Brief (15.6.1996) von Erwin Meier-Widmer an Stammapostel Fehr.
Schaffhausen, den 15. Juni 1996
Lieber Stammapostel und Freund Richard,
Herzlichen Dank fuer Deinen freundlichen Brief. Ich habe zwar auf mein Schreiben vom 26.
5.96 keine Antwort erwartet; diese wuerde ich dann gerne auf meine Expertise hin empfangen.
Nur bin ich im Moment noch mit viel Schreibarbeit im Rahmen meines Leidens beschaeftigt.
Ich habe Dir geschrieben, dass Stap. J.G. Bischoff nicht recht gluecklich sei, und Du schreibst
mir, ich waere nicht gluecklich. Letzteres stimmt zwar auch, aber ich kann mich wehren und
etwas tun dagegen, J.G. Bischoff vermutlich nicht, jedenfalls nicht im gleichen Rahmen.
Du meinst, die Botschaft haette niemandem geschadet. Da irrst Du Dich gewaltig. Alles
Unrecht schadet! Z.B. hat es mir sehr geschadet, und ich habe sehr darunter gelitten, als ich
mitansehen musste, wie man den ersten Vorsteher von Odessa, einen jungen Arzt, anfangs
1992 von BAp Dessimoz eingesetzt (nachdem er erst drei Gottesdienste besucht hatte),
durch Intrige einige Monate spaeter wieder abgesetzt hat (Ap Keller). Das hat mich mehr
geschmerzt, als waere solches mir passiert. Dieser junge Priester, zu dem ich ein herzliches
Verhaeltnis aufgebaut habe, wurde von einigen aus unserer Mission sehr ungerecht behan-
delt. Niemand ist ueber jenes Geschehen so gut im Bild wie ich. Rostislaw kommt heute
nicht mehr zum Gottesdienst, und das schmerzt mich noch mehr. Waere Dir solches egal?
Der junge Vorsteher stand damals am Sonntag nach der Einsetzung am Altar und hat Got-
tesdienst mit Abendmahl gehalten. Er hatte nicht einmal die schriftlichen Leitgedanken.
Bring mir mal hierzulande einen Akademiker, der solches nachmacht. Solchen Glauben
und Vertrauen gibt es hier nicht mehr.
Am lieben Gott fehlt es niemals, aber an seinem Bodenpersonal! Dies hab ich doch haut-
nah erlebt, und seither bewegt mich manches sehr. Begangene Fehler sollte man erst mal
einsehen, dann bereuen und dann den Vorsatz fassen, sie nicht mehr zu tun. Das waere
dann echte Busse. Und dann kaeme im Anschluss eine gewisse Gutmachung hinzu.
Aber... "die Wahrheit ist ein staerker Trank, und wer sie braut, hat selten Dank."
Du moechtest doch nicht in Ernst sagen, einige fuehrende Maenner haetten Stamm-
apostel werden wollen, nachdem am 1.8.48 bereits ein Stammapostel eingesetzt
worden war (nicht Stap-Helfer), und zwar nach den Satzungen des Apostelkolle-
giums, und dann erst noch einstimmig gewaehlt, also auch von Stap J.G. Bischoff?
Meinst Du, es gaebe nicht auch heute viele Bischoefe, die Apostel (und mehr) werden
moechten, oder Apostel, die Bezirksapostel (und mehr) werden moechten? Das ist
heute nicht anders, denn auch dieser Geist ist immer noch da. Es sehen's nur nicht alle.
Aber, was hat dies mit dem Urspung der Botschaft zu tun? Ich beweise Dir persoenlich,
dass sie nicht goettlichen Ursprungs war. Weiter denke ich, lieber Richard, Vergangen-
heitsbewaeltigung kann man nicht vollbringen, indem Du den Rat gibst, diese Angelegen-
heit in Ruhe zu lassen. Diese Haltung sollte laengst ueberwunden sein. Man muss dar-
ueber reden! Und ich will dies mit Dir tun, nicht mit der Opposition, weil ich meine,
dass Du als erster einmal einige Zusammenhaenge aufgezeigt bekommen solltest, die
Dir noch niemand gezeigt hat. Deshalb moechte ich auch bitten, mit Vorurteilen noch
zuzuwarten, bis Du die Expertise in den Haenden hast.
Soviel fuer heute. Und vergiss bitte nicht, ich bin genau wie Du am gesegneten Fort-
gang des Werkes Gottes interessiert.
Mit lieben Gruessen,
(gez.) Dein Erwin
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