Brief (19.11.1996) von Erwin Meier-Widmer an BezAp Dessimoz.

Lieber Peter,

in Nuertingen sagte der Stammapostel Fehr am 10.12.1995 im Beisein aller
europaeischen Bezirksapostel:
"Wir lassen uns nicht auf die Anklagebank setzen!"
Wer ist dieses "wir"? Ist das Richard Fehr und die frueheren Stammapostel?
Ist das der Stammapostel und saemtliche Bezirksapostel. Oder ist es das gesamte
Apostelkollegium?

Wie dem auch sei - Ihr (Ihr!) habt uns, das Volk Gottes, mit der Bischoffschen
Botschaft 45 Jahre lang angelogen! Aber noch laenger habt Ihr den Sendungs-
befehl Jesu nicht weisungsgemaess ausgefuehrt. Und noch laenger ist es her,
seit ihr ein sichtbares Haupt, den Stammapostel, erfunden und gleichzeitig
das Prophetenamt mundtot gemacht habt. Und wohl am laengsten schon duerfte
sich die Irrung halten, aus scheinbarer "apostolischer Vollmacht" heraus
missliebige Glaeubige aus der Gnade Jesu und seiner Kirche ausschliessen zu
duerfen.

Jede dieser hier aufgefuehrten Beanstandungen wurde fuer sich allein schon
begruenden, dass Euch nicht laenger blindes Vertrauen geschenkt werden
darf
. Die Apostel der Neuapostolischen Kirche haben sich mit ihrer Lehre
(Apostellehre) und ihrem Selbstverstaendnis (Satzungen der Apostel) immer mehr
von der reinen Jesulehre entfernt und verfallen immer mehr in ein ichbezogenes
Eigendasein. Sektierertum?

Wir (Wir!) fordern daher:
Einfuehrung bzw Wiedereinfuehrung eines Aeltestenrates, dessen Aufgabe darin
besteht, ueber die Reinheit und die gewissenhafte Einhaltung der Jesulehre zu
wachen. Die Apostel sind dem Rat Rechenschaft schuldig. Die Aeltesten werden von
der Basis auf Vorschlag hin fuer eine bestimmte Zeit gewaehlt. Nicht waehlbar in
diesen Rat sind die Apostel, die Bischoefe und die Bezirksaemter.

Die Verwaltung der Kirche sowie das Finanzwesen wurden bisher vom Stammapostel und
den Bezirksaposteln (mit ihren Sekretariaten und Arbeitsgruppen) bewerkstelligt.
Ohne auf die bisherige Misswirtschaft und die egozentrische Ausnuetzung der
Kollektengelder eingehen zu wollen, sei festgehalten, dass die Apostel fuer diese
Aufgaben weder Auftrag, noch Ausbildung oder Faehigkeit haben. Das in der Heiligen
Schrift erwaehnte Wort "Haushalter" bezieht sich auf "Haushalter ueber Gottes
Geheimnisse" und hat mit der Verkuendigung des Wortes Gottes aus dem Heiligen
Geist zu tun, und nicht, wie von den Aposteln stillschweigend -aber irrig- ange-
nommen wird, mit der Finanzverwaltung. Jesus hat sich nie selber mit "dem Beutel"
befasst.

Wir fordern daher:
Die Apostel Jesu haben sich auf den ihnen im Sendungsbefehl gewordenen Auftrag zu
besinnen und ihm in immer vollkommener Weise nachzuleben. Insbesondere der Seel-
sorge, Betonung auf -sorge, sollte vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Auch das Vorleben all dessen, was ihnen Jesu befohlen hat, muss vermehrt sichtbar
werden. Fuer die Verwaltungsgeschaefte der Kirche sind spezifisch dafuer ausge-
bildete und befaehigte Brueder voll Heiligen Geistes im Anstellungsverhaeltnis
einzustellen. Arbeitgeber ist die Kirche, geschaeftsfuehrendes Organ in Personal-
fragen ist der Aeltestenrat. Die Verwaltung ist dem Rat Rechenschaft schuldig.
Ueber die Verwendung der Gelder beschliesst auf Antrag der Verwaltung der Ael-
testenrat.

Was das Stammapostelamt anbetrifft, folgendes:
Dem Stammapostelamt fehlt in der Kirche Jesu jegliche biblische Begruendung, und
zwar sowohl vom Wort als auch vom Sinn her. Das Besondere am Amt des Petrus bezieht
sich weder auf einen der ehemaligen Staemme Israels noch auf die Vorstellung eines
Baumes mit Wurzel, Stamm und Krone. Das Bild, das Jesus verwendet hat -und nur
dieses ist massgebend- bezieht sich einerseits auf den Weinstock und andererseits
auf den Felsen: Ich (Jesus) bin der Weinstock und ihr (die Apostel) seid die
Reben. Der Weinstock hat einen unsichtbaren und einen sichtbaren Teil: die Wurzel
und den Rebstock. Direkt aus diesem sichtbaren Stock wachsen alle Reben
eigenstaendig heraus. Jeder Apostel muss (kategorischer Imperativ!) direkt aus Jesus
hervorgehen und mit ihm verwachsen sein - nur so bringt er viel Frucht.
Von einem dazwischengeschaltenen Stamm hat Jesus nie etwas gesagt. Das andere Bild
bezieht sich auf den Felsen, den unwankbaren, festen Grund oder die sich nie veraen-
dernde Jesulehre (ohne jegliche Zusaetze). Darauf kann Christus seine Gemeinde bauen,
aber nicht auf einen Stamm. Voraussetzung fuer diesen besonderen Amtsauftrag war und
ist und bleibt die uneingeschraenkte Liebe zu Jesu. Nebenbei bemerkt: "Wer mich liebt,
haelt meine Gebote".

Wir fordern:
Die unbiblische und unkorrekte Amtsbezeichnung "Stammapostel" ist zu ersetzen zB
durch Felsenapostel (oder aehnliches).

In der Urkirche ist es nie vorgekommen, dass Petrus oder ein andere Apostel jemals
einen kuenftigen Amtsbruder selber erwaehlt haette. Die Erwaehlung ist allein
Sache des Herrn, der auf das Herz sieht. Gerufen wurden kuenftige Seelsorger durch
Jesus persoenlich oder durch Prophetie. So war es auch von Anbeginn unserer Kirche
im Omega bis zum Zeitpunkt, als das Stammapostelamt erfunden wurde.

Wir fordern:
Zukuenftige Amtstraeger werden vom Apostel eingesetzt. Das Amt selber kommt nicht
aus dem Apostelamt, sondern vom Herrn. Die Rufung der Amtstraeger erfolgt durch
Prophetie. Die Propheten im Land sind auch heute noch vorhanden, aber sie durften
seit Stammapostel Krebs nichts mehr sagen. Sie sollen -angeregt durch den Heiligen
Geist- wieder reden duerfen.

Die vom Herrn uebergebene Amtsstufe bleibt, aber der Amtsauftrag ist zeitlich
limitiert.

Wir fordern:
Der Amtsauftrag erlischt, sobald die koerperlichen, seelischen oder geistigen
Kraefte den vollen Einsatz gemaess Sendungsauftrag nicht mehr zulassen oder spaetestens,
wenn das Alter von 70 Jahren erreicht ist. Dies gilt insbesondere auch fuer den Nach-
folger Petri. Auch die freiwillige Rueckgabe des Amtsauftrages ist moeglich.

Lieber Peter, dies sind einige unserer wesentlichen Forderungen, grob skizziert,
ohne Details und ohne Anspruch auf Vollstaendigkeit. Fuer die grundsaetzliche Akzep-
tierung durch den Stammapostel oder das Apostelkollegium geben wir eine Frist bis
laengstens Pfingsten 1997.

Wenn Du mir zu diesem Brief etwas berichten moechtest, bitte ich Dich um die schrift-
liche Form (aus bekannten Gruenden).

Mit bestem Dank und

vielen Gruessen
Dein

(gez.) Erwin




Beilagen:
- Bildliche Darstellung eines Weinstockes aus biblischer Zeit zum Thema: "Ich bin der
Weinstock, ihr seid die Reben." Aus den Abschiedsreden Jesu nach Evangelium Johannes,
Kapitel 14 und 15.
- Synopsis: Weinstock und Obstbaum.
Eine Gegenueberstellung der Beziehung Jesus-Apostel
a) in der Urkirche
b) in der Neuapostolischen Kirche

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