Projektgruppe "Offenbarung"
Die Offenbarung Johannes und das Problem der Periodisierung
Vortrag von Apostel Drave am 21. Mai 1999 vor der
Apostel-Versammlung-International - Toronto
 

1. Einleitung:
Das Problem der "Periodisierung"
Die Jahrtausendwende naht und damit auch eine Flut von Endzeiterwartungen. Man kann sogar von einem "Endzeitfieber" sprechen. Zu esoterischen und mystischen Stimmen kommt auch der Ruf: Lest doch die Apokalypse, die "Offenbarung" Johannes! Dort steht alles ueber das Ende der Welt. Und ausserdem: Man kann sogar den Zeitpunkt berechnen, an dem die Geschichte dieser Welt zu Ende geht!

Das Beduerfnis, die "Offenbarung Johannes" wie einen Fahrplan der Weltgeschichte auszulegen, ist unuebersehbar.

Was bedeutet dieser befund fuer uns als neuapostolische Christen?

In der Lehre und in der Verkuendigung der Neuapostolischen Kirche nimmt die "Offenbarung" einen wichtigen Platz ein. Man hoert hier und da in den Gemeinden sogar den Wunsch: Wir moechten noch viel mehr Aufschluss ueber dieses Buch erhalten.

Nun, dass die Auslegung der "Offenbarung" unserem Stammapostel am Herzen liegt, das zeigt sich schon allein eindrucksvoll darin, dass er zu Pfingsten gern ein Grusswort aus der "Offenbarung" heranezogen hat. Denken wir an das des letzten Jahres:

"Doch was Ihr habt, das haltet, bis dass ich komme." (Offenbarung 2, Vers 25)

Die Wichtigkeit der "Offenbarung" fuer unseren Glauben liegt vor allem in diesem:

- Es ist ein Buch der Zukunft. Es handelt vornehmlich von der Wiederkunft Christi und von der Aufrichtung seines Reiches.

- Alle Ausfuehrungen in diesem Buch stehen unter dem Wort des Herrn: "Siehe, ich komme bald!" Diese Verheissung des Herrn ist mehr als ein Wort. Es ist wie eine Regierungserklaerung des Koenigs Christus.

- Auf diese Aussage hin, die wie ein Brennpunkt ist, lassen sich alle Inhalte der "Offenbarung" konzentrieren. Von Ihm her muss auch die Auslegung erfolgen.

- Das Wirken des Heiligen Geistes richtet sich auf die Vorbereitung der Gemeinde auf die Wiederkunft Christi. Das erleben wir besonders im Dienen unseres Stammapostels. Und die Gemeinde, die Braut des Herrn, wartet. Sie wartet im glaeubigen Hoffen und bereitet sich auf sein Erscheinen vor.

Zur Zeit Jesu stellten die Juenger dem Herrn laut Matthaeus 24, 3 die Frage:

"... Sage uns, wann wird das geschehen? Und welches wird das Zeichen sein deiner Zukunft und des Endes der Welt?"

Aehnlich fragen heute die glaeubig Wartenden: Wann endlich kommt der Herr? Gibt es deutliche Zeichen fuer die erfuellte Zeit?

Die Beschaeftigung mit diesen Fragen erhoeht sicherlich die Bereitschaft zu warten. Sie kann aber auch eine Gefahr nach sich ziehen: Den Wunsch, das Ereignis der Wiederkunft zeitlich festzulegen.

Und nun komme ich wieder auf die "Offenbarung" zu sprechen. Dieses Buch darf nicht wie ein "Fahrplan" ausgelegt werden, dem man ablesen kann, wann genau das Ziel des Glaubens erreicht sein wird.

Die Methode, die "Offenbarung" wie einen "Fahrplan" zu deuten, ist eigentlich schon alt. So gingen alle Vertreter der sogenannten "Periodisierung" vor.

Was heisst der Begriff "Periodisierung" in diesem Zusammenhang?
 
"Periodisierung" ist der Versuch, die Zukunftsvorhersagen in der "Offenbarung" mehreren aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten zuzuordnen. Sie ist eine Methode der kirchen- und weltgeschichtlichen Auslegung der "Offenbarung".

Ich will an dieser Stelle bereits anmerken: Auch in der Neuapostolischen Kirche wurde diese Vorgehensweise angewandt. Besonders unter Auswertung des Buches von Apostel Schwartz "Buch fuer unsere Zeit" (1872) fand sie Verbreitung. Darauf gehe ich spaeter ein. Die zentrale Frage, die ich untersuchen moechte, lautet:

Warum ist die Methode der "Periodisierung" ungeeignet,
die "Offenbarung" zutreffend zu deuten?

Bevor ich darauf antworte, moechte ich noch einen Blick auf die Geschichte dieser Methode werfen.

2. Zur Geschichte der Methode der "Periodisierung"

Zurueck zu der feststellung: Die Methode der "Periodisierung" ist schon alt.

Bereits vor vielen Jahrhunderten haben einige Menschen die "Offenbarung" kirchen- und weltgeschichtlich gedeutet. Dabei gingen sie, wie gesagt, davon aus, dass in der "Offenbarung" der Verlauf der Kirchengeschichte und auch der Weltgeschichte vorhergesagt sei. Sie meinten, dass in den
Bildern bestimmte Ereignisse wiederzuerkennen seien, die schon geschehen waren. Dann glaubten sie, feststellen zu koennen, wo ihre jeweilige Gegenwart im Ablauf der Geschichte dieses Buches anzusiedeln ist. Dies wiederum wuerde die Vorhersage der noch ausstehenden Ereignisse moeglich machen. Unter Umstaenden koenne sogar der Zeitpunkt berechnet werden, an dem die Geschichte dieser Welt zu Ende geht.

Einer der bekanntesten Theologen des Mittelalters, der die "Offenbarung" in dieser Weise auslegte, war Joachim von Fiore. Er lebte von ca. 1130 bis 1202. Das Ergebnis seiner Deutung war, dass die Geschichte der Menschheit in ein Zeitalter des Vaters, ein Zeitalter des Sohnes und ein Zeitalter des Heiligen Geistes einzuhalten sei.

Auch Martin Luther hat dieses Verfahren der Auslegung in bezug auf die "Offenbarung" angewendet. So deutete er z.B. das 13. Kapitel als Beschreibung der Macht des roemischen Papstes verbunden mit dem deutschen Kaiser. Das Beispiel zeigt, dass diese Auslegung nicht mehr ist als eine Deutung der jeweils eigenen Zeit. Diese wurde durch die Ereignisse ueberholt und damit wertlos.

Das gilt besonders fuer Deutungsversuche, die im deutschen Pietismus entstanden sind. Der Pietismus ist eine konservative, gefuehlsbetonte Richtung im Protestantismus des 18. und 19. Jahrhunderts. Hier wurden die sieben Sendschreiben (Kapitel 2 und 3), die sieben Siegel (Kapitel 6 und 7), die sieben Posaunen (Kapitel 8 und 9) und die sieben Zornschalen (Kapitel 15 und 16) als sieben Zeitabschnitte der Kirchen- und Weltgeschichte gedeutet. Komplizierte Berechnungen wurden darauf aufgebaut, um dann zu ermitteln, wann die Wiederkunft Christi erfolgen wuerde.

Beruehmtester Vertreter dieser Deutung und Berechnung der Geschichte war Johann Albrecht Bengel. Er berechnete 1741 den Beginn des tausendjaehrigen Reiches mit dem Kommen Christi fuer das Jahr 1838.

In dieser Tradition der Deutung der "Offenbarung" standen auch Geistliche der "Albury-Konferenzen", die von 1826 bis 1830 stattfanden und als Keimzelle der Katholisch-apostolischen Kirche betrachtet werden koennen. Besonders auffaellig war, dass sie den Beginn der "letzten Zeit" mit der Franzoesischen Revolution 1789-1792 ansahen. Unter diesen Maennern waren z.B. Edward Irving und John Hooper.

Die Auslegungen der Katholisch-apostolischen Kirche hat Apostel Schwartz - wie erwaehnt - weitgehend uebernommen. Die wichtigsten Ereignisse seiner Betrachtung sind dann in den Jahren 1950 bis 1980 in Ausarbeitungen der Apostel Rockenfelder, Startz, Kraus und Weinmann eingeflossen. Apostel Weinmann hat zudem noch genauer in der Literatur der Katholisch-apostolischen Kirche geforscht und vieles von dort uebernommen.

Bemerkenswert dabei ist, dass die Quellen nicht ausgewiesen wurden und dass man die Aussagen als endgueltig betrachtete. Sie wurden schliesslich Tradition und Bestandteil der neuapostolischen Lehre.

Ich kann also zusammenfassen:
 
Auch in der Neuapostolischen Kirche wurde im Verlauf ihrer Geschichte die Methode der "Periodisierung" angewandt. Die "Offenbarung" wurde kirchen- und weltgeschichtlich gedeutet.
 

3. Die "Periodisierung" - dargestellt und erlaeutert

Ich moechte nun die Deutung der "Offenbarung" nach der Methode der "Periodisierung" vorstellen.

Dabei werde ich mich aus Zeitgruenden und aus der Notwendigkeit, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren, exemplarisch auf die sieben Sendschreiben beschraenken.

Ich verzichte auch darauf, aufzuzeigen, dass es im einzelnen auch gewisse unterschiedliche Festlegungen gab. Vielmehr moechte ich die Deutung der "Periodisierung" in ihren Grundzuegen darstellen, wie sie in der Neuapostolischen Kirche gelehrt wurde.

Die Grundzuege habe ich in fuenf Punkten zusammengefasst:

Die "Periodisierung" nimmt im wesentlichen fuenf Festlegungen vor:

Festlegung 1:

Die Geschichte entwickelt sich in sieben Zeiten.

Der Verlauf der geschichtlichen Entwicklung von der Auferstehung Christi bis zu seiner Wiederkunft erfolgt in der Abfolge von sieben Zeitabschnitten. Die sieben Sendschreiben, die sieben Siegel, die sieben Posaunen und die sieben Zornschalen entsprechen sieben Zeiten.

Festlegung 2:

Jeder Zeitabschnitt entspricht der Dauer von rund 300 Jahren.

Da Jesus in das Jahr 33 christlicher Zeitrechnung gestorben und auferstanden sei, umfasst die erste Zeit die Epoche von 33 bis etwa 300. Die naechsten Zeitabschnitte beginnen demzufolge um 600, um 900, um 1200, und 1500 und um 1800. Die siebte Zeit ist dann die letzte Zeit. Zugleich ist sie die Epoche, in der wir leben.

Festlegung 3:

Die Bedeutung der Namen der sieben Gemeinden der Sendschreiben erklaert dem Charakter des jeweiligen Zeitabschnitts.

In der Abfolge der sieben Gemeinden werden die Zeitabschnitte wie folgt gedeutet:

1. Ephesus            =   Verlangen
    30-300 n. Chr.
    Verlangen nach der baldigen Wiederkunft Christi. Dieses Verlangen war fast 300 Jahre lang in den Herzen lebendig.
2. Smyrna             =   Bitterkeit
    300-600 n. Chr.
    Das Verlangen nach der Wiederkunft Christi ist geschwunden. Enttaeuschung und Bitterkeit sind in die Herzen eingezogen.
3. Pergamus          =   Turmbau
    600-900 n. Chr.
    Das Papsttum entwickelte sich immer mehr zu einer beherrschenden Macht in Kirche und Staat und bewirkte den Niedergang des Christentums.
4. Thyatira             =   Zuegelloses Fortrennen
    900-1200 n. Chr.
    Die Kirche befand sich auf dem einmal eingeschlagenen Weg des Niedergangs.
5. Sardes :              =   Ueberrest
    1200-1500 n. Chr.
    Von dem, was einst so bluehend im Glauben stand, fuer das man freudig sein Leben hingab, war nur noch wenig zu finden.
6. Philadelphia       =   Bruderliebe oder wohlriechender Strauch
    1500-1800 n. Chr.
    Das waren die Vorboten der Reformation und die Reformatoren selbst.
7. Laodizea           =   Volksgericht, Volksherrschaft
    1800 bis zur Wiederkunft Christi
    Dies ist unsere Zeit, die Zeit der Demokratie.

Festlegung 4:

Besondere Ereignisse markieren die Zaesuren zwischen den Zeitabschnitten.

Besondere Ereignisse, die den Charakter der Zeitepoche verdeutlichen, werden zur Abgrenzung zum jeweils folgenden Zeitabschnitt benutzt.

Kurz skizziert:

Von 1 nach 2       325   Kaiser Konstantin laesst sich taufen; das Christentum wird Staatsreligion
ca. 300 n. Chr.
Von 2 nach 3       622   Auftreten von Mohammed ("Hedschra")
ca. 600 n. Chr.
Von 3 nach 4       914   Papst Johann X. steht in voller Waffenruestung an der Spitze eines Heeres
ca. 300 n. Chr.
Von 4 nach 5      1215   4. Laterankonzil; Ketzergesetzgebung
ca. 1200 n. Chr.
Von 5 nach 6      1517   Beginn der Reformation
ca. 1500 n. Chr.
Von 6 nach 7      1815   Ende Napoleons 1., der Geissel Europas
ca. 1800 n. Chr.

Festlegung 5:

Die letzte Zeit ist zum Ende hin offen.

Die Zeit "Laodizea" beginnt also mit dem Jahr 1815. Sie muesste 300 Jahre dauern. Aber die Zeit soll verkuerzt werden. Hinsichtlich ihres Endes bleibt ein Fragezeichen.

4. Die Schwaechen der Methode der "Periodisierung" und Gruende fuer die Ablehnung

Ich habe bei der Darstellung der "Periodisierung" versucht, jegliche Bewertung zurueckszustellen.

Nun moechte ich einige wichtige Punkte vorstellen, die die Schwaeche der Methode zeigen.

1. Die "Periodisierung" ist entscheidend vom Standpunkt des Deutenden abhaengig.
Beispiel:
Wenn ich die Franzoesische Revolution von 1789 bis 1799 als demokratische Entwicklung negativ bewerte, dann kann ich sie auch mit dem antichristlichen Wirken gleichsetzen. Wenn Napoleon fuer mich eine negative historische Figur ist, dann kann ich ihn auch "Geissel Europas" nennen.

2. Die Zuordnung der Bedeutung der Namen der asiatischen Gemeinden zu dem Charakter des Zeitabschnitts ist problematisch. Die Wortbedeutungen sind zudem nicht klar festzulegen.
Beispiel:
Thyatira = zuegelloses Fortrennen.
Wissenschaftliche Werke geben die Auskunft ueber die Wortbedeutung: Opfertor, Opfer der Reue, Tochterstadt.
Aus diesen Uebersetzungen waeren ganz andere Schluesse ueber den Charakter der Zeit zu ziehen.
Oder:
Die Deutung "Philadelphia" als Bruderliebe" ist bezogen auf eine Zeit europaeischer Religionskriege nicht haltbar.

3. Die Konstruktion von gleichlangen Perioden macht Muehe.
Beispiel:
Die Zeit Pergamus (600-900 n. Chr.) und die Zeit Thyatira (900-1200 n. Chr.) tragen dieselben Kennzeichen. Es sei der "einmal eingeschlagene Weg des Niedergangs".

4. Die Zuordnung von historischen Ereignissen zu jeweiligen Zeitabschnitten ist insgesamt willkuerlich und manchmal sogar historisch falsch.
Beispiel:
914 stand der Papst Johann X. in voller Waffenruestung an der Spitze eines Heeres. Dieses Ereignis wird als Beleg fuer die Machtentfaltung des Papsttums ("Turmbau") gewertet. Historisch richtig ist aber, dass der Papst voellig machtlos war. Er endete im Gefaengnis, in das ihn eine einflussreiche Frau geworfen hatte.
Das fuer das Christentum entscheidende Ereignis der Trennung von West- und Ostkirche (1054) findet keine Beachtung. Es laesst sich eben nicht einordnen.

5. Unuebersehbar ist die Enge europaeischen Denkens.
Die gesamte "Periodisierung" ist aus der Sicht eines abendlaendischen Europaeers entstanden. Fuer Menschen aus Asien, Afrika, Amerika und Australien, ja selbst aus Osteuropa sind wichtige Aussagen nicht nachzuvollziehen.

Diese Ausfuehrungen zeigen, dass die "Periodisierung" ein Kind des europaeischen 18. und 19. Jahrhunderts ist. Ich meine, dass sie heute nicht mehr zu halten ist. Und dies - zusammengefasst - aus folgenden wesentlichen Gruenden:

1. Die "Periodisierung" ist gekennzeichnet durch die Meinung des Deutenden.
2. Die "Periodisierung" ist Ergebnis eurozentrischen Denkens.
3. Die "Periodisierung" will in ihren Begruendungen wissenschaftlich sein; sie erfuellt diesen Anspruch aber nicht.
4. Die "Periodisierung" bleibt Spekulation.
5. Die "Periodisierung" steht als Versuch, die Wiederkunft Christi zeitlich naeher zu fixieren, in der Gefahr, zur Aussage der Schrift in Widerspruch zu stehen: "Von dem Tag aber und der Stunde weiss niemand, auch die Engel nicht im Himmel, sondern allein mein Vater" (Matthaeus 24, 36)

Dennoch muss das urspruengliche Motiv dieser Deutungsmethode gewuerdigt werden: Glaeubige Maenner hielten fest an der Hoffnung auf die Wiederkunft Christi. Sie wollten das Warten der Gemeinde wachhalten. In dieser Einstellung wissen wir uns mit ihnen durchaus verbunden.

Es scheint auch kein Problem zu sein, die "Periodisierung" als "Kind ihrer Zeit" zu akzeptieren.

Viel entscheidender sind die Fragen: Wie gehen wir mit der Tradition der Lehre um? Haben die Aussagen, die als endgueltig betrachtet wurden, heute noch Bestand, weil sie von Aposteln verkuendet wurden?

Doch zurueck zum Thema: Als Ergebnis moechte ich festhalten:
Die Methode der "Periodisierung" ist ungeeignet, die "Offenbarung" zutreffend zu deuten.

5. Ein neuer Ansatz - die Deutung der "Offenbarung" als Trost- und Mahnbuch

Wenn die Periodisierung abgelehnt werden muss, so heisst das dann nicht dass keine andere Deutung mehr moeglich sei. Es gibt sehr wohl eine Deutung, die mich ueberzeugt.Wir sollten nur nicht denselben Fehler machen: Wir duerfen unseren Deutungsversuch nicht als endgueltige Lehre verstehen, die unveraendert bleiben muesse. Wir sollten sie als das Ergebnis unserer gegenwaertigen Erkenntnis sehen. Fuer Aufschluesse aus dem Heiligen Geist muss die Auslegung offen bleiben.

Ich moechte den neuen Deutungsansatz am Beispiel der sieben Sendschreiben vorstellen. Dazu die wichtigsten Ergebnisse:

a) Christus richtet sich in den sieben Sendschreiben an seine Gemeinde an allen Orten und zu allen Zeiten.

Die Sendschreiben gelten allen, die auf den wiederkommenden Herrn warten.

Dazu muss man den prophetischen Charakter des Buches der "Offenbarung" bedenken. Die sieben Sendschreiben richten sich einerseits an konkrete Gemeinden in Asien in der ersten apostolischen Zeit. Zum anderen stehen sie fuer die gesamte Gemeinde Christi. Darauf weist besonders die Siebenzahl hin. Die "Sieben" bezeichnet in der Offenbarung immer die Vollkommenheit das Ganze. Es geht also um die Vollzahl aller Gemeinden, also auch, um uns.

Darum gehen auch uns alle Aussagen des Herrn in den Sendschreiben an, vor allem der Hinweis:

"Siehe, ich komme bald!"

Fuer die Praxis bedeutet das, dass alle Hinweise aus allen Sendschreiben, und nicht nur die an die Gemeinde Laodizea, zur Grundlage unseres Dienens in den Gottesdiensten genommen werden koennen.

b) Die Sendschreiben geben uns Trost, damit wir im Warten auf den Herrn nicht muede werden.

Alle Sendschreiben zeigen uns in verschiedenen Bildern: Gott herrscht uneingeschraenkt. Die Macht Christi bleibt ungebrochen. Das wird sehr schoen deutlich in Offenbarung 3, 7:

"Und dem Engel der Gemeinde zu Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schluessel Davids, der auftut, und niemand schliesst zu, der zuschliesst, und niemand tut auf"

Die Sendschreiben haben die zentrale troestliche Botschaft: Wer ueberwindet, hat teil am ewigen Leben und an goettlicher Herrschaft. Hier koennten nun alle sieben "Ueberwinder – Worte" angefuehrt werden. Ich beschraenke mich auf die Verheissung in Offenbarung 3, 21:

"Wer ueberwindet, dem will ich geben, mit mir auf meinem Stuhl zu sitzen, wie ich ueberwunden habe und mich gesetzt mit meinem Vater auf seinen Stuhl"

Der Herr troestet damit, dass er verheisst Der Tod behaelt nicht den Sieg.

Die Verheissung Christi in Offenbarung 2, 11 spricht fuer sich:

"Wer Ohren hat, der hoere, was der Geist den Gemeinden sagt. Wer ueberwindet, dem soll kein Leid geschehen von dem andern Tode."

c) Die Sendschreiben mahnen zur Entscheidung fuer den Herrn.

Christus mahnt, indem er sagt, was er "wider uns" hat Und er fordert zur Busse auf. So lesen wir z. B. in Offenbarung 2, 5:

"Gedenke, wovon du gefallen bist, und tue Busse und tue die ersten Werke. Wo aber nicht, werde ich dir bald kommen und deinen Leuchter wegstossen von seiner Staette, wo du nicht Busse tust."

Wer diesem Rat nicht folgt, sich also nicht fuer den Herrn entscheidet, der erlebt goettliches Gericht.

Von den Gerichten Gottes ist in der Offenbarung immer wieder zu lesen. Wir werden eindruecklich zur Entscheidung fuer den Herrn aufgefordert. Wir sollen ueberwinder sein.

Halten wir fest:
 
Alles, was der Herr in den Sendschreiben sagt, gilt allen, die zu seiner Gemeinde gehoeren. Christus troestet und mahnt alle, die auf sein Kommen warten - so auch uns.

Alles, was der Herr in den Sendschreiben sagt, gilt allen, die zu seiner Gemeinde gehoeren. Christus troestet und mahnt alle, die auf sein Kommen warten - so auch uns. Wie gesagt, ich koennte nun das Ergebnis, dass die "Offenbarung" ein Trost- und ein Mahnbuch ist, auch mit den sieben Siegeln, den sieben Posaunen und den sieben Zornschalen belegen. Nur, das wuerde den zeitlichen Rahmen dieses Vortrags sprengen.

Wenn nun die Deutung der Periodisierung abgelehnt wird, so bedeutet das nicht, dass man jegliche historischen Bezuege von vornherein in Abrede stellt. Das Wesen der "Offenbarung", ein prophetisches Buch zu sein, laesst den Schritt von der Bildlichkeit zur konkreten Ausdeutung sehr wohl zu. Nur das bedarf im einzelnen einer sorgfaeltigen Vorgehensweise.

Gern moechte ich zum Schluss die Ergebnisse zusammenfassen.

6. Ergebnis und Ausblick

Die Methode der „Periodisierung" ist der Versuch, die Zukunftsvorhersagen in der "Offenbarung" sieben aufeinanderfolgenden Zeitabschnitten zuzuordnen.

Diese seit dem Mittelalter oft angewendete Vorgehensweise wurde auch in der Neuapostolischen Kirche uebemommen.

Sie ist aus wichtigen Gruenden ungeeignet, die „Offenbarung" zutreffend zu deuten.

Ein neuer Ansatz der Auslegung besteht darin, dass man die Offenbarung" als ein Trostbuch und eine Mahnung versteht. Sie gilt allen, die zur Gemeinde Christi zaehlen und auf das Kommen des Herrn warten.

Der Verzicht auf die „Perodisierung" bedeutet keinen Verlust, sondern einen Gewinn. Wenn wir uns der neuen Deutung zuwenden, haben wir zwar das Problem des Umgangs mit unserer Tradition. Wir haben aber auch die Vorteile der Naehe zur Heiligen Schrift und den direkten Bezug zu jedem einzelnen Glaeubigen. Wir sind offen fuer den Aufschluss aus dem Heiligen Geist und konzentrieren uns auf das Wesentliche: Wir warten auf den Herrn aus Sehnsucht und Liebe zu ihm - ohne jegliche Form spekulierender Begruendung.

Lasst mich mit den Worten unseres Stammapostels schliessen, die er am Schluss seiner Mitteilung zur "Biblischen Zeitenrechnung" (in: Leitgedanken, Nr. 1, Januar 1999, S. 16) geschrieben hat: "Um den Herrn taeglich zu erwarten, beduerfen wir keiner Spekulationen, sondern der lebendigen Hoffnung".

Herzlichen Dank!

Zurueck zur NAKI-Index.

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