennengelernt, der ihn für die Neuapostolische Gemeinde zu gewinnen suchte, was ihm schließlich auch gelang. Die Eltern dieses jungen Mannes machten ihm nun in einem Brief Vorhaltungen, daß er von seinem Glauben abgefallen sei, sein Konfirmationsgelübde gebrochen hätte usw. Der Verfasser dieses Artikels schreibt hierzu wörtlich (Seite 76/77):
"Nachdem ich diesen Brief gelesen hatte, weinte ich bitterlich, so daß ich erst
entschlossen war zu tun, was meine Eltern von mir forderten. Tag und Nacht mußte ich mich
damit beschäftigen; ein furchtbarer Kampf tobte in mir. Meinen Eltern wollte ich keinen
Kummer bereiten; ich war aber auch darüber geängstigt, etwas zu tun, was mir ewigen
Schaden brächte. Oft wollte ich diesen furchtbaren Zwiespalt in meiner Seele abschütteln,
aber ich konnte mich nicht mehr dazu entschließen zurückzukehren. In diesen Kämpfen wurde
meine Seele geläutert und bereitete sich dadurch auf die Wiedergeburt vor.
In meiner Seelennot wandte ich mich an meinen Freund D. Zugleich wollte ich von ihm
Abschied nehmen und überreichte ihm unter Tränen, ohne ein Wort zu sagen, den Brief
meiner Mutter. Als er ihn gelesen hatte, verwies er mich auf die Worte Jesu: 'Wer Vater
oder Mutter mehr liebt denn mich, der ist mein nicht wert' (Matthäus 10, 37). Noch nie
hatte mich ein Wort so getroffen wie dieses; denn ich glaubte, der Herr hätte es
persönlich zu mir gesprochen. Seiner unwert zu sein, wäre mir furchtbar gewesen. Aber was
sollte ich tun; denn ich gedachte auch an das vierte Gebot und wollte meinen Eltern
gegenüber nicht als ungehorsam erfunden werden? Auch diese von mir geäußerten Bedenken
wußte mein Freund zu zerstreuen, indem er sagte: 'Man muß Gott mehr gehorchen denn den
Menschen (Apostelgeschichte 5, 29). Wenn diese Eltern wüßten, daß es sich bei der
apostolischen Kirche um das Werk Gottes handelt, würden sie dir niemals im Wege stehen.
Betrittst du aber wieder den alten Weg, so werden dir deine Eltern in Ewigkeit
Vorwürfe darüber machen.'"
Beachtenswert ist, wie dieser überzeugte Anhänger der Neuapostolischen Gemeinde seine seelische Verzweifelung schildert und auf welche Weise D. alle Bedenken zu zerstreuen wußte. So ähnlich ist es Tausenden gegangen, bevor sie zur Neuapostolischen Gemeinde übertraten - sie wußten keinen Ausweg mehr!
Aber nicht nur dadurch läßt sich das Wachsen der Neuapostolischen Gemeinde erklären. Man hat auch wirksame Mittel, um z u r W e r b u n g a n z u t r e i b e n. Man sagt, es sei zum Erringen der ewigen Seligkeit nötig, daß man andere Menschen "errette"; man weist auf den reichen Lohn im Himmel hin, der dem fleißigen "Arbeiter" winken soll und behauptet schließlich noch, daß dem viele Sünden vergeben werden, der eine Seele "vom Tode errettet".
Wie der Dresdner Vorsteher, Herr K., über Menschen denkt, die für die Neuapostolische Gemeinde geworben werden sollen, geht aus folgendem hervor:
Am 22. April 1930 gab er in einem kleinen Kreise von Mitgliedern die Adresse eines Herrn Hupka bekannt, damit ihn die Mitglieder besuchen sollen, um ihn für die Neuapostolische Gemeinde zu gewinnen. Herr K. sagte bei dieser Gelegenheit: "Na, der heißt ja gleich Hupka, der wird schon huppen."
Das klingt wenig besorgt um das Seelenheil eines Mitmenschen, riecht vielmehr stark nach Geschäft!
Am deutlichsten erkennt man an unbeobachten privaten Äußerungen neuapostolischer Amtsträger, worum es sich bei der Werbung neuer Mitglieder handelt. So kam z.B. der Dresdner Vorsteher einmal im Gespräch mit meinem Vater auf einen Herrn H. zu sprechen, der die neuapostolischen Gottesdienste seit längerer Zeit nicht mehr besuchte. Herr K. sagte hierbei: "..... Wir haben nichts von ihm, wir haben auch keine Opfer mehr von ihm (!) - da haben wir ihm [im Kirchenbuch] gestrichen" - - -
"Die Weisheit der Weisen ist Torheit vor Gott" - das hört man oft aus dem Munde neuapostolischer Prediger. (Sicher glaubt mancher von ihnen, daß die Gemeinde dann desto eher seine eigne Torheit für göttliche Weisheit halte!)
Ein neuapostolischer Christ muß in religiösen Fragen so dumm als möglich sein - man nennt das "kindlich" - Dummheit ist sogar einmal in Dresden im Gottesdienst gleichsam als Ideal hingestellt worden! Der Verstand ist vom Teufel, er hat einen Bund mit der Hölle geschlossen - das ist eine der neuapostolischen Fundamental-"Wahrheiten". So werden die Menschen dumm gemacht und gegen alles abgestumpft, was nicht von der Neuapostolischen Gemeinde ausgeht; das Ergebnis ist dann das gewünschte blinde Vertrauen und der neuapostolische "Glaubensgehorsam".
Gehorsam und immer wieder Gehorsam wird in der Neuapostolischen Gemeinde gefordert. So ist es nicht zu verwundern, daß sogar die "Sünde wider den Heiligen Geist" (die nach Matthäus 12, 31-32 "weder in dieser, noch in jener Welt" vergeben werden kann) neuapostolisch gedeutet wird - der Zweck heiligt das Mittel! - um die Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde mit diesem Schreckgespenst in der "rechten Kindesstellung" zu erhalten:
"Die Sünde wider den Heiligen Geist besteht im Widerstreben, im Widerstehen, in den Lästerungen und Verfehlungen gegen das von Gott gesetzte und wiedergegebene Amt des Geistes und der Gnade (damit ist das neuapostolische Apostelamt gemeint!), sowie gegen das davon ausgehende Leben, die Geisteskräfte, seine Lichtesoffenbarungen (!) und im Auflehnen gegen den aufgerichteten, lebendigen, geistlichen Altar des Herrn, der als der erhabenste Platz göttlicher Offenbarung (!) geachtet werden soll. .... Aus dieser Sünde gibt es somit keine Errettung. Sie führt zum Tode, weil der Quell der Gnadenoffenbarungen, der einzige Weg göttlicher Hilfe (!), der Heilige Geist (der angeblich durch die neuapostolischen Apostel wirkt) verspottet, verlästert oder als teuflisch bezeichnet wurde. Wer wider den Heiligen Geist sündigt, reißt die Brücke ab, auf der uns Gnade und Vergebung übermittelt werden; ein anderer Weg besteht nicht (!)." ("Jugendfreund" vom 8. Jan. 1929, Seite 6/7; nochmals abgedruckt in "Jugendfreund" vom 8. Juli 1931, Seite 104.)
Zwei Aufklärungsschriften des früheren neuapostolischen Amtsträgers M. (*) Die Aufklärungsschrift Nr. 2 kann heute noch für RM 0,40 von Herrn K.W. Mütschele, Leipzig S3, Rotkäppchenweg 5, bezogen werden.) enthalten viel Beachtenswertes über das neuapostolische System, dessen Richtigkeit ich zum größten Teil aus eigner Erfahrung bestätigen kann. Einige besonders wichtige Stellen aus diesen Schriften bringe ich hier wörtlich zum Abdruck:
"Kein Kirchenregimentskollegium hat seine Prediger so in der Hand, als wie die Apostel ihre Diener, keine Zeugenschaft ist so homogen, als wie die neuapostolischen Ämter mit allergeringsten Ausnahmen. Und wie die Vergangenheit beweist, findet nirgends so rücksichtslos ein Hinaustun statt von solchen, die nicht absolut durch dick und dünn der Lehre gehen." (Nr. 1, Seite 8.)
"Jede Verirrung hat einen Anfangspunkt. Dieser Punkt liegt in der Annahme, daß die Apostel genannten Männer der letzten Zeit unter allen Umständen die Autorität sind und souverän über der Bibel und ihren Lehren stehen. Also die päpstliche Irrlehre: Was die Apostel lehren, ist unfehlbar. Ihre Auslegung der Bibel und ihrer Zeugnisse ist allein maßgebend. Prüfungsrecht gibt's nicht. Nur Anerkennungs- und Glaubenspflicht." (Nr. 1, Seite 10.)
Den Schluß der ersten Schrift bildet ein Brief zweier aus der Neuapostolischen Gemeinde ausgeschlossener Amtsträger (der Bischöfe P. u. M., Stuttgart), dem ich folgende Stelle entnehme:
"Wir konnten es aber mit unserem Gewissen nicht mehr länger vereinbaren, die Grundzüge und Lehren der Apostel der Neuapostolischen Gemeinde weiter zu vertreten.
Diese Grundzüge sind kurz zusammengefaßt folgende:
1. Die Apostellehre der Apostel der Neuapostolischen Gemeinde lehrt: 'Nur
ausschließlich die Glieder der Neuapostolischen Gemeinde sind und bilden den Leib
Christi'. - Alle anderen Gläubigen sind ausgeschlossen!
2. 'Nur die Glieder der Neuapostolischen Gemeinde bilden vermöge der Versiegelung
durch den Apostel die Braut des Lammes.' Alle anderen Gläubigen sind davon ausgeschlossen,
auf einem anderen Weg als durch den Apostel von Jesu dazu erwählt werden zu können!
3. 'Nur die Glieder der Neuapostolischen Gemeinde sind durch die Versiegelung
berechtigt zur Anwartschaft, als Erstlinge ins Buch des Lebens geschrieben zu werden.' -
Alle anderen Gläubigen sind davon ausgeschlossen."
In der zweiten Aufklärungsschrift halte ich für die Beurteilung des neuapostolischen Systems namentlich folgende Stellen für bedeutsam:
"Der unentwegte, aktiv werdende neuapostolische Gläubige ist recht skrupellos in der
Wahl seines jeweiligen Standpunktes zur Bibel. Erscheint es ihm nützlich und ist es ihm
möglich, irgendein Schriftwort zur Stütze einer seiner speziellen Bekenntnisbehauptungen
gebrauchen zu können, so muß es natürlich auf Stricklein und Pünktlein gelten. Das kann
man verstehen. Er hat auch zuweilen Zitate aus dem Lager seiner Schlagworte im Gebrauch,
die nicht immer in der gebrauchten Fassung zu Buche stehen. (**) Die
Neuapostolischen behaupten z.B., E s r a habe schon auf die N e u a p o s t o l i s c h e
G e m e i n d e hingewiesen; im vierten Buche Esra, das in alten Bibelausgaben noch
zu finden sei, könne man dies nachlesen. Die Kirche habe dieses Buch "unterschlagen", weil
sonst die große Masse erfahren könnte, daß die Neuapostolische Gemeinde die einzige wahre
Kirche sei (!). Da diese unsinnige Behauptung immer wieder verbreitet wird, halte ich es
für nötig, näher hierauf einzugehen.
Das vierte Buch Esra gehört zu den sogenannten "Pseudepigraphen", d.h. Schriften,
deren Verfasser unter einem falschen Namen schreiben; es ist erst 81-96 n. Chr., also
ungefähr ein halbes Jahrtausend nach dem Tode Esras entstanden (vgl. E. Kautzsch: Die
Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments. Verlag von J.C.B. Mohr, Freiburg
i.Br., Leipzig und Tübingen, 1900. [In der Sächs. Landesbibl. im Lesesaal unter 12/1900
zu finden]). Mir sind zwei deutsche Bibelausgaben bekannt (erschienen in Nürnberg 1708 und
1720), in denen neben anderen unechten Schriften das vierte Buch Esra als "Anhang" hinter
den alttestamentischen Büchern aufgenommen worden ist. Das zweite Kapitel dieses Buches
trägt in der Ausgabe von 1708 folgende Überschrift (in der Ausgabe von 1720 sind
lediglich einige orthographische Abweichungen festzustellen):
Hat fünff Theil. I.Die verstossene Jüdische Synagog beklagt ihre Verstossung v. 1.
Esra betet wider sie/5. Und hält ihnen das Straf-Exempel Sodom und Gomorrah für/v. 8.
II.Esra prediget die Kirche des Neuen Testaments/daß die alte Gnade GOttes soll auf sie
gebracht werden/10. Ihr ist das Reich bereitet/13. GOtt will sie lebendig machen/16.
Ihnen die Erkäntnis seines Namens reichlich geben/18. III.Lehret er/wie sich die neu
Apostolische Kirche halten/und GOtt wollgefällige Dienste leisten solle. 20. Verheisset
derselben seinen Väterlichen Schutz/26. bis an den Jüngsten Tag/32. IV.Esra kriegt einen
Befehl an Israel/aber sie nehmen ihn nicht auf/33. Darum wendet er sich zu den Heyden 34.
Die tröstet und vermahnet er herrlich/35. V.Eine grosse Schaar ward ihm in Gesicht
gezeiget/42. Und der Sohn GOttes mitten unter ihnen/43.
Die Worte "neu Apostolische Kirche" bedeuten hier selbstverständlich dasselbe, wie der
vorher gebrauchte Ausdruck "Kirche des Neuen Testaments", und darunter versteht man
bekanntlich nicht die Neuapostolische Gemeinde, sondern die neue christliche Kirche, die
nach dem Tode Jesu von den Aposteln gegründet wurde. Übrigens kommt der Ausdruck
"neu Apostolische Kirche" nur in der Überschrift bzw. Inhaltsangabe eines Kapitels,
n i c h t i m T e x t vor - die Kapitel-Überschriften sind aber erst in
in den letzten Jahrhunderten entstanden und außerdem in den verschiedenen Bibelausgaben
ganz verschieden.
Die beiden Bibelausgaben, die ich hier erwähnt habe, können in großen Bibliotheken
eingesehen werden; z.B. in der Sächsischen Landesbibliothek, Dresden-N., Wilhelmplatz
(Standortnummern: Ausgabe 1708: Biblia 312; Ausgabe 1720: Biblia 318).) Selten wird
er auch wissen, wo die richtig zitierten Bibelworte stehen. Wir wissen erweisliche Fälle,
wo in der neuapostolischen Literatur Bibelstellen nachweislich angezogen sind, die
eigentlich (vollends im Zusammenhang) zum Beweis des behaupteten Gegenteils dienen.
Dieser Inanspruchnahme biblischer Wahrheiten in den Spezialfällen der
Bekenntnisbehauptungen steht dann aber generall und hauptsächlich die Auffassung
gegenüber, daß die biblischen Lehren und Anschauungen (besonders soweit sie die
neuapostolischen Irrtümer und Anmaßungen richten) durch die 'zeitgemäßen' Lehren der
lebenden Apostel überholt sind." (Seite 16.)
Eine besondere Rolle spielen in der Neuapostolischen Gemeinde die Totenkulthandlungen (Totentaufe, Totenabendmahl und Totenversiegelung). Herr M. schreibt hierüber:
"Der Gipfelpunkt auf diesem Gebiet wurde aber erreicht, als im Jahre 1916 auf der Apostel- und Ämterversammlung in Bielefeld am 28. Juli 1916 nachmittags 'Ämter für das Jenseits' gesetzt wurden. Die lebenden neuapostolischen Apostel unter Leitung ihres Präses, des Stammapostels, hielten sich nämlich für berufen, unter Mitwirkung, Anrufung und Zitterung entschlafener neuapostolischer Apostel: aus dem Jenseits - für das Jenseits - Apostel zu rufen und zu ordinieren, nicht allein aber Apostel, sondern auch Bischöfe, Propheten (*) Das Prophetenamt (begründet, wie das Apostelamt, auf Epheser 4, 11), das einst eine große Rolle in der Neuapostolischen Gemeinde spielte, existiert seit 1905 nicht mehr, weil die "Propheten" oftmals unbequem wurden. Jetzt gibt es neuapostolische Propheten nur noch auf dem Papier (wenn die neuapostolischen Ämter aufgezählt werden) und im Jenseits - - - von diese haben die neuapostolischen Apostel keine Schwierigkeiten zu erwarten!), Älteste, Evangelisten, Hirten, Priester, Diakonen usw.
Wir, die wir Mitzeuge dieser, ohne Vorwissen der meisten Teilnehmer unternommenen Ungeheuerlichkeit waren (es mögen bald einhalbtausend Amtsträger zugegen gewesen sein), konnten uns nicht enthalten, die Sache als eine mindestens problematische und zweifelhafte zu bezeichnen. Die im Nachgang gemachten Einwände fanden aber keine Aufnahme und keinen Widerhall. Wir machten etlichen Aposteln gegenüber die Vorstellung, daß bei konsequenter Festhaltung an dieser, übrigens Jesus Christus als Existenz geradezu ausschaltender Anmaßung dann aber die neuapostolischen Handlungen für die Toten im Diesseits jetzt aufhören müßten. Nun ist aber durchgreifende sachliche Logik leider nicht die Stärke der neuapostolischen Bekenntnisse, und so fand auch diese Meinung keinen Boden. Diese 'Totenämtereinsetzung', die das Grab für die bisher geübten Totensakramente hätte konsequenterweise sein müssen, mußte und sollte eben im Effekt nur dazu dienen, die unbedingte Notwendigkeit der lebenden neuapostolischen Apostel für das Diesseits und für das gesamte Jenseits zu illustrieren." (Seite 19.)
Mitglieder, die an der Wahrheit der neuapostolischen Lehren zweifeln und deshalb der Gemeinde den Rücken kehren wollen, versteht man meist in äußerst geschickter Weise von ihrem Vorhaben abzubringen. Das möchte ich an einigen Beispielen zeigen:
Im "Jugendfreund" vom 24. Februar 1930 kann man unter "Fragen und Antworten" folgendes lesen:
Frage: Wie steht es mit den Geschwistern (*) Die Neuapostolischen nennen sich meist untereinander "Bruder" und "Schwester"), die Monate oder Jahre vom neuapostolischen Werke fernbleiben und dann mit Reue und in Demut zurückkehren und um Wiederaufnahme bitten?
Antwort: Wer vom Werke Gottes fernbleibt, begeht eine sehr schwere Sünde. Allerdings besteht ein Unterschied, ob z.B. Kinder durch die Eltern weggerissen werden oder ob jemand mit voller Überzeugung handelt. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß unter 100 Seelen noch nicht 5 waren, die in die frühere Freude und Seligkeit kamen, nachdem sie wieder aufgenommen waren. Jedenfalls besteht nach der Wiederaufnahme die Möglichkeit, daß sie sich ihre Seligkeit schaffen können, aber was verloren wurde, ist nicht mehr einzuholen. Für denjenigen, der aber jetzt, nachdem der Stammapostel alle gewarnt hat, (**) Siehe Seite 13.) mutwillig weggeht, die Gnade Gottes mit Füßen tritt und Christum aufs neue kreuzigt, ist kein Opfer mehr da.
Der Bezirksvorsteher K. (Leipzig) äußerte sich in Dresden im Gottesdienst, durch die Sündenvergebung würden die Sünden unsichtbar gemacht; bei denen aber, die sich von der Neuapostolischen Gemeinde abwenden, werde alles wieder sichtbar (!) und die Betreffenden fielen dann unter das Gericht.
Schon von jeher lehrte man, daß "Abgefallene" bereits hier auf Erden mit der "Strafe Gottes" zu rechnen hätten - sie würden nie mehr Frieden finden, Gott werde ihnen ein Unglück nach dem anderen schicken usw. (***) Ich kenne viele, die früher der Neuapostolischen Gemeinde angehörten. Selbstverständlich geht es den allermeisten - allen neuapostolischen Prophezeiungen zum Trotz - nicht weniger gut als früher!) Erfüllen sich diese "frommen Wünsche" nicht, so sagt man, der liebe Gott habe Zeit - "Gottes Mühlen mahlen langsam" - die Strafe Gottes könne auch erst auf dem Sterbebett kommen. Auch andere Ausreden hat man noch auf Lager: Wenn Gott einen Menschen strafe, so erkenne man darin die ziehende Hand Gottes; wenn er ihn aber gehen lasse, so kümmere sich Gott nicht mehr um ihn - und das sei viel schlimmer! Geht es aber früheren Mitgliedern der Gemeinde besser, dann sag man, denen lasse es d e r T e u f e l gut gehen, er wisse, daß diese ihm gehören. Es stehe ja schon in der Bibel, daß es den Gottlosen gut geht!
Ein erfahrener neuapostolischer "Seelenhirte" weiß eben auf alles eine Antwort zu geben, denn ein passender Bibelvers findet sich immer!
Daß man manchmal in die peinliche Lage kommen kann, heute auf Grund der Bibel d a s G e g e n t e i l von dem beweisen zu müssen, was man erst gestern m i t d e r s e l b e n B i b e l bewiesen hat, tut nichts zur Sache. Man weiß ja nur zu gut, daß sich die meisten Glieder mit einigen Bibelversen abspeisen lassen und daß sich selten jemand findet, der tiefer nachdenkt!
Wenn Gott die "Abgefallenen" wider Erwarten nicht straft, so fühlen sich mitunter "seine gesandten Boten" berufen, dafür zu sorgen, daß es ihnen nicht zu wohl wird. Mir sind verschiedene Fälle bekannt, wo Amtsträger der Neuapostolischen Gemeinde in einer Weise gegen frühere Mitglieder vorgegangen sind, die jegliche christliche Gesinnung vermissen läßt.
Ein Beispiel will ich hier anführen:
In Essen hat man einen Mann, der früher der Neuapostolischen Gemeinde angehörte, e i n e s S i t t l i c h k e i t s v e r b r e c h e n s b e s c h u l d i g t und ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet, u m i h n i n s G e f ä n g n i s z u b r i n g e n. Das Strafverfahren ist von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden, w e i l d i e A n k l a g e n i c h t z u h a l t e n w a r!
Selbstverständlich muß das Vertrauen zu den "Boten Gottes" unter allen Umständen erhalten werden. Das erreicht man erstens, indem sich die neuapostolischen Amtsträger gegenseitig decken (*) Vergl. Seite 15: "Ich decke, wo du mich gedeckt hast.") und loben - mitunter ist diese Lobhudelei geradezu widerlich - und zweitens durch das Verbot, mit "Abgefallenen" zu verkehren. Tatsächlich meiden "gute Apostolische" ihre einstige Glaubensgenossen wie die Pest - das gehört eben mit zum neuapostolischen "Glaubensgehorsam". So ist es sehr leicht erklärlich, daß nur selten einmal jemand etwas über Ungerechtigkeiten oder sonstige Mißstände in der Gemeinde erfährt.
Ein Kapitel für sich ist die neuapostolische "Rechtsprechung". Hat ein Glied der Gemeinde an einem Amtsträger etwas auszusetzen oder hält es dessen Entscheidung in irgend einer Angelegenheit für ungerecht und wendet es sich deshalb beschwerdeführend an einen höheren Amtsträger, so hat es die beste Aussicht, a u c h a n d e n h ö c h s t e n S t e l l e n k e i n R e c h t z u b e k o m m e n. Ein früherer neuapostolischer Amtsträger sagte mir einmal, das sei g r u n d s ä t z l i c h in der Neuapostolischen Gemeinde so üblich, d a m i t d i e A u t o r i t ä t g e w a h r t b l e i b e!
So sehr man bemüht ist, alle Vergehen neuapostolischer Amtsträger vor der Gemeinde zu verbergen, so beliebt ist es auch, in den Gottesdiensten über einfache Glieder der Gemeinde herzuziehen. Einen besonders krassen Fall möchte ich hier erwähnen:
Vor einigen Jahren wurde auf Veranlassung des jetzigen sächsischen Bezirksleiters L. zwei junge Mädchen wegen eines Fehltrittes vor der Dresdner Gemeinde öffentlich bloßgestellt. Sie mußten vor die versammelte Gemeinde treten; hier wurden ihnen der Vorwurf gemacht, sie hätten der Gemeinde Schande bereitet - dann wurde die Gemeinde gefragt, ob sie ihnen ihre Sünde vergeben könne (!).
Ein neuapostolischer Apostel dagegen, Herr M., der Führer der Neuapostolischen Gemeinde in Nordamerika, ließ sich die gröbsten sittlichen und moralischen Verfehlungen zuschulden kommen (was dem Hauptleiter Niehaus bekannt war) und blieb trotz allem in seinem Apostelamte - - - ! Herr Niehaus, der anordnete, daß als Mitglieder der Gemeinde u.a. nicht aufgenommen werden können: "Personen, welche notorische Trinker sind und im bürgerlichen Leben einen lasterhaften Wandel führen, solange sie nicht umkehr gehalten haben" ("Allgemeine interne Hausregeln", § 3, Punkt 4), war also in diesem Falle anscheinend der Ansicht, daß ein Mann, der als e i n f a c h e s M i t g l i e d nicht aufgenommen werden konnte - sehr wohl als F ü h r e r u n d V o r b i l d d e r G e m e i n d e fernerhin geduldet werden könne!!
Eine der entscheidendsten Behauptungen der Neuapostolischen ist, daß sich der Heilige Geist (bzw. Gott oder Jesus) in der Neuapostolischen Gemeinde und zwar n u r in der Neuapostolischen Gemeinde offenbare. Nicht die neuapostolischen Amtsträger seien es, die da reden, sondern d e r H e i l i g e G e i s t , d e r d u r c h s i e r e d e t (!). Durch Offenbarungen des Heiligen Geistes seien die ersten (englischen) Apostel vor ungefähr 100 Jahren "ausgesondert" worden und auch heute noch sei es der Heilige Geist, der die neuen Amtsträger berufe; der betreffende Apostel, der das Amt durch Handauflegung spendet, sei nur ein Werkzeug Gottes bzw. des Heiligen Geistes. Auch die "Weissagungen", die zu jedem neuapostolischen Gottesdienst gehören, sollen angeblich "aus dem Heiligen Geist kommen". Außerdem glaubt der neuapostolische Christ, daß er selbst durch die sogenannte "Versiegelung" oder "Geistestaufe" den Heiligen Geist empfangen habe.
Das dürfte genügen, um zu zeigen, auf welcher Stufe die neuapostolischen Glaubens t h e o r i e n stehen. Nun kommt es aber darauf an, wie die Sache in der P r a x i s aussieht; ob da etwas vom "Wirken des Heiligen Geistes" zu verspüren ist.
Ich kann aus eigner Erfahrung berichten, daß ich noch nie etwas völlig Überirdisches, über dem Menschenverstand und dem menschlichen Wesen Stehendes in der Neuapostolischen Gemeinden gefunden habe. Im Gegenteil, die ganze Armseligkeit menschlichen Wissens leuchtet aus den angeblichen "Offenbarungen des Heiligen Geistes" heraus.
Ich will das an einigen Beispielen zeigen:
Während des Krieges wurde in der Neuapostolischen Gemeinde immer und immer wieder der S i e g D e u t s c h l a n d s prophezeit, wobei häufig V i s i o n e n als "Beweismittel" dienten.
In der "Neuapostolischen Rundschau" vom 18. Oktober 1914 (Seite 232) wird das Ende des Krieges für Frühjahr 1915 vorausgesagt, wobei besonders betont wird, "daß sämtliche Zeugnisse aus dem verborgenen Geisteswirken über den Zeitpunkt des Friedens eine ausgesprochene Übereinstimmung aufweisen, der liebe Stammapostel hat eine ganze Anzahl derartiger Zeugnisse, die sich miteinander völlig decken, sowohl von Nord, Süd, Ost und West."
Kurz vor der Revolution lehrte man, über Deutschland schwebte der Engel Cherub; der eine Flügel dieses Engels sei der Deutsche Kaiser, der andere die neuapostolischen Apostel. Daß der eine Flügel abbrechen und nach Holland fallen würde, hat man selbstverständlich nicht vorausgesagt.
Als der Apostel Bischoff (der jetzige Hauptleiter der Neuapostolischen Gemeinde) ins Feld gehen mußte, da war angeblich "die Bundeslade des Herrn" ins deutsche Heerlager gekommen - nun war das Schicksal der Feinde Deutschlands besiegelt (!).
Die Drohung des früheren Hauptleiters Niehaus: "England, England, wie wird es dir ergehen, ein grausamer Engel wird über dich kommen" hat sich auch im Weltkriege nicht erfüllt. Man suchte sich dann herauszureden, indem man sagte: "Das Wort steht noch", d.h. es kann sich ja einmal in ferner Zukunft erfüllen (!).
Von den neuapostolischen "Weissagungen" möchte ich noch erwähnen, daß den "Weissagern" ab und zu Vorschriften gemacht werden; so wird z.B. öfter betont, die Weissager müßten "bei der Sache sein", d.h. die Weissagungen sollen dem Verlauf des Gottesdienstes entsprechen. Herr K. (Leipzig) klärte die Weissager erst in der letzten Mitgliederversammlung vom 23. Febr. 1931 wieder darüber auf, wie sie weissagen sollen.
Der Titel der Jubiläumsschrift "Der Größte unter ihnen", die zum achtzigsten Geburtstag und sechzigjährigen Amtsjubiläum des früheren Hauptleiters Niehaus herausgegeben worden ist, sagt jedem - und wenn er noch nie etwas von der Neuapostolischen Gemeinde gehört haben sollte - welche Personenvergötterung in dieser Gemeinde üblich ist. Nicht nur, daß Herr Niehaus zuließ, daß obige Schrift mit diesem Titel verkauft wurde, auch die geräuschvollen Geburtstagsfeierlichkeiten früherer Jahre, als er sich durch öffentliche Musikfestumzüge, Feuerwerk, Gewehrsalven und vieles andere mehr feiern ließ, lassen erkennen, wie sich der frühere Landwirt Niehaus als Führer der Neuapostolischen Gemeinde einschätzte.
Ich überlasse es jedem Leser, auf Grund der nachstehend angeführten Tatsachen selbst zu entscheiden, ob eine solche Verhimmelung des Herrn Niehaus angebracht war:
Im Jahre 1905, als Herr Niehaus nach dem Tode seines Vorgängers Krebs die Führung der Neuapostolischen Gemeinde übernahm, wies es nach dessen Begräbnis darauf hin, daß sich wahrscheinlich nun "Rottengemeinschaften" (*) Gemeint sind damit Amtsträger und Glieder der Gemeinde, die Herrn Niehaus den Gehorsam verweigern und ihre eignen Wege gehen.) bilden würden, wie es schon früher beim Tode anderer Apostel gewesen sei. Herr Niehaus sagte hierzu wörtlich: "Ich will heute nicht weiter darüber sprechen, die Zeit wird es bringen, aber soviel sage ich heute, d a ß s i e a n m e i n e r D i c k f a u s t u n d e i s e r n e n S t i r n e z e r s c h e l l e n w e r d e n . . . ." "Die dem Apostel Krebs widerstrebt haben, s o l l e n s i c h a n m i r d e n H a l s b r e c h e n." ". . . . aber ich sage, ob es ein Bärengesicht oder ein Wolfsgesicht ist, ich w i l l s i e z e r r e i ß e n u n d n i c h t s c h o n e n." ("Sein letztes Wort oder die letzten Tage des hochseligen geliebten Vaters und Apostels Krebs", Seite 15.)
Am 22. Mai 1921 rühmte sich Herr Niehaus im Gottesdienst (!) in Leizig, daß er noch nicht zu alt sei, u m a n d e r e L e u t e z u ä r g e r n.
In einer seiner letzten Predigten äußerte sich Herr Niehaus wie folgt: "Wiederholt habe ich schon gesagt: Allen, die in den Gottesdienst kommen, um ihr Leben und Wesen zu bessern, können und wollen wir eine Hilfe sein. Diejenigen aber, die Gottes Gnade auf Mutwillen ziehen, ständig kritisieren und alles besser wissen wollen, s c h l i e ß e n w i r n u n m e h r a u s (!). Für die Seelen, die mit dem festen Vorsatze kommen, sich zu bessern, sind wir jederzeit da, nicht aber für die Widerspenstigen der bezeichneten Art." "Wer aber die Gnade Gottes auf Mutwillen zieht, das Werk des Herrn und seine Diener lächerlich macht, w e r d i e G o t t e s d i e n s t e m e i d e t (!), nachdem er die Erkenntnis der Wahrheit erlangt hat, lädt sich ein u n b a r m h e r z i g e s G e r i c h t auf den Hals, weil wir f ü r d i e s e S ü n d e n k e i n O p f e r m e h r h a b e n (!)." ("Wächterstimme" vom 15. Jan. 1930, Seite 10 u. 14.)
Im vertrauten Kreise hat sich Herr Niehaus w i e d e r h o l t
s c h r i f t l i c h und m ü n d l i c h geäußert,
Demnach gibt es in der Neuapostolischen Gemeinde, wo angeblich nicht die Amtsträger selbst reden, sondern der Heilige Geist durch sie redet (!) - einen "amtlichen" und einen "Privatglauben"! - - -
"Ein Bote Gottes", das hat für manche Ohren einen gar lieblichen Klang.
Wie Leute, die sich als "Boten Gottes" bezeichnen, in Wirklichkeit aussehen können, will ich in diesem Kapitel an einigen Beispielen zu zeigen versuchen.
Über den früheren Führer der Neuapostolischen Gemeinde in Nordamerika, Herr M., kann ich aufgrund eines Briefes (*) Die wesentlichsten Teile dieses Briefes habe ich wörtlich in meiner Aufklärungsschrift wiedergegeben.), den ein Herr L. aus Brooklyn (Nordamerika) vor einigen Jahren nach Deutschland schrieb, folgendes berichten:
Im Jahre 1909, als Herr Niehaus in Nordamerika weilte, um die dortigen Gemeinden zu besuchen, half Frau L. der Frau M. im Haushalt und fand dabei
Sie mußte schwören, niemals über derartige Dinge sprechen zu wollen (!).
In den späteren Jahren hat Herr M. Opfergelder und Kirchenbankgelder für eine Farbenfabrik verwendet; Herr L. schreibt, der Götze Mammon sei angebetet worden, und wer den Tanz ums goldne Kalb nicht mit machte aber etwas dagegen einzuwenden gehabt hätte, sei in Ungnade gefallen. M. mit fast allen seinen Ämtern habe spekuliert. Die Kirche in Brooklyn habe verkauft werden müssen (wie mir bekannt ist, auch noch mehrere andere Kirchen) - so hat Herr M. mit den ihm anvertrauten Geldern gewüstet!
7000 Dollar Opfergelder wurden für hilfsbedürftige Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde in Australien gesammelt, nur 3000 Dollar sind drüben angekommen - die übrigen
Herr L. verlangte von Herrn E. (dem jetzigen Führer der Neuapostolischen Gemeinde in Nordamerika) zu wissen, wo die 4000 Dollar geblieben seien. Die Antwort war, etliche "Brüder" in Deutschland (!) hätten Pakete erhalten: Apostel Meuser, Heller, Dach und verschiedene mehr. Er fragte, ob für 4000 Dollar Wertpakete? Antwort: Nein, das nicht, denke aber (!), Brüder in Detroit müssen Quittungen dafür haben. Herr L. wandte sich darauf an den Hauptleiter Niehaus - und erhielt keine Antwort (!).
Auf ein früheres Schreiben des Herrn L. mit beigefügtem Beweismaterial (insbesondere photographierte Briefe M.s, aus denen ich auf Seite 15 einige Stellen veröffentliche) gab Herr Niehaus die Echtheit der mitgesandten photographierten Briefe zu, schrieb aber im übrigen, sie sollten "den Gesalbten" (d.h. Herrn M.) nicht antasten (!).
Frau L. schrieb ebenfalls an Niehaus und schüttete ihr Herz aus. Sie erhielt als Antwort - er (Niehaus) wisse, daß M. erblich belastet sei (!) (mit anderen Worten, für die Amerikaner ist ein erblich belasteter Trunkenbold als Apostel gut genug).
Da sich die neuapostolischen Apostel mit den biblischen Aposteln auf eine Stufe stellen, ist es ziemlich selbstverständlich, daß auch behauptet wird, die heutigen (neuapostolischen) Apostelbriefe seien ebenso wertvoll, wie die damaligen (im Neuen Testament enthaltenen). Um zu zeigen, was das für eine ungeheuerliche Anmaßung ist, veröffentliche ich anschließend einige Stellen aus den Briefen M.s (an den ihm untergebenen "Ältesten" R. gerichtet), die Herr L. photographiert und an den Hauptleiter Niehaus gesandt hat (diese Briefe sind teilweise in sehr schlechtem Deutsch geschrieben und voller Fehler; nur die gröbsten Schreibfehler habe ich beseitigt):
Brief vom 25.2.1919: "Ich wünsche von Herzen daß Du Dich verheiratest, damit Du zur Ruhe kommst. Das Suchen das Hin- und Hereilen von einer Blume zur andern hat auch gewiß seine Schattenseiten. - Du kommst in einem übel Rufe. Glaube mir was ich sage, das sage ich nicht aus mir selbst, sondern von dem was ich gehört habe. - Dein zu freundliches Wesen den Frauen, den Mädchen gegenüber hat das hervorgebracht. - Ungern sage ich das, doch ich habe hier Briefe bekommen, die Dich in das schlimmste Licht stellen, als ein Schürzenjäger ersten Ranges. - Behalte das für Dich, doch ich warne.
Doch Ursache gibst Du in Deiner zu großen Freundlichkeit den Frauen gegenüber. - Halte Dich reserviert. - Wehe ist mir, daß ich davon Erwähnung getan habe, doch ich muß es. - Damit Du siehst was Sache ist. - Was meine Frau von Dir sagt und denkt brauche ich nicht zu erwähnen, sie verurteilt Dich aus äußerste. - Zerreiße diesen Brief sofort nach dem Lesen, daß er niemand in die Hände fällt."
Brief vom 10.5.1919: Am Ende des Briefes preist M. seine Bilder an und schreibt dann wörtlich: "Ich habe Politik dabei, daß der Apostel rumgetragen wird, auch in Bildern. Natürlich wer eins hat braucht keins zu nehmen, ebenfalls der nicht will. Aber ich lege Gewicht darauf daß der APOSTEL bekannt wird. Das mache in Deinem Bezirk bekannt."
Brief vom 26.7.1922: "Noch bezüglich der Opfer in Brooklyn, ich kann das nicht länger verschleiern,
Wie soll ich das machen? Finden die Brüder das aus, dann hängen sie uns. Sodann kommt mal eine Revision von der Court (*) Gericht.) daß Du die Opfer von der Kirche für Zwecke der Fabrik verbraucht hast, dann sitzen wir im Gefängnis drin."
Als der frühere Führer der Neuapostolischen Gemeinde in Afrika, Apostel Kl., vor vielen Jahren einmal in Deutschland weilte, unternahm es Herr Schl. (1928 verstorben), Unterschriften gegen Herrn Kl. zu sammeln, weil er selbst gern Apostel werden wollte. Um möglichst viele Namen zusammenzubringen, wurden auf die Listen sogar die
geschrieben. Herr Niehaus ist auf diesen Schwindel hereingefallen und hat Herrn Schl. als Apostel und damit als Führer der Neuapostolischen Gemeinde in Afrika eingesetzt. - Für die Gemeinde ist aber jede Apostel-Einsetzung eine "Gottestat" (!).
Wie man es in der Neuapostolischen Gemeinde zu etwas bringen kann, mag noch folgender Fall zeigen:
In Leipzig war früher ein Hirte (*) Stufenleiter der neuapostolischen Ämter: Unterdiakon, Diakon, Priester, Evangelist, Hirte, Charakter-Evangelist, Gemeinde-Ältester, Bezirks-Ältester, Bischof, Apostelhelfer, Apostel, Stammapostel.). Er trug dieses Amt 15 Jahre lang, da man ihm (wie mir gesagt wurde) kein höheres Amt anvertrauen konnte. Man hat sich auch über diesen Hirten beklagt, daß er häufig die Gottesdienste versäumte und daß er oftmals einer der ersten war, die wieder zur Kirche hinaus waren.
Also einer von den "Lauen"!
Als es sich aber darum handelte, den damaligen sächsischen Bezirksleiter B. zu
bekämpfen (zwischen ihm und Niehaus war es zu Meinungsverschiedenheiten gekommen), da war
jener Hirte einer von den Eifrigsten; man sagt ihm nach, er habe sich Ende Februar 1921
Auf dieses, jedes religiöse Empfinden verletzende Verhalten hin, wurde nun dieser Amtsträger nicht etwa ausgeschlossen, wie man eigentlich annehmen sollte. - Weit gefehlt!
Solche "Taten" wurden von Herrn Niehaus sogar belohnt!
In kürzester Zeit wurde aus dem unbedeutenden Hirten ein mächtiger Apostel: schon im Mai 1921 bekam er von Herrn Niehaus - zwei Amtsstufen wurden gleich übersprungen - das Bezirksältestenamt, Im September desselben Jahres wurde er Bischof und am 30. April 1922 Apostel und damit Leiter des gesamten sächsischen Bezirks und der umliegenden Gebiete!
Das ist der Werdegang des Apostels St., von dem Herr Niehaus sagte, er sei der b e s t e Apostel!
Herr St. war nicht etwa der Einzige, der die Neuapostolische Gemeinde in Sachsen im Jahre 1921 "vor dem Verderben" bewahrte. Gar manches hätte ich darüber noch zu berichten, doch das würde zu weit führen. Ich will hier nur noch verschiedenes von den Herren Kr. (Leipzig) und W. (Erfurt), die damals eine besondere Rolle spielten, erwähnen.
Herr Kr. war ein persönlicher Feind des damaligen sächsischen Bezirksleiters B., er war also offenbar sehr gut zu gebrauchen, um gegen B. zu "arbeiten". Er wurde auch tatsächlich sofort (im Februar 1921) an die Seite des vorhin erwähnten Herrn St. nach Leipzig berufen und übernahm dort sehr bald die Schriftleitung der "Wächterstimme".
Über diesen Herr Kr. äußerte sich Herr Niehaus in Briefen wie folgt: (*) Die auf dieser Seite abgedruckten Briefauszüge habe ich sächsischen Kampfschriften (1921 erschienen) entnommen, ebenso den Auszug aus dem Brief vom 5.12.1919 auf Seite 22.)
"Über den Krause muß man sich wundern, wenn man den seine Briefe liest, die ekeln einem an. Der hat andere arbeiten lassen, aber selbst nichts über die Kräfte gearbeitet. Ich sage nochmals, die Briefen ekeln einem an. Lieber mit Leute, die Steine klopfen." (30. April 1917.)
"Beiliegend eine Abschrift von Herrn Krause. Als ich seinen Brief las, widerte er mich an, denn man kennt ihn und ich dachte, den Brief können erst mal die Apostel lesen. Die zeigten sich interesselos. Solche Menschen sind Laststeine, wollen alles, aber auf anderer Leute Taschen und Verantwortlichkeit. Dabei große Herren spielen. Der bringt es zu nichts." (18. Juni 1917.)
- - - Und in der Öffentlichkeit, vor der Gemeinde, führte Herr Niehaus diesen Herrn Kr. als neuen Schriftleiter der "Wächterstimme" mit folgenden Worten ein:
". . . . welch letzterer Name noch bei manchen unserer lieben Geschwister in gutem Andenken stehen dürfte, da die Schriftleitung der 'Rundschau' in den Jahren 1909-13 in den bewährten Händen des Evangelisten Krause lag." ("Wächterstimme" vom 13. März 1921.)
Also früher war er "bewährt", dann taugte er nichts mehr - und nun war er auf einmal wieder der bewährte Mann. Sonderbarerweise hat sich Herr Kr. nur bis Ende 1925 als Schriftleiter "bewährt" und ist schließlich Ende 1929 seines Amtes als Bezirksvorsteher enthoben worden!
Bemerkenswert ist noch, daß Herr Kr. 1921 als armer Mann nach Leipzig gekommen ist. Er äußerte sich damals einem Herrn W. gegenüber, daß für ihn d i e s i e b e n f e t t e n J a h r e kämen (!). - Nach mir zugegangenen Berichten von verschiedenen Seiten soll Herr Kr. heute Besitzer eines Hauses sein und auch sonst sehr gut dastehen - - -.
Über den Apostelhelfer W. in Erfurt (den Träger eines der höchsten Ämter in der Neuapostolischen Gemeinde) äußerte sich Herr Niehaus in Briefen wie folgt:
"Mit dem Helfer Wolf ist es ja genau, als wenn man's mit einer Frau zu tun hat, bei der die Sinne gefangen, die Augen geblendet und der verstand verfinstert ist. Für das Volk Gottes wäre es besser, er trete zurück; denn die Glieder haben keinen Halt an dem wankenden Rohr." (2. August 1917.)
"Der Wolf hat ja weniger Überlegung wie ein Klatschweib. Es scheint mir, daß er für seinen Knopf bange ist. Der Mensch verdirbt ja mehr, als er verbessert. Der Wiesel (**) Ein Priester.) ist mir zehnmal lieber als der Weibwolf." (10. April 1918.)
Dieser Herr W. stand im Jahre 1921, als er auf die Seite des Herren St. und Kr. ging, bei Herrn Niehaus in hohen Ehren!
In der "Wächterstimme" vom 1. Juli 1928, wo vom Tode des Apostelhelfers W. berichtet wird, ist zu lesen, daß er seine ganzen Kräfte bis zum letztem Atemzug geopfert und sich als guter Hirte treu und gewissenhaft geführt habe; er sei ein Mann von starkem Glaubensbewußtsein lauterem Charkter gewesen, t r e u w i e G o l d (!).
Für die Gemeinde sind die neuapostolischen Amtsträger selbstverständlich stets heilig und unantastbar, mögen die Urteile über sie im vertrauten Kreise auch noch so vernichtend ausfallen - die Hauptsache bleibt immer, daß die Öffentlichkeit nichts erfährt!
Auch ich persönlich habe mit neuapostolischen "Gottesboten" sehr trübe Erfahrungen gemacht. Es ist ganz unmöglich, hier alles wiederzugeben; nur einen Fall möchte ich erwähnen:
Mein Vater stand vor einigen Jahren eine Zeitlang mit Herrn B., der Vorsteher der Neuapostolischen Gemeinde zu Radeberg, in Geschäftsverbindung. Dieser Herr B. teilte meinem Vater in einem Brief vom 3. Januar 1925 mit, daß er eine Rechnung vom 30. Juli 1924 über RM 32,20 gefunden habe, die mein Vater noch zu bezahlen hätte; er sandte auch meinem Vater auf dessen Verlangen hin eine Rechnungs-Abschrift. M e i n V a t e r h a t t e d i e a u f d i e s e r R e c h n u n g a n g e f ü h r t e n W a r e n w e d e r b e s t e l l t, n o c h e r h a l t e n, er hat dies selbstverständlich Herrn B. sofort mitgeteilt - trrotzdem verlangte Herr B. in Briefen vom 17.4. und 20.4.1925 wiederholt die Bezahlung dieser f r e i e r f u n d e n e n Rechnung! Schließlich hat er "großmütig" darauf verzichtet, nachdem ihm mein Vater empfohlen hatte, ihn zu verklagen.
Auch anderweit hat sich Herr B. sehr unchristlich gezeigt; doch trotz allem ist er heute noch Priester und Vorsteher der Radeberger Gemeinde. Wenn jemand dagegen etwas einzuwenden wagt, so hält man ihm vor, daß Herrn B. all das längst vergeben worden sei; man habe also kein Recht, ihm noch irgend etwas nachzusagen. So glaubt man, durch die sonntägliche Sündenvergebung alles auf bequeme Weise aus der Welt schaffen zu können!
Nichts macht auf naive Gemüter einen großeren Eindruck, als ein "Wunder"; und Wunder werden von vielen als Beweismittel angesehen. Was liegt da näher, als ein bißchen nachzuhelfen, als sich keine Wunder ereignen wollen?
Wie das gemacht wird, will ich an einigen Beispielen zeigen:
Am 17. Juni 1930 sagte ein Dresdner Priester, Herr B., vor ungefähr 50 Mitgliedern der Dresdner Gemeinde, einmal habe ein (neuapostolischer) Priester in trunkenem Zustande Gottesdienst gehalten und das sei von der Gemeinde bemerkt worden. Hierauf zur Rede gestellt, hätte er das abgestritten und gesagt, wenn er betrunken gewesen sei, dann wolle er in die Erde versinken. T a t s ä c h l i c h s e i e r s o f o r t i n d e r E r d e v e r s c h w u n d e n (!).
Ich wandte mich an den Bezirksvorsteher K. (Leipzig) und bat ihn um nähere Angaben, damit ich diesen Fall nachprüfen könne. Hierbei berief ich mich (wie in allen späteren Briefen) auf folgende Worte des Hauptleiters Niehaus: "J e d e r Mensch hat das gute Recht, Beweise zu fordern, wenn etwas behauptet wird." ("Wächterstimme" vom 15. Januar 1930, Seite 13.) Herr K. besuchte mich daraufhin am 22. Juni 1930 in der Wohnung meiner Eltern und sagte hier in Gegenwart von Zeugen, e s s e i s e l b s t v e r s t ä n d l i c h, daß kein Mensch in der Erde verschwinden könne; Herr B. habe diese Geschichte auch nicht so erzählt (ungefähr 50 Mitglieder der Dresdner Gemeinde können das Gegenteil bezeugen!). Ein Priester habe manchmal in angetrunkenem Zustande Gottesdienst gehalten und er sei darauf zur Rede gestellt worden. Das habe sich vor ungefähr 30 Jahren ereignet, und damals seien die Lokale im allgemeinen noch ziemlich schlecht gewesen und d a d u r c h s e i e n d i e D i e l e n u n t e r i h m e t w a s z u s a m m e n g e b r o c h e n (!). - Also darin bestand das große "Wunder" des "Verschwindens in die Erde"!
Ich habe das in meiner Aufklärungsschrift veröffentlicht, und man hat offenbar aus der damit verbundenen Blamage gelernt; denn als ich für die folgenden drei Wundergeschichten Beweise verlangte, erhielt ich einfach keine Antwort (!): (*) Ich habe meine Briefe stets gleichzeitig an m e h r e r e Empfänger oder e i n g e s c h r i e b e n gesandt; man kann also den Empfang dieser Briefe nich abstreiten. Daß ich N i c h t b e a n t w o r t u n g innerhalb der von mir gestellten Frist als Verweigerung der gewünschten Auskunft und damit als E i n g e s t ä n d n i s d e r U n w a h r h e i t auffasse, habe ich stets deutlich genug geschrieben, außerdem, d a ß i c h v o r b e h a l t e, d i e s z u v e r ö f f e n t l i c h e n.)
1. In der "Wächterstimme" vom 15. November 1930 (Seite 176) steht ein Aufsatz "Die bewahrende Engelmacht", in dem berichtet wird, daß sechs kräftige Burschen, mit kräftigen Prügeln ausgerüstet, einem einzelnen Apostolischen auf seinem Heimweg aufgelauert hätten. Der Betreffende habe deshalb große Angst gehabt, sei aber im Vertrauen auf Gottes Hilfe ruhig durch ihre Reihen gegangen - und keiner habe gewagt, ein Glied zu rühren (!). Am anderen Tage hätten diese Burschen zu verschiedenen Mitgliedern der Neuapostolischen Gemeinde gesagt: "Na, euer L. ist auch ein Schöner; er getraute sich noch nicht einmal, allein nach Hause zu gehen. Wir wollten ihm gerne sein vieles Laufen in die Häuser vertreiben, aber z w e i L a n d j ä g e r m i t a u f g e p f l a n z t e m B a j o n e t t (!) haben ihn bis in seine Wohnung begleitet, so daß ihm niemand beikommen konnte." (In den beiden Landjägern - die gar nicht da waren, aber trotzdem angeblich von sechs Burschen gesehen worden sind - soll die "bewahrende Engelmacht" zu erkennen sein.)
2. Am 12. November 1930 erwähnte Herr K. (Vorsteher der Dresdner Gemeinde) im Gottesdienst, daß sich bei dem großen Alsdorfer Bergwerks-Unglück unter der Belegschaft v i e l e Apostolische befunden hätten, die ausnahmslos mit dem Leben davon gekommen seien. Er wollte damit beweisen, daß die Apostolischen ganz besonders unter dem Schutze Gottes stehen.
3. Vor längerer Zeit wurde in Dresden im Gottesdienst ein Bericht aus dem Halbmonatsschrift der neuapostolischen Amtsträger vorgelesen. Ein Nichtapostolischer soll nach diesem Bericht bei versiegelten Apostolischen auf der Stirn einen l e u c h t e n d e n S t e r n (!) gesehen haben.
Wenn diese Geschichten w a h r wären, könnte man hier wohl von "Wundern" reden. Daß derartige Geschichten jedoch erfunden oder daß ganz natürliche Begebenheiten zu "Wundern" "umgearbeitet" und unter verhältnismäßig großen Massen des Volkes verbreitet werden, sollte Gesetzgeber und Staatsanwälte veranlassen, das Nötige zu unternehmen, um einem derartigen Treiben ein Ende zu bereiten. Für ganz besonders taktlos und verwerflich halte ich es, daß man in das Alsdorfer Bergwerks-Unglück, das namenlosen Jammer über viele Familien brachte, ein "Wunder" hineingelogen hat, um damit R e k l a m e für die Neuapostolische Gemeinde machen zu können.
Erwähnenswert ist noch die Tatsache, daß der Dresdner Vorsteher am 1. Dezember 1930 (10 Tage nach der Absendung meines Briefes) meinem Vater, der mir das Alsdorfer "Wunder" erzählte, deswegen h e f t i g e V o r w ü r f e machte (!), er, K., könne ja gar nichts sagen, alles erfahre ich wieder (!), die Sache mit Alsdorf sei nun schon wieder in alle Welt hinaus (!).
Sehr bemerkenswert ist übrigens, daß sich sogar Herr Bischoff, der jetzige Hauptleiter der Neuapostolischen Gemeinde, mit der
befaßt hat!
In neuapostolischen Zeitschriften wird häufig von wunderbaren Krankenheilungen berichtet, die "durch das Wort der Apostel", durch Gebete und dergl. erfolgt sein sollen. Höchst verdächtig an diesen Berichten ist, daß sich ganz außergewöhnliche Krankenheilungen (und alle anderen großen "Wunder") stets in weiter Entfernung (z.B. in Afrika) oder an ungenannten Orten abspielen. Das gibt zu denken; denn der gesunde Menschenverstand sagt jedem, daß sich solche Wunder auf alle Gemeinden entsprechend ihrer Mitgliederzahl annähernd gleichmäßig verteilen müßten. Da wirkt die Tatsache geradezu niederschmetternd, daß sich in Dresden, soweit ich mich zurück erinnern kann, n i e m a l s ein Wunder oder eine wunderbare Krankenheilung ereignet hat. Häufig genug ist es in Dresden vorgekommen, daß wirklich treue Apostolische lange Zeit schwer Krank waren - gar mancher ist unter furchtbaren Schmerzen gestorben - aber nie habe ich erlebt, daß ein Apostelwort einen Apostolischen von seinen Leiden befreit hätte!
Das Unsinnige der neuapostolischen Krankenheilungsgeschichten glaube ich am besten mit folgendem Artikel aus dem "Neuapostolischen Sonntagsblatt" vom 5. Dezember 1908 zu kennzeichnen (Herausgeber dieses Blattes und für die Redaktion verantwortlich war H. Niehaus, Hauptleiter der Neuapostolischen Gemeinde):
Wunder. Dem "Berl. Tagebl." wird gemeldet: Der "Corriera della Sera" veröffentlicht angeblich authentisches Material über die Mirakel des Papstes Pius IX. Und zwar handelt es sich um das von dem geistlichen Tribunal von Senigallia gesammelte Material, das Pio Nomo zur Seligsprechung qualifizieren soll. Folgendes also sind die "amtlich festgestellten Wunder": Eine französische Dame wird durch Berührung mit einem Strumpfe des Papstes von einem schmerzhaften Beinschaden geheilt; eine durch Krankheit erblindete Maria Paesani aus Osimo wird sehend durch Auflegen eines Stückchens Stoff, das die Leiche des Papstes bedeckt; durch dasselbe Heilmittel genesen eine Dame in Senigallia und ein an hochgradiger Neurasthenie leidender Kanonikus, Don Gustavo Mengoni. Eine andere Dame in Senigallia ist vor Schmerzen fast wahnsinnig - da reicht ihr die Gräfin Anna Arzilli, des Papstes Nichte, einen Pantoffel, den Pio Nono getragen; die Kranke bindet sich den Pantoffel um (!) und wird sofort gesund! Alle diese Mirakula beruhen - wie es heißt - auf unumstößlichen schriftlichen und mündlichen Zeugnissen. Sollte der Heilige Stuhl sie anerkennen, so können künftig alle Klinken, Bäder, heilgymnastischen Institute usw. ihre Pforten ruhig schließen. Denn wer wird Zeit und Geld an eine ungewisse Kur verschwenden, wenn ein alter Strumpf oder ein päpstlicher Pantoffel alle Schäden des Leides und des Geistes viel sicherer, billiger und schneller kurieren - ?
So dachten die führenden Herren der Neuapostolischen Gemeinde damals über "wunderbare Krankenheilungen" - und heute? Durch schmutzige Handtücher, durch das Berühren des Anzugs eines neuapostolischen Apostels und dergl. sollen angeblich Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde gesund geworden sein! - Ich glaube kaum, daß ein schmutziges Handtuch eines neuapostolischen Apostels eine größere Heilwirkung entfaltet als ein päpstlicher Pantoffel - - - !
"Gottes Mühlen mahlen langsam, aber schrecklich fein!", "Irret euch nicht, Gott läßt sich nicht spotten!" und ähnliche Schlagworte sind in der Neuapostolischen Gemeinde sehr beliebt. In alten und neuen Schriften und in den Gottesdiensten wird auf solche Worte oft und gern hingewiesen: man bemüht sich dabei eifrig, an Beispielen zu zeigen, wie der "liebe" Gott diejenigen bestraft, die "sein Werk" (die Neuapostolische Gemeinde) bekämpfen oder verspotten, die die Gottesdienste nicht regelmäßig besuchen oder gar der Gemeinde den Rücken kehren, an weltlichen Vergnügen teilnehmen usw.
Sonderbar ist hier wieder, daß sich diese Dinge fast ausnahmslos in weiter Entfernung oder an ungenannten Orten abspielen. Vieles klingt zwar sehr unglaubhaft, z.B. die häufig wiederkehrenden Berichte, daß diejenigen g e i s t e s k r a n k geworden seien, die die Neuapostolische Gemeinde bekämpft oder verspottet hätten - vieles läßt sich jedoch auf ganz natürliche Weise erklären:
Es gibt ab und zu sonderbare Zusammenhänge im menschlichen Leben. Sind sie geeignet, den Eindruck zu erwecken, als bestätige damit Gott die Worte der neuapostolischen Amtsträger, alsdann werden diese Begebenheiten in alle Welt hinausposaunt. Die große Anzahl von Fällen, die ganz alltäglich und ohne jede Besonderheit verlaufen oder gar die einzelnen Ausnahmen, die auf das Gegenteil schließen lassen, werden einfach totgeschwiegen. Die große Masse der Neuapostolischen läßt sich auf diese Weise willig irreführen; die meisten menschen w o l l e n ja betrogen sein - und schimpfen auf diejenigen, die ihre Betrüger entlarven - - -!
Aus meiner eignen Erfahrung kann ich berichten, daß ich mich nicht erinnern kann, jemals in Dresden ein bedeutendes Ereignis erlebt zu haben, das als "Fingerzeig Gottes" (im neuapostolischen Sinne) gedeutet werden könnte. Wohl aber ist mir ein Fall bekannt, der nicht geeignet ist, zur Reklame für die Neuapostolische Gemeinde verwendet zu werden:
Vor vielen Jahren wurde einer Frau, die der Neuapostolischen Gemeinde angehörte, auf dem Wege zum Mittwochabend-Gottesdienst auf dem Albertplatz in Dresden von der Straßenbahn ein Fuß abgefahren.
Das ist selbstverständlich n i c h t in alle Welt verbreitet worden! Hätte diese bedauernswerte Frau aber an jenen Abend die Absicht gehabt, ins Theater, Kino, oder gar in den Gottesdienst einer anderen religiösen Gemeinde zu gehen, dann wäre dieser Unglücksfall bestimmt als eine "ernste Warnung" und "deutliche Sprache Gottes" gedeutet und in allen neuapostolischen Gemeinden verbreitet worden!
Wie überall in der Welt, spielt auch in der Neuapostolischen Gemeinde das Geld eine große Rolle; ich halte es deshalb für angebracht, dieses Gebiet eingehend zu behandeln.
Der frühere Hauptleiter der Neuapostolischen Gemeinde, Herr Niehaus, äußerte sich in Briefen wie folgt: (*) Die Auszüge aus den Briefen vom 6.8., 3.7. und 22.8.1918 habe ich den Akten des Vereins "Neuapostolische Gemeinde", (Blatt 122/123 [Amtsgericht Dresden, Vereinsregister]), die von jedermann eingesehen werden können, entnommen. Nicht in Dresden Wohnende, die diese Akten einzusehen wünschen, können sich diese zur Einsichtnahme an das Amtsgericht ihres Wohnortes senden lassen.) "Ich habe schon hin und her erwogen, wie es zu machen sei, Euch eine Hilfe zu sein, und wohl so, d a ß d a s v o n m i r g e s a n d t e
I c h s c h e u e f ü r d i e N a c h w e l t, s o g r o ß e S u m m e n i n d e n B ü c h e r n z u h a b e n. M e i n e K a s s e i s t g e f ü l l t." (6.8.1918.) - "D i e K a s s e i s t r e i c h. W e r W e i ß, w e r a l l e s b e k o m m t. Wir haben Recht dazu, davon zu gebrauchen, was wir nötig haben. I c h f r a g e g a r n i c h t d a n a c h, o b d a 1 0 0 0 M a r k h e r u m g e h e n o d e r n i c h t. Wir haben es ja von Gott empfangen (!). N e h m e n S i e, w a s S i e b e k o m m e n k ö n n e n,
I c h m a c h e m i r d a r u m k e i n e S o r g e. . . . . wer den Acker baut, soll der nicht von den Früchten genießen? u n d w a s d i e O p f e r s i n d, b r i n g t d i e n i c h t d e r A c k e r? - ! - ? S i e s o l l t e n a b e r s e h e n,
d e n n d i e N a c h w e l t k ö n n t e n i c h t b e u r t e i l e n, w i e e s h e u t e i s t." (3.7.1918.) - "Was mein Kassenführer ist, den lasse ich auch nicht in alles hineinsehen, weil mir a n d e r e M i t t e l zur Verfügung stehen." (22.8.1918) - "Na, in Berlin ist's nun wieder Ruhe,
Der frühere sächsische Bezirksleiter St. (Leipzig) äußerte sich im Jahre 1923 auf dem Wege zum Bahnhof Dresden-Neustadt den ihn begleitenden Amtsträgern gegenüber, daß er diejenigen unter die
Der Vorsteher der Dresdner Gemeinde, Herr K., gab in einem Privatgespräch zu verstehen, daß auf ihn e i n D r u c k a u s g e ü b t w e r d e,
Wer das weiß, der versteht auch, was es für einen Sinn hat, daß der jetzige sächsische Bezirksleiter L. (Leipzig) d i e O p f e r f r e u d i g k e i t d e r e i n z e l n e n G e m e i n d e n v e r g l e i c h t, indem er berechnet, wieviel Opfer durchschnittlich auf ein Mitglied kommen!
Wenn man noch bedenkt, daß es allgemein üblich ist, Gemeinden mit großen Opfern oft zu besuchen, Gemeinden mit kleinen Opfern dagegen selten und daß wohlhabende Gemeindeglieder, die r e i c h l i c h o p f e r n, viel l i e b e v o l l e r und e n t g e g e n k o m m e n d e r behandelt werden, als arme, die nicht viel opfern können - so liegt der Gedanke serh nahe, daß die Liebe der neuapostolischen Seelenhirten zu einem guten Teil durch die O p f e r b ü c h s e zu gehen scheint.
Die neuapostolischen Amtsträger verstehen es recht gut, ihre Gemeinden zum Opfern anzuregen! Da ist z.B. die Bibelstelle Maleachi 3, 10, auf die schon vor vielen Jahren hingewiesen wurde: "Bringet aber die Zehnten ganz in mein Kornhaus, auf daß in meinem Hause Speise sei; und prüfet mich hierin, spricht der Herr Zebaoth, ob ich euch nicht des Himmels Fenster auftun werde und Segen herabschütten die Fülle." Das heißt auf gut deutsch: Steckt den zehnten Teil eures Einkommens in die neuapostolische Opferbüchse und Gott wird euch dafür segnen. Zeigt sich der "Segen" ausnahmsweise einmal in Gestalt eines unerwarteten Geschenkes, einer Nebeneinnahme oder dergl., so wird hierauf mit dem nötigen Nachdruck hingewiesen; bleibt der Segen jedoch aus, so sagt man nichts oder sucht sich irgendwie herauszureden.
Tieropfer, die doch auch im Alten Testament gefordert werden, halten die Führer der Neuapostolischen Gemeinde für wertlos, wenn es sich jedoch um G e l d handelt, haben die alttestamentischen Opfergesetze noch Gültigkeit (!). - Die Bibel wird eben so angewendet und gedeutet, wie es "zeitgemäß" erforderlich ist, d.h. wie es den Interessen dieser Herren entspricht!
Es gibt auch noch andere Mittel und Wege, um zum Opfern anzuregen:
In Dresden ist gelehrt worden,
mit dem ausdrücklichen Hinweis (!), daß niemand auf den Gedanken kommen dürfe: Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!
Am 23. Febr. 1931 hat der Bezirksvorsteher K. (Leipzig) in der Mitgliederversammlung der Dresdner Gemeinde wieder nachdrücklich auf das Opfern hingewiesen; wobei er a u s d r ü c k l i c h b e t o n t e, daß es sich nicht darum handle, den Apostolischen das Geld aus der Tasche zu ziehen (!).
Am Anfang ging er wie die Katze um den heißen Brei; er sagte zunächst, es sei jedem selbst überlassen, wieviel er opfern wolle - bald wurde er jedoch deutlicher: Das Opfer sei dem Glauben entsprechend. Sei der Glaube nichts wert, so sei auch das Opfer nichts wert; wer einen guten Glaube habe, werde auch entsprechend opfern. Im Opfer zeige sich auch, wieviel dem Einzelnen der liebe Gott wert sei: Wer einen Pfennig opfert, dem sei der liebe Gott auch nur einen Pfennig wert usw. Wer 5 Mark verdiene, könne natürlich nicht 20 Mark opfern (!); wenn jedoch jemand wöchentlich 20 Mark verdiene und davon 2 Mark opfere, so dürfe man nicht sagen, mit 18 Mark könne niemand auskommen. Wer mit 18 Mark nicht auskäme, komme auch mit 20 Mark nicht aus (!). - Offenbar sind Herr K. und seine Hintermänner der Ansicht, daß jemand, der sowieso schon hungert oder vieles entbehren muß, ruhig noch mehr entbehren kann, damit die Herren Apostel und ihre Getreuen "standesgemäß" leben können!
Herr K. hat dann seinen "anvertrauten Schafen" noch eine Bibelstelle zu lesen empfohlen: Maleachi 3, 8-9 "Ists recht, daß ein Mensch Gott täuschet, wie ihr mich täuschet? So sprechet ihr: Womit täuschen wir dich? Am Zehnten und Hebopfer. Darum seid ihr auch verflucht, daß euch alles unter den Händen zerrinnet; denn ihr täuschet mich allesamt."
Zum besseren Verständnis dieser Bibelstelle führte er noch aus, daß jeder Mensch gewissermaßen an Gott Pacht (gemeint sind die Opfer) zu zahlen habe; und wer die Pacht nicht bezahle, zu dem komme der Gerichtsvollzieher (der Teufel). Wie das zu verstehen ist, zeigte er an folgendem Beispiel:
Ein Apostolischer habe einmal den Betrag, den er sonst regelmäßig jeden Sonntag opferte, ausnahmsweise für einen anderen Zweck verwendet. Darauf hätte er am folgende Montag vormittag tüchtige Zahnschmerzen bekommen und sei deshalb sofort zu einem in der Nähe wohnenden Dentisten gegangen. Dieser habe an dem Zahn nichts finden können (!) Da es der Betreffende jedoch vor Schmerzen nicht ausgehalten habe, hätte er sich diesen Zahn sofort ziehen lassen - und der Schmerz sei weg gewesen. Die Krankenkasse hatte das Zahnziehen nicht bezahlt, weil es von einem Dentisten ausgeführt worden sei. Der betreffende Mann habe dafür 10 Mark (!) bezahlen müssen, er hätte einen gesunden Zahn eingebüßt und schließlich seien ihm noch 1½ Stunden vom Lohn abgezogen worden - das alles nur deshalb, weil der "den lieben Gott" um "sein Opfer" betrogen hatte (!).
Als der Betreffende dieses Erlebnis Herrn K. erzählt hätte, habe er zu ihm gesagt,
Da mir diese Geschichte sehr unwahrscheinlich vorkam, schrieb ich an Herrn K. und bat ihn, mir die Adressen der beteiligten Personen anzugeben, damit ich diese Angelegenheit nachprüfen könne.
Herr K. antwortete mir nicht und gab damit zu erkennen, daß er sich weigert, mir die erforderlichen Angaben zu machen. Damit hat er stillschweigend zugegeben, daß diese Geschichte e r l o g e n ist.
Ich bin fest überzeugt, daß es genug Neuapostolische gibt, die - auch wenn sie das gelesen haben - trotzdem wie bisher "dem lieben Gott" "ihr Opfer darbringen". - Auf religiösem Gebiet hat die menschliche Einfalt keine Grenzen! - - -
Nur wer die Gottesdienste besucht, der kann opfern, das ist selbstverständlich; wer selten in den Gottesdienst kommt, der opfert auch nicht viel - das wissen die Führer der Neuapostolischen Gemeinde aus Erfahrung. Was liegt da näher, als daß diese Herren nachdrücklich darauf hinweisen, daß der regelmäßige Besuch der neuapostolischen Gottesdienste zum Erringen der ewigen Seligkeit unbedingt nötig sei! Außerdem weist man auch gern darauf hin, welche Folgen das Versäumen der Gottesdienste schon hier auf Erden haben kann; ich will das noch mit einem Beispiel belegen:
In der "Beilage zur Neuapostolischen Rundschau" vom 2. Januar 1910 kann man auf Seite 8 folgendes lesen:
Kuriert. Am Weihnachtsabend war ich das erstemal in der Neuapostolischen Gemeinde. Ich sagte zu dem mich an die Bahn begleitenden Vorsteher, daß ich am 4. Februar wieder komme wolle, weil meine Verhältnisse auch nicht die rosigsten waren und das Reisegeld 3 Mark betrug. Kurz vor dem 4. Februar teilte mir der Vorsteher mit, daß auch Sonntags vorm. 9½ Uhr Gottesdienst sei.
Ich hatte nun in der Nacht vom 3. auf 4. Februar Nachtschicht und kam morgens 6 Uhr nach Hause. Ich wollte mich nun fertig machen zu dem Zuge, der 7 Uhr abging, daß ich um 9½ im Gottesdienst sei. Meine liebe Frau erhob dagegen Einspruch, indem sie sagte, ich solle doch bedenken, daß ich die ganze Nacht nicht geschlafen und dann sei doch auch das Geld so knapp usw. Ich ließ mich wirklich von meinem Vorhaben zurückhalten und legte mich zu Bett.
Als ich aufwachte, sah ich zuerst auf meine Taschenuhr, da war es genau 9½ Uhr. Doch die Uhr stand still, alles Schütteln half nichts, sie ging nicht mehr. Ich stand auf und sah, daß es auf der Uhr in der Wohnstube 12 war. Des Nachmittags lud uns der Nachbar zu einem Gesellschaftsabend ein, wo ich und meine Frau auch mitgingen, es war das erstemal.
Beim Nachhausegehen vergnügte sich die Gesellschaft mit Schneeballwerfen. Ich beteiligte mich weiter nicht daran, doch als wir vor unserer Haustür standen, warf ich auch einmal und siehe da - mein Trauring flog mit fort. Nun wurde die Lampe herausgeholt und gesucht, doch wir fanden ihn nicht, aber bei dem Suchen zerbrachen wir den Zylinder und den Lampenschirm. Dann gingen wir in das Zimmer und ich rechnete zusammen, was uns der Abend gekostet, und statt der 3 Mark Fahrgeld war folgende Rechnung entstanden:
Reparaturkosten der Uhr
4,-- Mk.
Zeche vom Gesellschaftsabend 1,50 "
Mein Trauring verloren
13,-- "
Lampenschirm und Zylinder -,50 "
-----------
Summa 19,-- Mk.
Dann sagte ich: Lieber Gott, ich danke dir, jetzt bin ich kuriert. Fr. M.
Man sieht, schon vor mehr als 20 Jahren verstand man es vortrefflich, aus einem ganz sonderbaren Fall, (*) Ob sich diese Geschichte wirklich so ereignet hat, mag dahingestellt bleiben) der unter Tausenden und Abertausenden von Fällen einzig dasteht, die "Sprache Gottes" "richtig" zu deuten und die Mitglieder von der Neuapostolischen Gemeinde vor der "schweren Sünde" zu warnen, die im Versäumen der neuapostolischen Gottesdienste besteht.
Auch damals schon versicherte man, "ein jeder opfert aus freier Liebe, was ihm beliebt" ("Neuapostolische Rundschau" vom 28. März 1909, Seite 66); allerdings hielt man es gleichzeitig für angebracht, diese "freie Liebe" etwas anzufachen: "Wer aber nichts opfern will, zu dem sagen wir, dem ist auch sein Seelenheil nicht drei Silberlinge wert, viel weniger 30 Silberlinge, f ü r d e n i s t e s b e s s e r, e r g e h t v o n u n s h i n a u s, je eher, desto besser für ihn, d e n n e r v e r s ü n d i g t s i c h d a n n n i c h t e r s t n o c h m e h r." ("Neuapostolische Rundschau" vom 11. April 1909, Seite 83.)
So werden ängstlich-leichtgläubige Menschen dahin gebracht, daß sie aus "innerster Überzeugung" die neuapostolischen Gottesdienste besuchen und "ganz freiwillig" ihr Opfer "dem Herrn darbringen". - - -
Man sollte eigentlich meinen, daß es genug wäre, wenn jemand den zehnten Teil seines Einkommens der Kirche opfert. Doch die neuapostolische Geldgier hat beinahe keine Grenzen:
Vor einiger Zeit wurde den Neuapostolischen noch ein besonderes "Lokalbau-Opfer" (**) Das "Lokalbau-Opfer" ist im sächsischen Apostelbezirk allgemein eingeführt worden, ob in anderen Apostelbezirken, ist mir nicht bekannt.) (monatlich 1,-- Mark pro Mitglied) ans Herz gelegt,
Damit noch nicht genug, gibt es ab und zu noch Gelegenheiten, den Geldbeutel der Neuapostolischen zu erleichtern, z.B. wenn eine neugegründete Gemeinde Gesangbücher braucht - doch über die Verwendung der Gelder wird den Gliedern n i e m a l s Rechenschaft abgelegt!
Unter diesem Titel ist vor zwanzig Jahren eine neuapostolische Streitschrift erschienen.
Ich wählte dasselbe Schlagwort als Überschrift für dieses Kapitel, in dem ich über meine Erfahrungen im Kampfe gegen die Neuapostolische Gemeinde berichten werde, um zu zeigen, was von diesem und ähnlichen neuapostolischen Schlagworten zu halten ist.
Bevor ich mit der Schilderung der neuapostolischen Kampfesweisen - wie ich sie kennengelernt habe - beginne, will ich erst noch zwei Stellen aus neuapostolischen Schriften anführen, um die V e r l o g e n h e i t des neuapostolischen Systems besser zu kennzeichnen:
In der "Wächterstimme" vom 1. Februar 1925 wird auf Seite 38 erwähnt, daß die Neuapostolische Gemeinde von den verschiedensten Seiten heftig bekämpft wurde. "Das ruft indes in unseren Reihen n i c h t d i e g e r i n g s t e B e u n r u h i g u n g hervor, als könnte das unserer Kirche Eintrag tun. Denn das Gegenteil ist der Fall. D a s g ö t t l i c h e W e r k w i r d g e r a d e d u r c h d i e h e f t i g s t e B e k ä m p f u n g a m m e i s t e n g e f ö r d e r t."
In dem Buch "der Größte unter ihnen" ist auf Seite 112 zu lesen: "Der Stammapostel hat in den letzten Jahren auf Schmähschriften, mögen sie noch von so beleidigendem Inhalte gestrotzt haben, nicht mehr geantwortet. D i e f e i n d l i c h e n S c h m ä h u n g e n h a b e n d e m W e r k e G o t t e s n i c h t i m g e r i n g s t e n A b b r u c h g e t a n, s o n d e r n v i e l g u t e s g e b r a c h t."
Diesen Worten möchte ich meine eignen Erfahrungen gegenüberstellen:
Am 22. April 1930 wollte ich in einer Jugendversammlung über verschiedene Dinge, die sich meiner Ansicht nach nicht mit den Lehren der Neuapostolischen Gemeinde in Einklang bringen lassen, Aufklärung haben (nebenbei bemerkt, es ist dort gestattet, Fragen zu stellen). Ich hatte meine Fragen schriftlich niedergelegt; mitten im Vorlesen unterbrach mich Herr K. (Vorsteher der Dresdner Gemeinde) jedoch und sagte, d a z u sei keine Zeit übrig, ich solle ihm den Zettel geben - ich bekäme die Antwort darauf vom Apostel. Als ich darauf hindeutete, daß ich nach meinen bisherigen Erfahrungen als Antwort d i e A u s s c h l i e ß u n g a u s d e r G e m e i n d e zu erwarten hätte und betonte, daß mir nach den Worten des Stammapostels Niehaus d a s R e c h t z u s t e h e, B e w e i s e z u v e r l a n g e n, w e n n e t w a s b e h a u p t e t w i r d , verbot mir Herr K. das Wort, berief sich auf sein Hausrecht und drohte mir,
wenn ich nicht ruhig wäre! Ich habe Herrn K. dann noch bei passender Gelegenheit gefragt, ob es Jesus auch so gemacht hätte, daß er denen das Wort verbot, die ihn etwas fragten. Da bekam er einen roten Kopf und konnte mir keine Antwort geben!
Wie ich ganz richtig vermutet hatte, teilte mir der Bezirksvorsteher K. (Leipzig) in einem Schreiben vom 16. Mai 1930 (*)Diesen Brief habe ich in meiner Aufklärungsschrift mit veröffentlicht.) (selbstverständlich im Auftrage des Apostels!) als "Antwort" auf meine Fragen unter anderem mit, daß ich als Mitglied der Neuapostolischen Gemeinde nicht mehr in Frage komme und daß er dem Vorsteher der Dresdner Gemeinde Anweisung erteilt habe, mir den Zutritt zu den Gottesdiensten, Jugendversammlungen usw. zu verwehren! Auf diese Weise werden unangenehme Fragesteller mundtot gemacht!
Ich hatte das und verschiedene andere Tatsachen in einer sechsseitigen Aufklärungsschrift niedergelegt und diese an die Mitglieder der Dresdner Gemeinde verteilt.
Der Dresdner Vorsteher, Herr K., hat daraufhin meinen Vater wiederholt aufgefordert, mich "n a u s z u s c h m e i ß e n".
Weil das mein Vater nicht getan hat, sagte ihm Herr K., d a n n w o l l e e r d a f ü r s o r g e n, d a ß i c h a u s d e m H a u s e k ä m e; (**) Unsere Wohnung befindet sich im Hinterhaus unter dem Kirchenlokal der Neuapostolischen Gemeinde; Herr K. ist als Vorsteher gleichzeitig Verwalter des Grundstücks, das Gemeindeeigentum ist.) er werde Unterschriften sammeln, daß ich der mißliebigste Mensch im ganzen Hause sei! (Wodurch ich mich im Hause unbeliebt gemacht haben soll, ist mir rätselhaft; Hausbewohner haben sich dazu geäußert, Herr K. werde wahrscheinlich keine einzige Unterschrift bekommen - Herr K. hat das vielleicht auch eingesehen, denn ich habe nichts wieder von dieser Sache gehört.)
Die neuapostolische Verteidigungswut ist auch noch zu anderen Dingen fähig: Herr K. hat sich einem meiner nächsten Verwandten gegenüber geäußert, ich könne schreiben, so viel ich wolle, es werde mich doch nichts nützen;
Da meine Schrift nur Tatsachen enthielt, die man nicht widerlegen konnte, hat man der Gemeinde empfohlen, meine Schriften n i c h t a n z u n e h m e n o d e r s o f o r t z u v e r b r e n n e n; man hat vor mir gewarnt und mich sogar im Gottesdienst (!) als "dummen Jungen" bezeichnet und mit biblischen Gestalten (Judas, Absalom) verglichen!
Wie sich diese Politik auswirkt, erkennt man am besten daran, wie sich Mitglieder der Dresdner Gemeinde verhielten, als ich meine Schriften verteilte:
Ein Mann, d e r m e i n e A u f k l ä r u n g s s c h r i f t n o c h g a r n i c h t k a n n t e, nannte mich "du verfluchter Lausejunge", ging mit den Fäusten auf mich los und wollte mir meine Schriften entreißen. Andere machten Bemerkungen wie: "Behalten Sie nur Ihren Dreck!", "Schämen Sie sich!", "Sie werden schon Ihren Lohn erhalten!" usw. - - -
da die Satzung der Neuapostolischen Gemeinde auf Außenstehende, namentlich auf vertrauensselige Menschen, einen durchaus sympathischen Eindruck machen kann, halte ich es für dringend nötig, auf diese Satzung näher einzugehen. Sie ist geeignet,
Von Bedeutung ist vor allem folgendes:
§ 2 (Zweck des Vereins), II:
Der innere Zweck des Vereins ist:
1. auf Grund der Einrichtung der Urkirche seine Mitglieder zu christlichem Wandel
und Werken zu erziehen;
2. reine Nächstenliebe und christliche Wohltätigkeit zu pflegen und zu üben;
3. sittlich und moralisch gesunkenen Personen wieder aufzuhelfen und beizustehen, um
sie somit als brauchbare und nützliche Glieder dem Staats- und Gemeindeleben wieder
zuzuführen.
Dieser Zweck wird erreicht:
a) durch regelmäßige Gottesdienste nach dem Vorbild der Urkirche;
b) durch eine sorgfältige sittliche Beeinflussung der heranwachsenden Jugend;
c) durch eine zweckentsprechende Armenfürsorge in- und außerhalb des Vereins, sowie
durch Förderung der allgemeinen Volks- und Wohlfahrtspflege in Staat und Gemeinde.
Jeder, der die Neuapostolische Gemeinde gründlich kennt und der sich über die Urkirche einigermaßen orientiert hat, weiß, daß diese Angaben n i c h t d e r W a h r h e i t e n t s p r e c h e n. Es würde zu weit führen, wenn ich auf Einzelheiten eingehen wollte; ich möchte aber doch einiges anführen:
1. Das i n n e r e W e s e n der Neuapostolischen Gemeinde entspricht weit mehr dem K a t h o l i z i s m u s als der U r k i r c h e; ferner stammen die s p i r i t i s t i s c h e n I d e e n in der neuapostolischen Lehre nicht aus der Urkirche, sondern aus s p i r i t i s t i s c h e n B ü c h e r n, die Herr Niehaus in seinem Bücherschrank hatte.
2. Es ist mir nicht bekannt geworden, daß sich einmal neuapostolische Amtsträger um sittlich und moralisch gesunkene Personen bemüht hätten, um sie den Staats- und Gemeindeleben als brauchbare und nützliche Glieder wieder zuzuführen.
3. Obwohl die Neuapostolische Gemeinde über M i l l i o n e n w e r t e verfügt, ist die Armenfürsorge - soviel mir bekannt ist - innerhalb der Gemeinde s e h r d ü r f t i g. Von Armenfürsorge außerhalb der Neuapostolischen Gemeinde und Förderung der allgemeinen Volks- und Wohlfahrtspflege in Staat und Gemeinde habe ich noch nie etwas gehört.
§ 4 (rechte und Pflichten des Vorstandes), II:
Nach e i n g e h o l t e r Z u s t i m m u n g d e s
H a u p t l e i t e r s (Stammapostels) beruft und leitet der Vorstand die
Mitgliederversammlungen. E r h a t d i e P f l i c h t,
m i n d e s t e n s e i n m a l i m J a h r, (*) Laut
Vereinsakten haben in den letzten 25 Jahren in Dresden rechtsgültige
Mitgliederversammlungen m i t A b s t i m m u n g (nach den Vorschriften der
Satzung) stattgefunden am 12. April 1908 und am 7. Nov. 1909 (in diesen Versammlungen
wurden lediglich formelle Änderungen der Satzung, Erweiterung des Vereinsbezirks
betreffend, beschlossen) - s e i t d e m n i e w i e d e r !!! (Die Dresdner
"Mitgliederversammlung" vom 23. Febr. 1931, die ich anderweit erwähnt habe, war keine
Mitgliederversammlung im Sinne der Satzung!)) sowie auch dann die
Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert oder wenn
neun Zehntel (!) der vorhandenen Mitglieder einen diesbezüglichen Antrag unter Angabe des
Zwecks und der Gründe bei ihm stellen. (*) Auf Grund dieser Bestimmung wird
es den Mitgliedern der Neuapostolischen Gemeinde n i e m a l s möglich sein, die
Einberufung einer Mitgliederversammlung zu erzwingen. Im Jahre 1921, als sich viele
Mitglieder der Dresdner Gemeinde an den Hauptleiter Niehaus wandten und um Einberufung
einer Mitgliederversammlung baten, erhielten diese in der Regel einen Zettel, auf dem
ihnen die A u s s c h l i e ß u n g a u s d e r G e m e i n d e
mitgeteilt wurde!!! (Blatt 134 der Vereinsakten.)) . . . .
§ 7 (Die Mitgliederversammlung), Absatz 4:
Zur Gültigkeit der gefaßten Beschlüsse ist die Zustimmung von drei Vierteln der
erschienenen stimmberechtigten Mitglieder, s o w i e d i e
Z u s t i m m u n g d e s S t a m m a p o s t e l s
e r f o r d e r l i c h, der das Protokoll der Mitgliederversammlung als Zeichen seiner
Zustimmung zu unterzeichnen hat.
§ 8 (Beiträge und Vereinsvermögen), II., Absatz 2:
D i e M i t g l i e d e r h a b e n k e i n e n
A n t e i l a m V e r e i n s v e r m ö g e n.
§ 10 (Auflösung des Vereins), Absatz 1:
Bei der Auflösung des Vereins erfolgt die Liquidation in Gemäßheit der §§ 48-51 BGB
durch einen von dem Stammapostel zu bestellenden Liquidator, der das vorhandene
Vermögen nach Ablauf eines Jahres nach der öffentlichen Bekanntmachung a n
d i e V e r e i n s k a s s e d e s
A p o s t e l k o l l e g i u m s d e r
N e u a p o s t o l i s c h e n Ge m e i n d e n
D e u t s c h l a n d s a b z u f ü h r e n h a t . . .
§ 11 (Auslegung der Satzung):
Ü b e r d i e A u s l e g u n g d e r
S a t z u n g e n t s c h e i d e t d e r
S t a m m a p o s t e l.
Die Satzung muß von jedem Mitglied der Neuapostolischen Gemeinde anerkannt werden -
"Er hat bei seiner Aufnahme zu versichern, daß er die Verfassung der Neuapostolischen
Gemeinde anerkennt und sich den Anordnungen und Beschlüssen des Stammapostels, des
Apostelkollegiums und des Apostelbezirksleiters unbedingt fügt" (§ 6 der Satzung: Erwerb
und Verlust der Mitgliedschaft) - irgendwelche spätere Einwände nützen demnach nichts. Im
übrigen ist an den Bestimmungen der Satzung nicht zu rütteln, solange die Paragraphen 35
und 45 des Bürgerlichen Gesetzbuches (**) § 35: Sonderrechte eines
Mitglieds können n i c h t o h n e d e s s e n
Z u s t i m m u n g durch Beschluß der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden.
§ 45: Mit der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit
f ä l l t d a s V e r m ö g e n a n d i e i n
d e r S a t z u n g b e s t i m m t e n P e r s o n e n.
Durch die Satzung kann vorgeschrieben werden, daß die Anfallberechtigten durch
Beschluß der Mitgliederversammlung oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden. Ist
der Zweck des Vereins nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so
kann die Mitgliederversammlung auch ohne ein solche Vorschrift das Vermögen einer
öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweisen.
Fehlt es an einer Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen, wenn der
Verein nach der Satzung ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die
zur Zeit der Auflösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen Mitglieder zu
gleichen Teilen, andernfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiete der Verein
seinen Sitz hatte.) gültig sind. Alle deutschen Gerichte (auch das Reichsgericht)
fällen ihre Urteile nur auf Grund der Bestimmungen, die die gerichtlich eingetragene
Satzung enthält - das haben die Prozesse gegen den früheren sächsischen Bezirksleiter B.
bewiesen!
Das bedeutet: Die Mitglieder des Apostelkollegiums (der Stammapostel, die Apostel und Apostelhelfer) sind jederzeit
Die Mitglieder sind hiergegen völlig machtlos, alle Protestversammlungen würden nicht das Geringste nützen (Beschlüsse von Mitgliederversammlungen, die dem Stammapostel nicht zusagen, werden einfach von ihm nicht anerkannt und sind damit g e s e t z l i c h u n g ü l t i g (***) Wer das nicht glaubt, kann sich durch Einsicht der Dresdner Vereinsakten hiervon überzeugen (Beschluß des 6. Zivilsenats des Sächsischen Oberlandesgerichts vom 14. Febr. 1922).) - im übrigen haben ja die Mitglieder durch Anerkennung der Satzung dem Stammapostel das Recht gegeben, d i e S a t z u n g n a c h s e i n e m G u t d ü n k e n a u s z u l e g e n!); vergl. § 7, Absatz 4, § 8, II., Absatz 2 und § 11 der Satzung. Man hat g r ü n d l i c h dafür gesorgt, daß die Mitglieder der Gemeinde im Ernstfalle
sind! Es kann also kommen, was da will, die neuapostolischen Apostel sind alle g e m a c h t e M ä n n e r !
Bemerkenswert ist noch, daß von der in § 45 des BGB ausdrücklich vorgesehenen Möglichkeit, daß das Vereinsvermögen durch Beschluß der Mitgliederversammlung einer öffentlichen Stiftung zugewiesen werden könne, k e i n G e b r a u c h g e m a c h t w o r d e n i s t !
Beweist das nicht klar und deutlich, daß es den neuapostolischen Kirchenfürsten darum zu tun ist,
Wäre es nicht viel richtiger, das Gemeindevermögen im Falle der Auflösung für wohltätige Zwecke zu verwenden?
In diesem Sinne habe ich mich in meiner Aufklärungsschrift geäußert, die ich im Oktober 1930 an zwölf neuapostolische Apostel gesandt habe.
Auf Grund der Vereinsakten stellte ich fest, daß am 1. August 1931 weder in Dresden, noch in Leipzig eine neue Satzung gerichtlich eingetragen war. (*) Die Satzung vom 14. Jan. 1923, aus der ich hier die wichtigsten Stellen wiedergegeben habe, ist weder in Dresden, noch in Leipzig gerichtlich eingetragen. Da eine Satzung nur dann rechtsgültig ist, wenn sie gerichtlich eingetragen ist, gilt für Dresden und Leipzig noch die alte Satzung vom 18. Jan. 1906, in der allerdings die entscheidenden Bestimmungen über die Entrechtung der Mitglieder (§§ 4, 7, 8 und 10 der Satzung von 1923) bereits enthalten sind. - Dieselben Herren, die sich so gern mit Schein der Rechtschaffenheit umgeben (vergl. untenstehende Fussnote ***), wagen es also, den Mitgliedern der Gemeinden in Dresden und Leipzig (vielleicht auch noch in anderen Städten) eine u n g ü l t i g e Satzung auszuhändigen! Verstößt das nicht gegen die guten Sitten, Treu und Glauben?) Man läßt also die von mir erhobenen Vorwürfe ruhig auf sich sitzen und hält es nicht für nötig, sich von dem Verdacht zu reinigen, daß man sich mit dem Gedanken trage, die in blindem Vertrauen dargebrachten Opfer der Gemeindeglieder evtl. eines Tages
Es ist sonnenklar, daß derartige Bestimmungen nicht in die Satzung aufgenommen worden wären, wenn nicht in den maßgebenden Kreisen mit der Auflösung der Neuapostolischen Gemeinde gerechnet wurde -. (**) Vergl. Seite 22: Brief des Hauptleiters Niehaus von 3.7.1918: "Wer weiß, wer alles bekommt.") Trotz allem gibt es noch genug Naive unter den Neuapostolischen, die der Ansicht sind, die Neuapostolische Gemeinde könne niemals aufgelöst werden!
Daß die Führer der Neuapostolischen Gemeinde im gegebenen Falle in der rücksichtslosesten Weise vorgehen (selbst wenn Tausende von Gemeindegliedern schärfstens dagegen protestierten), möchte ich noch an einem Beispiel zeigen:
Vor ungefähr zehn Jahren brachten es der "liebe Vater Niehaus" und die anderen "lieben Apostel" fertig, rund 7000 Mitglieder (die, geführt von dem damaligen sächsischen Bezirksleiter, der Neuapostolischen Gemeinde den Rücken kehrten, um eine neue Gemeinde zu gründen) auf Grund der Satzung um das - erst von den Mitgliedern geschaffene -
zu bringen! (***) Selbstverständlich wußten die Führer der Neuapostolischen Gemeinde diese Maßnahme zu rechtfertigen: "Es kann sich keine Gemeinde von dem Ganzen trennen, um Werte der Neuapostolischen Gemeinde an sich zu reißen, dies würde gegen die guten Sitten, Treu und Glauben verstoßen (!)." (Entnommen aus dem Protokoll über die von Herrn Niehaus geleitete Mitglieder- bezw. Delegierten-Versammlung in Bielefeld am 11.9.1921 [eine Abschrift dieses Protokolls ist in den Akten des Vereins "Neuapostolische Gemeinde", Amtsgericht Dresden, niedergelegt]. Zu dieser Versammlung waren 347 Delegierte von über 700 Gemeinden erschienen.))
Dieselben Männer, die so gern davon redeten, daß aller irdische Besitz keinen Wert habe, scheuten sich nicht, damals sogar Prozesse um die lächerlichsten Kleinigkeiten (z.B. zwei Abendmahlskelche) anzustrengen!
So sieht die "reine Nächstenliebe" der neuapostolischen "Gottesmänner" in Wahrheit aus!
Wie die Saat, so ist auch die Ernte; Druck erzeugt Gegendruck - jede Wirkung ist auf Ursachen zurückzuführen. Auch diese Broschüre ist nichts Anderes, als die naturnotwendige Folge der hinter mir liegenden Erlebnisse: Bitterste Enttäuschungen sind es gewesen, die mich veranlaßten, für die Öffentlichkeit zu treten und meine warnende Stimme zu erheben, um andere Menschen vor ähnlichen Enttäuschungen zu bewahren.
Manche Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde werden einwenden, daß alles, was ich hier von Dresden erwähnt habe, eine r e i n ö r t l i c h e A n g e l e g e n h e i t sei; in anderen Gemeinden käme so etwas gar nicht vor. Dem muß ich folgendes entgegenhalten:
1. Jede Neuapostolische Gemeinde kann auf Uneingeweihte einen durchaus sympathischen Eindruck machen; in jeder Gemeinde wird es unter den Gliedern (mitunter auch unter den niederen Amtsträgern) wirklich gute, rechtschaffene Menschen geben.
2. Was auch in einer Gemeinde vorgefallen sein mag - stets wird man zu verhindern suchen, daß unbeteiligte Glieder oder gar Gäste etwas erfahren. So kann es vorkommen, daß Glieder, die Jahre, ja selbst Jahrzehnte der Neuapostolischen Gemeinde angehören, davon überzeugt sind, daß alles in bester Ordnung sei.
3. Alle Neuapostolischen Gemeinden stehen unter einheitlicher Leitung; jeder Amtsträger hat sich den Anordnungen seiner Vorgesetzten u n b e d i n g t z u f ü g e n. Jeder Kenner der Verhältnisse weiß, daß es v ö l l i g u n d e n k b a r ist, daß sich Amtsträger einer Gemeinde etwas erlauben könnten, das von ihren Vorgesetzten nicht gutgeheißen wird.
Wiederholt ist schon an mich die Frage gerichtet worden, wo nun eigentlich "die Wahrheit" oder "etwas Besseres" als in der Neuapostolischen Gemeinde zu finden sei. Ich kann an diesen Fragen nicht achtlos vorübergehen, da ich nicht nur das Alte, Morsche zerstören, sondern auch etwas Neues, Edleres aufbauen will (um nicht mißverstanden zu werden, betone ich ausdrücklich: ich werde niemals eine neue Gemeinde gründen!). - Allerdings muß ich gleich im voraus bemerken, daß ich nicht damit rechne, bei bornierten Mitgliedern der Neuapostolischen Gemeinde oder irgend einer anderen Sekte Verständnis zu finden - denen wird kaum noch zu helfen sein. Nach meinen bisherigen Erfahrungen halte ich es für zwecklos, mich mit solchen Menschen auseinanderzusetzen und bitte deshalb alle, die gern auf Bibelversen herumreiten und mit ihrem "guten Glauben" prahlen, mich mit Briefen zu verschonen. - Auf Grund von Bibelversen weißt j e d e r e l i g i ö s e G e m e i n d e nach, d a ß n u r s i e a l l e i n die einzig richtige ist!
Dem, der erkannt hat, daß er "die Wahrheit" nicht finden kann, wenn er aus einer religiösen Gemeinde in die andere stolpert, dem ernstlich nach höherer Erkenntnis Strebenden will ich gern behilflich sein. Zu diesem Zweck habe ich auf der dritten Umschlagseite verschiedene Bücher empfohlen. Diese Bücher behandeln allgemeine religiöse Fragen; sie sind durchdrungen von dem heißen Bemühen, den Kern der christlichen Religion zu finden und stets die r e i n e W a h r h e i t zu sagen. Allerdings wird dabei manche Illusion eines "gutgläubigen" Christen zerstört - doch nur so wird der Weg frei zu wahrhaft höherer Erkenntnis und zu wahrem religiösem Erleben.
Wer sich so - i m e h r l i c h e n B e m ü h e n, s t e t s b e i d e r W a h r h e i t z u b l e i b e n und sich nicht durch religiöse Schwärmereien beirren zu lassen - aus der Engstirnigkeit des Sektenwesens zu wahrer geistiger Höhe emporgearbeitet und innerlich gefestigt hat, der wird weiterer Ratschläge von mir nicht bedürfen.
Wahre Religion halte ich für eines der edelsten und kostbarsten Güter der Menschheit. Wenn die Religion jedoch zu egoistischen Zwecken mißbraucht und so zum Fluch der Menschheit wird, empfinde ich es als Gewissenspflicht, den Kampf hiergegen aufzunehmen - und wenn er auch noch so schwer ist.
Ich hoffe, daß sich recht viele an diesem Kampf beteiligen werden, und halte mich an das Wort Nietzsches:
Ungerechtigkeit und Schmutz werfen sie nach dem Einsamen: aber, mein Bruder, wenn du ein Stern sein willst, so mußt du ihnen deshalb nicht weniger leuchten!
Und hüte dich vor den Guten und Gerechten! Sie kreuzigen gerne Die, welche sich ihre eigne Tugend erfinden - sie hassen den Einsamen.
Hüte dich auch vor der heiligen Einfalt! Alles ist ihr unheilig, was nicht einfältig ist; sie spielt auch gerne mit dem Feuer - der Scheiterhaufen.
Und hüte dich auch vor den Anfällen deiner Liebe! Zu schnell streckt der Einsame Dem die Hand entgegen, der ihm begegnet.
Manchem Menschen darfst du nicht die Hand geben, sondern nur die Tatze (*) Wie das zu verstehen ist, ersieht man am besten aus Matthäus 21, 12-13; 23, 1-33 und ähnlichen Bibelstellen.): und ich will, daß deine Tatze auch Krallen habe.
("Also sprach Zarathustra", Vom Wege des Schaffenden.)
[2. Umschlagseite:]
Wissen ist Macht!
Zum Studium des Sektenwesens, insbesondere der Neuapostolischen Gemeinde, empfehle ich folgende Bücher und Schriften:
* Die Neu-Irvingianer oder die "Apostolische Gemeinde". Ihre Geschichte, Lehre
und Eigenart, dargestellt von Karl Handtmann. 2. Aufl. Gütersloh 1907. Verlag von C.
Bertelsmann. [5.8º.2535]
Ein umfangreiches Werk (122 Seiten), das sich gründlich und sachlich mit
der Neuapostolischen Gemeinde auseinandersetzt. Im inneren Wesen der Neuapostolischen
Gemeinde hat sich inzwischen nicht viel geändert; dieses Buch ist deshalb auch heute
noch sehr wertvoll für jeden, der die Neuapostolische Gemeinde näher kennen lernen
möchte.
* Jenseits der Kirchenmauern. Evangelische Gemeinschaft. -
Katholisch-apostolische Gemeinde. - Neuapostolische Gemeinde. Ein Beitrag zur neusten
Kirchengeschichte von Karl Schmidt. Berlin 1909. Verlag von Martin Warneck.
[Sect.Christ.910n]
Wesen und Entwicklung der Neuapostolischen Gemeinde werden in diesem
Buch sehr ausführlich behandelt. Daß Handtmann und Schmidt, die Verfasser so sachlicher
und auf einwandfreies Material begründeter Bücher, von neuapostolischer Seite aus mit
unflätigsten Beschimpfungen und fanatischen Zornesausbrüchen überschüttet worden sind,
ist sicher ein Zeichen dafür, daß beide den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
Wer sind die Neu-Apostolischen? Ein Wort der Belehrung und Warnung von Gustav Ischebeck. 6. Auflage. 1928. Bundes-Verlag Witten-Ruhr. Preis 30 Pfg.
* Wider die "Neuapostolischen" und ihre neuen Apostel. Von H. Stocks, Kaltenkirchen (Holstein). 8 Seiten. [Sect.Christ.1054s]
Prüfet die Geister. Blätter zur Abwehr gefährlicher Irrtümer. Die Neuapostolischen. Quell-Verlag der Ev. Gesellschaft, Stuttgart. Preis 5 Pfg.
* Unsere Sekten, Freikirchen und Weltanschauungsgesellschaften. Gemeinverständlich dargestellt und am Evangelium Jesu gemessen. Von Hermann Petrich. Berlin 1928. Kranzverlag. [2. 8º. 1780]
* Die Sekten der Gegenwart und neuere Weltanschauungsgebilde. Von Paul Scheurlen. Vierte stark erweiterte Auflage. Stuttgart 1930. Quell-Verlag der Ev. Gesellschaft. [4. 8º. 2512]
* Konfessionskunde. Ein Handbuch der christlichen Kirchen- und Sektenkunde der Gegenwart von Dr. Konrad Algermissen. Zugleich vierte, vollständig neu gearbeitete Auflage von "Christliche Sekten und Kirche Christi". 1920. Verlag Joseph Giesel, Hannover. [4. 8º. 1221]
* Das kleine Sektenbüchlein. Von Paul Scheurlen. Stuttgart 1927. Quell-Verlag der Ev. Gesellschaft. [1. 8º. 5499]
* Sieben Sekten des Verderbens. Eine Warnung für evangelische Christen. 1928. Buchhandlung der Evangelischen Gesellschaft, Elberfeld. Preis 20 Pfg.
[3. Umschlagseite:]
Erkenntnis macht frei!
Denkenden, nach religiöser Wahrheit suchenden Menschen empfehle ich, folgende Bücher zu lesen:
* Das Wesen des Christentums. Sechzehn Vorlesungen vor Studierenden aller Fakultäten im Wintersemester 1899/1900 an der Universität Berlin gehalten von Adolf Harnack. Leipzig: J.C. Hinrichs'sche Buchhandlung. 1900. [H.eccl.C.312 k]
* Die wichtigsten Fragen im Leben Jesu. (Ferienkurs-Vorträge.) Von D. Hermann Frhr. von Soden. Zweite verbesserte Auflage. Leipzig: J.C. Hinrichs'sche Buchhandlung. [H.eccl.D.300 un]
* Hat Jesus gelebt? Aus den geschichtlichen Urkunden beantwortet von Prof. D. Hermann Frhr. von Soden. Berlin 1910. Protestantischer Schriftenvertrieb. [H.eccl.D.300 un]
* Die Schriften des neuen Testaments neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt. In erster und zweiter Auflage herausgegeben von +Johannes Weiß, in dritter Auflage herausgegeben von Wilhelm Bousset und Wilhelm Heitmüller. Dritte, verbesserte und vermehrte Auflage. 4 Bände. Göttingen 1917/18. Vandenhoeck & Ruprecht.
* Die Umwelt des Neuen Testaments. Religionsgeschichtliche und geschichtliche Texte, in deutscher Übersetzung und mit Anmerkungen versehen, zum Verständnis des Neuen Testaments. Von Paul Fiebig. Göttingen 1926. Vandenhoeck & Ruprecht. [App.bibl.821 rd]
* Das Lukasevangelium. Von Dr. Karl August Busch. 1928. Reuther & Reichard,
Berlin.
Dieses Buch und "Die wichtigsten Fragen im Leben Jesu" von Frhr. von
Soden halte ich zur Einführung für besonders wertvoll.
Bücher, die in der Sächsichen Landesbibliothek, Dresden-N., Wilhelmplatz,
entliehen werden können, sind mit * bezeichnet (die Leihgebühr für einen Band beträgt 20
Pfg., die Leihfrist 1 Monat). Soweit mir die Standortnummern der Sächs. Landesbibl.
bekannt sind, habe ich sie in eckigen Klammern [] angegeben; die Angabe dieser Nummern
ist bei Bestellungen sehr erwünscht. Ist ein Buch verliehen, so kann man es für sich
vormerken lassen, man hat dann die Gewähr, bestimmt einmal das gewünschte Buch zu
erhalten.
Außerhalb Dresdens wohnende Einwohner Sachsens können sich wegen der Entleihung von
Büchern direkt an die Sächs. Landesbibl. wenden (Bücher werden von dort aus nach allen
Orten Sachsens durch die Post versandt), doch ist das nur zu empfehlen, wenn keine
öffentliche Bibliothek in der Nähe ist. Nichtdresdner wenden sich am besten an die
nächste größere deutsche Bibliothek und bestellen dort die gewünschten Bücher. Bücher,
die in der betreffenden Bibliothek nicht vorhanden sind, kann man sich gegen geringe
Gebühren von anderen Bibliotheken Deutschlands besorgen lassen (die Sächs. Landesbibl.
berechnet dafür nur 10 Pfg.!).