Rundschreiben (21.3.1933) von Stammapostel Bischoff an die Bezirksleiter der Neuapostolischen Gemeinden Deutschlands.
 
Liebe Brueder und Vorsteher.
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Nachstehend erhaltet Ihr ein Rundschreiben vom lieben Stammapostel.
Dieses Schreiben ist allen Bruedern vorzulesen und bitte
ich alle, das darin Angegebene genau zu befolgen.
                                                                                                                       Mit bestem Gruss
                                                                                                                              H. M a g n e y


Frankfurt (Main), den 21. Maerz 1933.
Meine lieben Freunde!

    Um jede Unklarheit ueber die Stellung der Neuapostolischen in Staat und Gemeinde zu beseitigen, teile ich folgendes mit:
    Die Mitglieder der Neuapostolischen Kirche sind von dem Glaubensbewusstsein durchdrungen, dass alles, was sie hier auf der Erde in Staat und Gemeinde tun, im Jenseits seine gerechte Vergeltung findet, so dass der Trunk kalten Wassers, dem Naechsten gereicht, belohnt, aber der Betrug an Staat, Gemeinde oder dem Naechsten, selbst wenn es sich nur um Kleinigkeiten handelt, bestraft wird. Diese Einstellung duerfte schon hinreichend sein, jedem zu beweisen, dass es die Neuapostolischen mit ihrem Glaubensleben ernst nehmen.
    In der Urkirche war dies ebenso; denn wir lesen in der Schrift:
    "Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt ueber ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit ohne von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet. Wer sich nun die Obrigkeit widersetzt, der widerstrebet Gottes Ordnung; die aber widerstreben, werden ueber sich ein Urteil empfangen. Denn die Gewaltigen sind nicht den guten Werken, sondern den boesen zu fuerchten. Willst du dich aber nicht fuerchten vor der Obrigkeit, so tue Gutes, so wirst du Lob von ihr haben. Denn sie ist Gottes Dienerin, eine Raecherin zur Strafe ueber den, der Boeses tut. Darum ist's not, untertan zu sein, nicht allein um der Strafe willen, sondern auch um des Gewissens willen. - Seid untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen, es sei dem Koenige, als dem Obersten, oder den Hauptleuten, als die von ihm gesandt sind zur Rache ueber die Uebeltaeter und zu Lobe der Frommen. - So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue zuerst Bitte, Gebet, Fuerbitte und Danksagung fuer alle menschen, fuer die Koenige und fuer alle Obrigkeit, auf dass wir ein ruhiges und stilles Leben fuehren moegen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. Denn solches ist gut und angenehm vor Gott, unserm Heiland. - Erinnere sie, dass sie den Fuersten und der Obrigkeit untertan und gehorsam seien, zu allem guten Werk bereit seien."
    Alle Diener und Mitglieder der Neuapostolischen Kirche haben also nach obigen Worten die Pflicht, der von Gott gegebenen Obrigkeit untertan und gehorsam zu sein.
    Die Erde ist dem Menschen als Wohnplatz angewiesen, dass er sie baue und bewahre. Er soll an dem Platz, an den er im Leben gestellt ist, das Seine in treuer Pflichterfuellung tun. Es ist somit von Gott gewollt, dass der Mensch in erster Linie das ihm anvertraute irdische Gut ehrlich und rechtschaffen verwalten soll. Personen, die einen wirklichen seelischen Aufstieg erlebt haben, alles den Menschen erniedrigende Wesen ueberwinden und Christen der Tat geworden sind, werden fuer die Familie, die Gemeinde und den Staat ein Fundament sein, das den mancherlei Stuermen standhaelt.
    Ein solches Tatenchristentum ist frei von Irrungen und wird sich in jedem Falle zum Segen der Mitmenschen auswirken. Auf einer solchen Gewissensgrundlage stehend, wird man auf seine ganze Umgebung bessernd wirken und sich Ansehen und Achtung bei seinen Mitmenschen erwerben. Solche Tatenchristen sind ein Vorbild und Segen. Nichts ist abscheulicher und verwerflicher als ein Heuchel- und Scheinchristentum.
    Ein Apostolischer wird daher fuer seinen Arbeitgeber sowie auch fuer die Obrigkeit beten und im Gemeinde- und Staatsleben die gegebenen Gesetze und Verordnungen befolgen; denn er weiss, dass ihm der Arbeitgeber zum Segen und die Obrigkeit von Gott zum Schutze gegeben sind.
    Der Hauptleiter der Neuapostolischen Kirche, Hermann Niehaus, schrieb im Jahre 1908 in dem Hilfsbuch fuer die Priester und Diener, dass die Apostolischen in Staat und Gemeinde sich so bewegen sollen, dass ihre Mitmenschen von ihnen lernen koennen, und dass sie die Ersten in der Treue zu Obrigkeit und zum Vaterlande sein sollen.
    In meinem Rundschreiben vom 18.7.1932 habe ich, also zu einer Zeit, da wir noch keine nationale Regierung in Deutschland hatten, die Stellung und das Verhalten der Religionsdiener der Neuapostolischen Gemeinde zu der nationalen Bewegung erlaeutert. Besonders habe ich den Hinweis gegeben, uniformierte Nationalsozialisten in den Gottesdiensten genau so freundlich zu behandeln wie Personen in Zivilkleidung. Dieser damalige Hinweis hat den Dienern die noetige Sicherheit in ihrem Verhalten gegeben, und der Gehorsam an mein Wort liess den Erfolg nicht ausbleiben. Wie mir bekannt ist, haben des oefteren uniformierte Nationalsozialisten an den Gottesdiensten teilgenommen, die unsere diesbezuegliche Einstellung stets dankbar begruesst haben. Auch die Beisetzung eines Nationalsozialisten, die von anderen Richtungen verweigert wurde, haben wir vorgenommen, was von den Beteiligten dankbar anerkannt wurde.
    Die Richtigkeit meiner Ausfuehrungen, die ich zum Teil schon voriges Jahr gemacht habe, bestaetigt eine im "Duesseldorfer Tageblatt" vom Montag, dem 13.3.1933, gebrachte Mitteilung aus Wuelfrath, wonach ein katholischer Pfarrer verhaftet wurde, nachdem er vor einer Messe eine Anzahl uniformierter Nationalsozialisten bat, das Gotteshaus zu verlassen. Ebenso wurde ein evangelischer Geistlicher in Herrhausen laut Mitteilung des Frankfurter Generalzanzeigers vom 20.3.1933 in Schutzhaft genommen, weil er bei der Predigt gegen die Reichsregierung Stellung nahm.
    Um die Arbeitslosigkeit beseitigen zu helfen, rate ich den Bezirksleitern, nunmehr die Erstellung von Kirchen und Kapellen mit Wohnungen, soweit es die finanziellen Verhaeltnisse gestatten, vorzunehmen. Dadurch helfen wir mit, die Zahl der Arbeitslosen zu verringern.
    Wie man ueber unsere Kirchenbauten im Auslande denkt, zeigt folgender Bericht der "Tuebinger Chronik" vom Donnerstag, 16.2.1933:
    Internationale Kunstausstellung in Mailand.
"In Mailand findet diesen Sommer von Mai bis September eine internationale Kunstausstellung statt, die "Es posizione Triennale". Dabei soll ausser anderen Gebieten auch auf dem der Baukunst ein Ueberblick ueber "Die bedeutendsten modernen Bauten aller Laender" gegeben werden, und zwar durch die Ausstellung der "typischen Werke, in welchen man mit Sicherheit die originellen und musterhaften Charakteristiken der derzeitigen Architekten erkennen kann." Auch Deutschland wird mit einer Sammlung von Abbildungen und Plaenen moderner Banken in Mailand vertreten sein.
    Darueber hinaus liess das Direktorium der Ausstellung zusammen mit dem nationalen faschistischen Syndikat der italienischen Architekten von sich aus eine persoenliche Einladung an den hiesigen Architekten Dr. Ing. Weidle ergehen, die von ihm hier erbaute Neuapostolische Kirche auszustellen. Der Kuenstler wird dieser fuer ihn sehr ehrenvollen Einladung Folge leisten."
Dies zur gefl. Kenntnisnahme
    mit herzlichem Gruss            Euer       J.G. B i s c h o f f

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