Die Neuapostolische Gemeinde im Dritten Reich
Die Stellung der Neuapostolischen Gemeinde im Staat und
zur Volksgemeinschaft wird mitunter noch falsch beurteilt.
Nachfolgend sollen daher einzelne Tatsachen zur Kenntnis
gebracht werden, um vorhandene Missverstaendnisse zu
beseitigen.
Im Jahre 1 9 3 2 hat ein Herr K. S. in K., welcher der SA.
angehoert, um Aufnahme in die Neuapostolische Gemeinde
gebeten. Es wurde ihm nahegelegt, sich erst darueber zu
vergewissern, ob ihm von Seiten der Parteileitung keine
Unannehmlichkeiten aus seiner Mitgliedschaft in der Neu-
apostolischen Gemeinde entstehen koennten. Er wandte
sich direkt an seinen obersten Fuehrer, unseren jetzigen
Herrn Reichskanzler. Das nachfolgend abgedruckte Ant-
wortschreiben kennzeichnet die Stellungnahme unseres
Herrn Reichskanzlers zur Neuapostolischen Gemeinde:
Prof. Dr. J. S.,
z. Zt. E., 19. 6. 32.
Herrn K. S.
in K.
Sehr geehrter Herr S.!
Herr Hitler laesst Ihnen durch mich fuer Ihren Brief vom
8. Juni danken. Da er durch dringende Arbeiten in Anspruch
genommen ist, habe ich dessen Beantwortung uebernommen.
Aus der bisherigen kirchenpolitischen Stellungnahme Hitlers
folgt klar und sicher, dass von einem Verbot der Neuapos-
tolischen Gemeinde durch eine nationalsozialistische Regie-
rung nicht die Rede sein kann. Dieses Bekenntnis wird im
Dritten Reich genau wie die uebrigen christlichen Bekennt-
nisse Schutz und Foerderung erhalten.
Mit deutschem Gruss
(gez.) S.
In aehnlichem Sinne schreibt der Gauleiter fuer den Gau
Baden auf eine diesbezuegliche Anfrage in einem Schrei-
ben vom 5. November 1932 wie folgt:
Es ist voellig unrichtig, dass die NSDAP oder ihr Fuehrer
Adolf Hitler die neuapostolische Kirche nicht anerkennen
oder gar nach der Uebernahme der Staatsmacht verbieten
wuerde. A l l e g e g e n t e i l i g e n B e h a u p t u n g e n
s i n d u n w a h r.
Schon a m 1 8. J u l i 1 9 3 2 gab der Hauptleiter der Neu-
apostolischen Kirche, J. G. Bischoff, der seinen Wohnsitz
in Frankfurt (Main) hat, die Anweisung an alle Neuapos-
tolische Gemeinden Deutschlands, dass Nationalsozialisten
in Uniform zu den Gottesdiensten Zutritt haben, freundlich
zu behandeln sind und an der Feier des heiligen Abendmahls
sowie an allen uebrigen Segnungen der Kirche teilnehmen
duerfen. Dass dies geschehen ist, beweisen allein schon die
folgenden beiden Faelle:
Am 3. D e z e m b e r 1 9 3 2 fand in der Neuapostoli-
schen Kirche Stuttgart-Sued die Trauung eines SA.-Man-
nes in Uniform statt, wobei ihm der Sturm, zu dem er ge-
hoert, in Uniform das Ehrengeleit gab und innerhalb und
ausserhalb des Gottesdienstes Aufstellung nahm.
Dadurch zog natuerlich die Neuapostolische Gemeinde
den Hass der Gegner auf sich, wie z. B. die kommunis-
tische "Sueddeutsche Arbeiter-Zeitung", Stuttgart, in
ihrer Beilage vom 7. 12. 32 schrieb:
N a z i - H o c h z e i t m i t "R i e m e n - A b s c h n a l l e n!"
Am Samstag fand in der Neuapostolischen Kirche in der
Immenhoferstrasse in S t u t t g a r t eine Nazi-Hochzeit
statt. Dabei wurde offen demonstriert, etwa 25 uniform-
ierte SA.-Leute stellten sich vor der Kirche auf...... Die
SA. nahm Aufstellung in der Kirche und ein dienstbeflis-
sener Priester segnete das erhabene Paar. Nach der
Hochzeit ging es hoch her. Waeren Arbeiter in eine
aehnliche Lage gekommen, es waere anders vorge-
gangen worden.
I m D e z e m b e r 1 9 3 2 fand in Ettlingen die Bei-
setzung eines Nationalsozialisten durch einen Diener der
Neuapostolischen Gemeinde statt, die, wie das Badische
Kampfblatt fuer nationalsozialistische Politik und deutsche
Kultur "Der Fuehrer" am 23. 12. 32 schrieb, von der
Geistlichkeit anderer Konfessionen verweigert wurde.
Am 2 0. M a e r z 1 9 3 3 richtete der Hauptleiter der
Neuapostolischen Kirche an die Kirchenpraesidenten
und Bezirksleiter der Neuapostolischen Gemeinden des
In- und Auslandes ein A u f k l a e r u n g s s c h r e i b e n,
in dem er die wahren Verhaeltnisse Deutschlands schil-
dert und entschieden gegen die Greuelpropaganda Stel-
lung nimmt. Im denselben Schreiben forderte er die Kir-
chenleiter auf, diese Erklaerung allen Mitgliedern der
Kirche zu uebermitteln. Dieses Aufklaerungsschreiben
wurde auch in auslaendischen Zeitungen veroeffentlicht,
so z. B. woertlich in dem Detroiter Abendblatt vom 19.
April 1933.
In einem Rundschreiben vom 21. M a e r z 1 9 3 3 machte
es der Hauptleiter allen Dienern und Mitgliedern der Neu-
apostolischen Gemeinde zur Pflicht, der von Gott gegebe-
nen Obrigkeit untertan und gehorsam zu sein. Er forderte
ferner auf, fuer die Obrigkeit zu beten und im Gemeinde-
und Staatsleben die gegebenen Gesetze und Verordnungen
gewissenhaft zu befolgen. Er wies auf eine Verfuegung des
Hauptleiters der Neuapostolischen Kirche aus dem Jahre
1 9 0 8 hin, worin gesagt ist, dass die Neuapostolischen
in Staat und Gemeinde sich so bewegen sollen, dass ihre
Mitmenschen von ihnen lernen koennen und dass sie die
Ersten in der Treue zur Obrigkeit und zum Vaterland sein
sollen.
Anlaesslich der Reichstagseroeffnung am Dienstag, dem
21. M a e r z 1 9 3 3, ordnete der Hauptleiter fuer den
Abend dieses Tages ueberall Gottesdienste an, denen das
Textwort Sirach 10, 1-5 zugrunde gelegt wurde, worin es
heisst:
Ein weiser Regent haelt sein Volk in Zucht; und wo eine
verstaendige Obrigkeit ist, da geht es ordentlich zu. Wie
der Regent ist, so sind auch seine Amtleute; wie der Rat
ist, so sind auch die Buerger. Ein Koenig, der selber nicht
Zucht gelernt hat, verderbt Land und Leute; wenn aber die
Gewaltigen klug sind, so gedeiht die Stadt. Das Regiment
im Lande steht in Gottes Haenden; der gibt ihm zur rechten
Zeit einen tuechtigen Regenten. Es steht in Gottes Haenden,
dass es einem Regenten gerate; d e r g i b t i h m e i n e n
l o e b l i c h e n K a n z l e r.
Zum Feiertag der nationalen Arbeit, a m 1. M a i 1 9 3 3,
erliess der Hauptleiter wiederum besondere Anordnung.
Gemaess derselben wurde in allen Neuapostolischen Ge-
meinden Gott um Schutz und Segen fuer das gesamte Volk
und Linderung der Arbeitslosigkeit durch das Vornehmen
der Regierung gebeten. Ferner sollten auf Grund dieser
Verordnung bei nationalen Feiern alle der Kirche angehoe-
renden Grundstuecke mit der Hakenkreuzflagge und der
Fahne Schwarz-Weiss-Rot geschmueckt werden.
In einem Rundschreiben vom 2 5. A p r i l 1 9 3 3 ordnete
der Hauptleiter an, die Werbetaetigkeit von Haus zu Haus
einzustellen und keine Werbeblaetter mehr zu verteilen,
um alles getan zu haben, was im Interesse der Foer-
derung des konfessionellen Friedens und der Volks-
einheit moeglich ist.
Am selben Tage wurde folgende Anordnung des Haupt-
leiters herausgegeben:
A u f n a h m e v o n P e r s o n e n a u s a u f g e l o e s t e n
s t a a t s f e i n d l i c h e n u n d f r e i d e n k e r i s c h e n
O r g a n i s a t i o n e n.
Es ist zu erwarten, dass nunmehr aus genannten Lagern
manche versuchen werden, sich einer Religionsgemein-
schaft anzuschliessen, ohne dabei die Absicht zu haben,
wahres und positives Christentum zu pflegen. Wenn sol-
che Personen unsere Gottesdienste besuchen, ist streng
darauf zu achten, ob sich dieselben auch wirklich von
ganzem Herzen umzustellen suchen und bemueht sind,
wahre Christen und ehrbare Buerger des Staates und
der Gemeinde zu werden. In Zweifelsfaellen wird es
gut sein, die Personalien solcher Personen der zustaen-
digen Ortsgruppe der Nationalsozialistischen deutschen
Arbeiterpartei zur Nachpruefung vorzulegen, ob zu er-
warten ist, dass sich diese Leute innerhalb der Gemeinde
in staatsfeindlichem Sinne betaetigen koennten. Die Auf-
nahme solcher Personen darf erst dann stattfinden, wenn
die Unbedenklichkeitserklaerung der NSDAP vorliegt.
Die letzte Anordnung wurde seit dem 28. J u n i 1 9 3 3
dadurch erweitert, dass in die Gemeinde aufzunehmende
Personen zuvor folgende schriftliche Erklaerung abgeben
muessen:
Ich ersuche, ohne dazu von irgendeiner Seite veranlasst
zu sein, um Aufnahme in die Neuapostolische Gemeinde
und erklaere an Eides Statt, dass ich keiner staatsfeind-
licher Organisation angehoere und auch keine staats-
feindliche Gesinnung habe.
Ferner besagt eine Bestimmung des Hauptleiters vom 1.
A u g u s t 1 9 3 3, die im Interesse der Erhaltung und
Foerderung des Familienfriedens gegeben ist:
Wuenscht ein Ehemann oder eine Ehefrau die Aufnahme
in die Neuapostolische Gemeinde und ist der andere Ehe-
gatte nicht apostolisch, so ist von dem Letzteren die schrift-
liche Genehmigung dafuer beizubringen, dass er gegen die
Aufnahme nichts einzuwenden hat.
Am 1 0. J u l i 1 9 3 3 erliess der Hauptleiter an alle Neu-
apostolische Gemeinden Deutschlands einen Aufruf fuer
eine S p e n d e z u r F o e r d e r u n g d e r n a t i o n a-
l e n A r b e i t, die den Betrag von RM 57.533,35 er-
gab. Ferner leisten von diesem Zeitpunkt ab alle Angestell-
ten der Neuapostolischen Gemeinden Deutschlands eine
freiwillige monatliche Spende zur Foerderung der nationa-
len Arbeit.
Der Hauptleiter hatte die ueberseeischen Vertreter der Neu-
apostolischen Kirche nach Deutschland eingeladen, damit sie
sich neben der Besprechung kirchlicher Fragen von den tat-
saechlichen Verhaeltnissen in Deutschland durch eigene An-
schauung ueberzeugen und im Auslande auch fuer das Deutsch-
tum eintreten koennen. In Verbindung damit fand am 31. J u l i
1 9 3 3 in Frankfurt (Main) eine Kundgebung statt, in welcher
der Leiter der Landesstelle fuer Volksaufklaerung und Propa-
ganda M u e l l e r - S c h e l d vor den Vertretern der Presse
und den in- und auslaendischen Bezirksleitern der Kirche ueber
"Nationalsozialismus und Auslandspropaganda" sprach.
Auch ermahnte der Hauptleiter in einem Rundschreiben vom
1. A u g u s t 1 9 3 3 alle Amtstraeger und Mitglieder der
Neuapostolischen Gemeinde, sich gewissenhaft an die von
ihm gegebenen Anordnungen zu halten, ferner alle abfaelligen
Aeusserungen ueber andere Glaubensanschauungen, deren
Einrichtungen und Diener zu unterlassen.
Die peinlich-gewissenhafte Befolgung aller Anordnungen und
Verfuegungen des Hauptleiters, der seinen Sitz in Deutsch-
land hat, ist Pflicht eines jeden Mitgliedes der Kirche; denn
in ihr ist das Fuehrerprinzip in religioeser Hinsicht in jeder
Weise ausgepraegt.
Am 2 6. S e p t e m b e r 1 9 3 3 forderte der Hauptleiter
saemtliche Neuapostolischen Gemeinden Deutschlands auf,
sich an einer S p e n d e zu beteiligen, die dem W i n t e r-
h i l f s w e r k z u m K a m p f e g e g e n H u n g e r u n d
K a e l t e zugefuehrt werden soll. Diese Spende ergab den
Gesamtbetrag von RM 63.972,55, welcher den zustaendigen
Stellen des W i n t e r h i l f s w e r k e s ueberwiesen wurde.
Ausser diesen schon benannten Spenden wurden von sei-
ten der einzelnen Verwaltungsbezirke namhafte Betraege
zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit und der Not im Winter
gespendet. Die Bezirksleiter und sonstigen Angestellten der
Kirche haben sich ebenso in der Hilfsbereitschaft fuer ihre
notleidenden Volksgenossen finden lassen.
Zum Schluss sei noch erwaehnt, dass nach der Wahl in De-
zember 1929 in D. die kommunistische Partei eine Liste mit
28 Namen von Volksgenossen veroeffentlichte, die fuer die
NSDAP gestimmt hatten, unter dem Motto: S c h l a g t
d i e F a s c h i s t e n, w o i h r s i e t r e f f t ! Unter den
benannten 28 Volksgenossen befanden sich nicht weniger
als 12 Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde.
Ausserdem sei noch auf die Tatsache hingewiesen, dass
schon seit 1921 und 1923 Mitglieder der Neuapostoli-
schen Gemeinde mit dem Fuehrer Freud und Leid ge-
teilt haben. Zwei ihrer Mitglieder haben dabei ihr Leben
gelassen, ueber 60 wurden verwundet und einige infolge
ihrer nationalsozialistischer Betaetigung mit Gefaengnis
bestraft. Dies ist im Verhaeltnis zur Mitgliedschaft der
Gemeinden ein hoher Prozentsatz.
Am 1. D e z e m b e r 1 9 3 3 brachte der Hauptleiter
den Amtstraegern der Neuapostolischen Gemeinden folgen-
des zur Kenntnis:
Das Jahr geht nun rasch zu Ende, aber nicht das, was
es uns gebracht hat. Dankbaren Herzens sehen wir auf
die Geschehnisse im Jahre 1933. Deutschland ist von
der Zersplitterung befreit, Parteiwesen ist nicht mehr.
Millionen arbeitsloser Volks- und Glaubensgenossen
haben wieder Arbeit bekommen, und anderen ist die
Hilfe geworden, indem sie in diesem Winter nicht hun-
gern und frieren muessen.
Aus diesem allen erkennt man aber, was ein Mann ver-
mag, den die Liebe zu dem deutschen Volke trieb, alles
neu zu gestalten.
Wir Neuapostolischen wollen alles daran setzen, die vom
Fuehrer zum Wohl des Volkes getroffenen Anordnungen
gewissenhaft zu befolgen, damit er mit uns keine Sorgen
und Arbeit hat. Dadurch, dass jeder Einzelne an seinem
Platze seine Stellung gewissenhaft ausfuellt, ist dem Fuehrer
und damit dem ganzen Volk am besten gedient.
Was nun das religioese Gebiet betrifft, so haben wir be-
sondere Ursache zur Dankbarkeit. Der Stellvertreter des
Fuehrers hat angeordnet, dass in Glaubenssachen kein
Gewissenszwang ausgeuebt werden darf. Damit hat sich
der Fuehrer ein unvergaengliches Denkmal in unsere Her-
zen gesetzt. Gott segne ihn dafuer auch fernerhin reichlich
mit allem, was er zur Fuehrung des grossen deutschen
Volkes noetig hat.
Diese Ausfuehrungen duerften genuegen, um eindeutig zu
zeigen, dass die Neuapostolische Kirche sowohl v o r wie
n a c h der Machtergreifung unseres Herrn Reichskanzlers
Adolf Hitler alle Voraussetzungen erfuellt hat, die nach dem
Programm der NSDAP unter Punkt 24 gegeben sind.
Frankfurt (Main), im Dezember 1933.
A. Landgraf
Schriftfuehrer des Apostelkollegiums der
Neuapostolischen Gemeinden Deutsch-
lands e. V.
Zurueck zur 3. Reich-index.