EVANGELISCHE KIRCHE
IM RHEINLAND

Rochusstrasse 44
LANDESKIRCHLICHE DIENSTE
D–40479 Duesseldorf/Germany
Referat Sekten- und Weltanschauungsfragen
Fax: 0211 – 3610 - 223
Pfarrer Joachim Keden
Tel: 0211 – 3610 – 0

16. November 1999 k/k

Presse-Mitteilung

Ist die Neuapostolische Kirche (NAK) eine Sekte?

Aus konfessionskundlicher Sicht der Evangelischen Kirche handelt es sich bei der NAK um eine klassische Sekte, deren Gruendungsphase auf das Ende des letzten Jahrhunderts bzw. den Anfang des jetzigen Jahrhunderts zurueckgeht. Unter Sekten in diesem Sinne werden Gemeinschaften verstanden, die mit christlichen Ueberlieferungen wesentliche ausserbiblische Wahrheits- und Offenbarungsquellen verbinden und in der Regel oekumenische Beziehungen ablehnen.

Auch die Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen (ACK) hat diesen Sektenbegriff uebernommen.

Fuer eine Sekte im konfessionskundlichen Sinn gilt:

a. Die Heilige Schrift AT / NT wird als ergaenzungsbeduerftig angesehen, weitere Offenbarungsquellen und Sonderlehren werden ihr an die Seite gestellt oder Teile der Bibel treten in den Hintergrund, weil andere Teile der Bibel zum Schluessel fuer das Ganze erklaert werden.
b. Das ewige Heil wird nicht allein im Glauben an Jesus Christus empfangen. Andere Heilswege und Heilsvermittler treten neben Christus.
c. Das Heil haengt ausschliesslich von der Mitgliedschaft in der eigenen Gemeinschaft ab. Deshalb wird um Uebertritte geworben und die Gemeinschaft mit den uebrigen Kirchen abgelehnt.

Diese Merkmale treffen auch auf die NAK zu:

1. Neben dem Wort der Bibel gelten die Woerter der "Neuen Apostel". Die Behauptung der Neuapostolischen, dass das Wort der Bibel Grundlage des Glaubens sei, wird durch andere Aussagen relativiert und abgewertet. Wichtiger seien naemlich die Woerter der "neuen Apostel", das also, "Was der Herr in der Gegenwart zu verkuenden" habe, was "zeitgemaess" sei. Die Bibel wird als "Gedaechtnisstaette" ("Konserve mit farbigem Aufdruck"), die Predigt der "Apostel" dagegen als "Offenbarungsstaette" ("vitaminreiches Obst") bezeichnet (aus UNSERE FAMILIE, 20.9.1956). "Der Glaube an das Wort des Stammapostels ist fuer uns, in unserer Zeit, die Kraft, der Sieg, der die Welt ueberwindet" (Waechterstimme, 1. 10. 1956).

Dieser Auffassung ist entschieden zu widersprechen. Das Ansinnen der NAK und ihrer Funktionaere, Verfuegungsgewalt ueber das Wort Gottes zu beanspruchen, ist zutiefst unbiblisch (s. dazu KLEINER SEKTEN-KATECHISMUS v. Ruediger Hauth, S. 71).

2. Neben Jesus Christus treten "neue Apostel" und der "Stammapostel" als Heilsvermittler:

Die Behauptung "In der Neuapostolischen Kirche soll das von Jesus begonnene Erloesungswerk durch die von ihm gegebenen Apostel vollendet werden" (Fragen und Antworten, S. 79) verdeutlicht den Anspruch der NAK. In ihrer Mitte gibt es, im Gegensatz zur uebrigen Christenheit, "neue Apostel" und "Stammapostel". Weiter heisst es (in Fragen und Antworten, S. 79 ff) "Durch das Wort der Apostel werden die Glaeubigen nach den vom Heiligen Geist gewirkten Erkenntnissen fuer das ewige Leben zubereitet". Hoch ueber diesen "neuen Aposteln" steht der "Stammapostel". Die Geschichte der NAK zeigt, dass dieser Funktion immer mehr "geistliche" Macht und Autoritaet zugeflossen ist, bis der Inhaber des Amtes gleichsam mit Christus auf eine Stufe gestellt wurde (Ruediger Haut, aaO. S. 69). Von ihm wird sogar behauptet: "Wer den Stammapostel wegwirft, hat damit auch seine Krone weggeworfen. ... Und wer dahin kommt, eine kritische Haltung gegen das Werk des Herrn einzunehmen, gibt seine himmlische Berufung auf" (WAECHTERSTIMME, 15. 9. 1963, s. Ruediger Hauth, aaO. S. 69).

Durch diese Formulierungen wird deutlich, dass die Anerkennung des Stammapostels als heilsnotwendig angesehen wird. Diese Vorstellung laesst sich in der Bibel nicht wiederfinden.

3. Der heilige Geist weht nicht wo er will, sondern er haelt sich fuer die "neuen Aposteln" und den "Stammapostel" zur Verfuegung.

Von der NAK wird behauptet: "in der Gegenwart spenden der Stammapostel und die Apostel der Neuapostolischen Kirche den Heiligen Geist" (Fragen, S. 99ff). Neben der Taufe und dem Abendmahl kennen Neuapostolische das Sakrament der "Versiegelung". Darunter verstehen sie die mechanisch-ritualisierte Weitergabe des "heiligen Geistes" durch einen "Apostel", der dem zu "Versiegelnden" dazu die Haende auflegt und begleitende Worte spricht. Selbst Verstorbene koennen noch in sogenannten "Entschlafenen-Gottesdiensten" versiegelt werden. Die Praxis einer "Versiegelung" findet sich nicht in der Bibel. Allerdings ist des oefteren im Neuen Testament vom "Siegel" als Symbol die Rede. Jedoch ist es Gott selbst, oder Christus, der dieses "Siegel" gibt oder verbuergt. Somit greift die NAK groeblich in die Souveraenitaet Gottes ein, wenn sie den Geist exklusiv an ihre Gemeinschaft bindet und "neuen Aposteln" Verfuegungsgewalt zugesteht (Ruediger Hauth, aao. S. 73).

4. Die Neuapostoliche Kirche sieht sich selbst als "Schlusskirche Christi".

Es wird behauptet: "Die Neuapostolische Kirche ist die Kirche Jesu Christi. Sie ist sein goettliches Gnaden- und Erloesungswerk auf der Erde. .... Sie ist das wieder aufgerichtete Erloesungswerk unseres Gottes ... " (Fragen und Antworten, S. 77). Die Mitgliedschaft in dieser Gemeinschaft wird als heilsnotwendig angesehen. In ihr "soll das von Jesus begonnene Erloesungswerk durch die von ihm gegebenen Apostel vollendet werden" (Fragen und Antworten, S. 79). Die NAK will nicht eine Kirche unter anderen sein, sondern die Kirche. Somit fuehrt die Mitgliedschaft mehr oder weniger garantiert zum ewigen Leben. Nur die eigenen Mitglieder werden als "Kinder Gottes" im Vollsinne des Wortes angesehen. Erwaehlt ist also nur eine kleine Schar inmitten der grossen Menschheit, und diese Schar findet sich – ausschliesslich ! – in der NAK (Ruediger Hauth, aao. S.65 und Andreas Fincke, EZW-Texte 146/99, S. 18).

Besonders dieses elitaere Selbstverstaendnis machen Kooperationen und oekumenische Bemuehungen unmoeglich. Die NAK hat sich in eine selbstgewaehlte sektenhafte Isolation begeben, aus der sich nur schwer herausfinden laesst.

gez.: Joachim Keden

Literatur:

Hauth, Ruediger: Kleiner Sekten-Katechismus, R. Brockhaus-Verlag

Fincke, Andreas: EZW-Texte 146/99

"Fragen und Antworten ueber den neuapostolichen Glauben", Hrsg.: Johann G. Bischoff, Frankfurt/Main, Ausgabe 1971

"Waechterstimme – Zeitschrift zur Foerderung der Glaubenslehre der Neuapostolischen Gemeinden", Frankfurt/Main, Halbmonatsschrift.

Zurueck zur Was sagen die anderen-Index.

Free Web Hosting