Bericht aus der "Duisburger General Anzeiger", Dienstag, den 25. Januar 1955.

Auch die Duisburger Bezirksleiter warnten: VORSICHT MIT DEM UNSTERBLICHKEITS- DOGMA!
Jetzt hat sie der Stammapostel entlassen. Riss durch die Neuapostolische Kirche.
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WILHELM FUERSTENAU und FRIEDRICH BLUME, die Leiter der insgesamt etwa 5000 Seelen zaehlenden Neuapostolischen Bezirke im Norden und Sueden unserer Stadt, duerfen seit Sonntag offiziell nicht mehr ihres Amtes walten. J.G. Bischoff, der Hauptleiter der Neuapostolischen Kirche fuer Deutschland und zugleich auch als 'Stammapostel' autoritaeres Oberhaupt der Gliedkirchen in aller Welt, hat ihnen, und den anderen zehn Bezirksleitern in Nordrhein-Westfalen, sowie den DEHMEL, und ERNST DUNKMANN am Sonntag in Frakfurt den Stuhl vor der Tuer gesetzt.

Die so ihrer Aemter enthobenen und aus der Kirche ausgeschlossenen Landes- und Bezirksleiter sind im Augenblick dabei, eine separate apostolische Gemeinde fuer das Land NRW zu gruenden und in ihr die Glaeubigen zu sammeln, die sich mit ihnen solidarisch erklaeren. Wilhelm FUERSTENAU fasste die Stellungnahme der Bezirksleiter in folgenden Worten zusammen: "Nach wie vor stehen wir zu den Landesleitern KUHLEN, DEHMEL und DUNKMANN und zu der von diesen verkuendeten Lehre Christi!"

Der Aufsehen erregende Entschluss des Hauptleiters in Frankfurt wurde ausgeloest durch einen "Brief der Apostel, Bischoefe und Bezirksaeltesten des Apostelbezirks Duesseldorf an den Stammapostel", also an Hauptleiter Bischoff, in welchem die nunmehr entlassenen Landes- und Bezirksleiter nach reiflicher Gewissensforschung oeffentlich die Konsequenzen aus einer Entwicklung ziehen, die bereits vor drei Jahren ihren Anfang genommen hat.

Noch zu Lebzeiten...

Im Weihnachtsgottesdienst des Jahres 1951 in der Gemeinde zu Giessen verkuendete Hauptleiter Bischoff den Glaeubigen als Botschaft und Dogma, der Herr habe ihn wissen lassen, er - der Hauptleiter - werde nicht mehr sterben und Jesus werde noch zu seiner Lebzeit wiederkommen, um die Seinen zu sich zu nehmen.

Die nordrhein-westfaelischen Landes- und Bezirksleiter stelten nun in ihrem Brief vom 6. Januar mit den Ausdruck tiefen Bedauerns fest, dass von hoechsten Stellen und damit auch in allen Zeitschriften der Neuapostolischen Kirche mit zunehmender Deutlichkeit "der Schwerpunkt der Arbeit an den unsterblichen Seelen" vielfach nicht vornehmlich auf die stetige Bereitschaft gelegt wird, Christus entgegenzugehen, sondern auf die Verkuendigung der dogmatischen These: "Der Stammapostel stirbt nicht, der Herr kommt zu seiner und zu unserer Lebzeit!"

Das aber bedeutet nicht mehr und nicht weniger als die Botschaft von der Unsterblichkeit des Hauptleiters Bischoff in Frankfurt, der bereits 84 Jahre alt ist.

Die Duisburger Bezirksleiter und ihre Amtsbrueder in NRW moechten jedoch nicht "in den Fehler verfallen, den so manche Religionsgemeinschaft in der Vergangenheit damit gemacht hat, dass sie die Wiederkunft Christi zu einem bestimmten Zeitpunkte verkuendigte; denn dazu hat sich der Herr niemals bekannt." Waehrend in der Schweiz, in Holland und im Saarland bereits zu aehnlichen Reaktionen wie dieser gekommen ist, haben sich die Landesleiter ausserhalb NRW bislang nicht oeffentlich zu dem Giessener Dogma geaeussert -- "aus lauter Angst in Ungnade zu fallen", wie es dazu heisst. "Heuchelei und Augendienerei" seien die Folgen.

ILLIG starb doch!

Die Unterzeichneten erinnern daran, dass Hauptleiter Bischoff am 22. Juni 1947 in einem grossen Gottesdienst in Dinslaken, an dem auch mehr als 4500 Glaeubige aus Gross-Duisburg teilnahmen, erklaert hat, mehrere Angehoerige der Neuapostolischen Kirche haetten bereits die Verheissung vom Herrn empfangen, dass sie nicht mehr sterben, sondern verwandelt werden wuerden. Bezirksaeltester ILLIG aus Frankfurt aber, im internen Gespraech von Bischoff ausdruecklich zu diesen gezaehlt, sei am 10.8.1950 dennoch gestorben.

Auch unerfreuliche Zwischenfaelle in Gottesdiensten werden erwaehnt, die darauf zurueckzufuehren seien, dass mit allen Mitteln - nach Art einer "von oben gefoerdeten Revolution" - versucht werde, das Dogma von der Unsterblichkeit des Hauptleiters auch in Bezirken mit skeptisch- zurueckhaltenden Leitungen durchzudruecken. In Duisburg ist es ebenfalls zu erregenden Szenen in Gottesdiensten gekommen, doch verbietet es sich von selbst auf diese sehr internen Vorgaenge ausfuehrlich einzugehen.

Wesentlich ist, dass echte Fragen des Glaubens und des Gewissens im Brennpunkt stehen.

Der Riss geht mitten durch alle Bezirke des Landes NRW mit ihren insgesamt 48.000 Seelen. Das sind mehr als zehn Prozent der rund 420.000 Glaeubigen der NAK in der Bundesrepublik.

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