Artikel "Aufruhr bei den Neuapostolischen", von Dr. Kurt Hutten. Sonderdruck aus "Evangelisches Gemeindeblatt fuer Wuerttemberg", 49. Jahrgang Nr. 4 vom 23. Januar 1955.

Spaltungen und revoltierende Apostel

Seit einigen Jahren wird die Neuapostolische Gemeinschaft von schweren inneren Erschuetterungen heimgesucht. Hier einige Tatbestaende: In  H o l l a n d   wurde sie durch ganze Serien von Spaltungen foermlich zersetzt. Der weitaus groesste Teil, 27000 bis 30000 Seelen, loeste sich von der Neuapostolischen Gemeinschaft und sammelte sich in eigene Organisationen. Und auch noch die verbliebene Restgruppe von etwa 6000 Mitgliedern ist zerrissen und hat nur noch die Unterstellung unter den Stammapostel Bischoff in Frankfurt gemeinsam. In  D e u t s c h l a n d  wurde nach 1945 die Reihe der Abspaltungen durch den Bezirksaeltesten Jakob Bitsch eroeffnet, der 1949 im Raum von Suedhessen und Nordbaden 21 neuapostolische Gemeinden mit etwa 1000 Seelen in einer eigenen Gemeinschaft, "Christen unserer Zeit", vereinigte. Dann brach eine schwere Krise unter den Neuapostolischen des Saarlands aus. Sie fuehrte im Jahre 1951 zum Ausschluss von 1200 bis 1500 Mitgliedern, die als "die verstossenen Schwestern und Brueder der neuapostolischen Gemeinden im Saarland" in einem monatlichen "Rundschreiben" schwere Anklagen gegen den Stammapostel richteten.

Dann griff die Krise nach der  S c h w e i z  ueber. Hier war der Bezirksapostel Ernst Guettinger, der seinen Bezirk mit rund 30000 Seelen zu grosser Bluete gefuehrt hatte, 1951 in den Ruhestand versetzt worden, weil er sich mir Vorschlaegen fuer eine staerkere Demokratisierung der stammapostolischen Leitung in Frankfurt missliebig gemacht hatte. Nachfolger sollte sein Sohn Otto Guettinger, Apostel in Zofingen, werden. Aber er wurde das Opfer eines haesslichen Kesseltreibens und bekam am 11. Juni 1954 die Mitteilung, dass er abgesetzt sei. Erbitterte Auseinandersetzungen in den Gemeinden, die da und dort sogar in Taetlichkeiten ausarteten, endeten mit der Gruendung einer eigenen Gemeinschaft, der "Apostolischen Gemeinde", unter O. Guettingers Leitung. Auch sein Vater Ernst Guettinger nahm im November 1954 seine Amtstaetigkeit wieder auf - an der Seite seines Sohnes gegen den Stammapostel - und zwischen der Schweizer und der Saarlaender Gruppe kam es zu einer engeren Verbindung.

Otto Guettinger hatte die Vorgeschichte seiner Amtsentsetzung in einer Schrift "Manifest ueber die Zustaende und Tendenzen in der Neuapostolischen Gemeinde" dargelegt. Diese Schrift, die bitterschwere Vorwuerfe gegen den Stammapostel und den ihn umgebenden Kreis enthielt, wurde ins Englische uebersetzt und unter den Neuapostolischen in   S u e d a f r i k a  verbreitet. Hier bildete sich 1954 ein weiterer Krisenherd. Die drei Apostel Schlaphoff, Malan und Erasmus, die den etwa 50000 Seelen zaehlenden Gemeinden dieses Landes dienten, wurden abgesetzt. An ihrer Stelle wurden im Sommer 1954 zwei Apostel eingesetzt, die Gewaehr fuer ihre Treue zum Stammapostel boten, aber von den Amtsentsetzten als "Judas-Apostel" bezeichnet wurden. Einer von diesen neuen Aposteln, Swarts in Kapstadt, legte nach wenigen Monaten sein Amt wieder nieder. Die Masse der Gemeinden steht hinter den Abgesetzten. Es kriselt auch anderwaerts, so in Frankreich und Suedamerika, und es duerfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch die neuapostolischen Gemeinden in der Bundesrepublik davon ergriffen werden.

"Diabolische NAG-Gestapo"

Es muessen fuer einen Neuapostolischen schon ganz zwingende Noete vorliegen, bis er sich in eine Opposition gegen den Stammapostel treiben laesst. Denn er ist ja dahin belehrt, dass der Stammapostel als der Traeger des Heiligen Geistes die schlechthin unerschuetterliche Autoritaet ist. Er ist der hoch ueber den gewohnlichen Menschen stehende Fuehrer des "Erloesungswerks Gottes" auf Erden. Er uebt das "Amt der Versoehnung". Er ist der Mittler der Gnaden. Er hat die Vollmacht, das "zeitgemaesse Wort Gottes" zu verkuenden, das gleichrangig neben der Heiligen Schrift steht. Er empfaengt neue Offenbarungen Gottes fuer die Gegenwart. Er ist der Herr ueber die Apostel. Er ist der Weinstock, und sie sind die Reben. Wer sich von ihm trennt wird handlungsunfaehig und muss verdorren. Wer seinem Wort nicht glaubt, widersteht dem Heiligen Geist. Wer abfaellig ueber seine Offenbarungen spricht, laestert den Heiligen Geist und macht sich des ewigen Gerichts schuldig.

Der Stammapostel ist also fuer seine Glaeubigen die Pforte zu Seligkeit und der Herr ueber ihr Heil. Darum bedeutet es schon etwas, wenn ein Neuapostolischer oder gar ein Apostel sich gegen ihn empoert. Um so ernster sind die im Gang befindlichen Spaltungen zu beurteilen.

Welche Gruende und Noete stehen dahinter? Wenn man die Anklagen der Abgefallenen und Ausgestossenen liest, dann stoesst man zunaechst auf Misstaende, die durchweg in menschlichen Unzulaenglichkeiten liegen. Es gibt im Kollegium der Apostel allerlei Ungutes: Rivalitaeten, Raenkesucht, Unaufrichtigkeit, Macht- und Geltungsgetriebe. Das hat zur Bildung einer   C l i q u e  v o n  A p o s t e l n   gefuehrt, die den engen Vertrauenskreis des Stammapostels bilden, ihm umschmeicheln und ihm mit devotem Eifer untertan sind. Diese Clique, zu der auch der Sohn des Stammapostels, der Apostel Fritz Bischoff, gehoert, staenkert gegen andere Apostel, die geistlicher und innerlicher gerichtet sind oder sich eine selbstaendige Meinung bewahrt haben und nicht jedes Augenzwinkern des alten Mannes in Frankfurt als goettliche Willensaeusserung betrachten. Mit handfesten Mitteln, staemmig und skrupellos, werden diese noch eigenwuechsigen Naturen bekaempft. Otto Guettinger gibt in seinem "Manifest" allerlei Beispiele von ueblen Kampfmethoden unter Maennern, die sich nach aussen als "Brueder" anreden und hinterherum mit Hass und Verleumdung gegen die anderen operieren. Er spricht von "Wuehlern, die mit Nazi-Methoden arbeiteten", von "Gesinnungsschnueffelei", von "Fuenfter Kolonne", von einer "raffinierten, diabolischen, NAG-Gestapo" (NAG bedeutet Neuapostolische Gemeinde). Ehemalige Nationalsozialisten, die nach 1945 das braune mit dem weissen Hemd gewechselt, aber die Gesinnung der Braunhemden bewahrt haetten, seien in die hoechsten Aemter der NAG gekommen, z. T. Umgebung und Einflussphaere des Stammapostels geworden. Wer diesen "uebertuenchten Totengraebern" nicht liniengetreu genug sei, werde beim Stammapostel angeschwaerzt. "Man verdreht einem das Wort im Munde, man rapportiert Geschautes, Erlauschtes und Erdichtetes nach 'oben', und wenn 'oben' mal einer unangenehm aufgefallen ist, dann hat er nichts mehr zu lachen. Er mag dann nach 'oben' mit gefalteten Haenden kriechen, er wird mit geballten Faeusten von dannen gehen. Die Laurer und Berichterstatter und Spione aber werden gedeckt, bemuttert und gefoerdert. Es wird ihnen alles geglaubt."

Der "Greuel der Verwuestung"

Hier wird ein deutlicher Vorwurf  g e g e n  d e n   S t a m m a p o s t e l  s e l b s t  laut: dass er sich den Ohrenblaesereien seiner Guenstlinge oeffnete und, statt unparteiisch seines Amtes zu walten, ihren Machenschaften seine Hand und seine Autortitaet liess. Er verfuht mit denen, die bei ihm denunziert wurden, nicht so, wie es einem Mann geziemt, der Christi Stellvertreter und Traeger des Heiligen Geistes zu sein beansprucht. Langjaehrige und hohe Amtstraeger setzte er ab und gab ihnen keine Gelegenheit, sich gegen anklagen zu rechtfertigen. Gegebene Versprechungen hielt er nicht. Flehentliche, ja winselnde Bitte um Gehoer beantwortete er nicht. So erschien er denen, die von seinem Bannstrahl getroffen wurden, nicht als ein guetiger Hirte seiner Schafe, sondern als ein ungerechter, hartherziger Richter.

Ist ein Mann, der sich so unbruederlich verhaelt, ein wuerdiger Traeger seines hohen Amtes? Es wurden sehr harte Worte gegen ihn geschrieben. Der suedafrikanische Apostel Erasmus forderte ihn zum Ruecktritt auf, da er mit seiner Amtsfuehrung die Neuapostolische Gemeinschaft zerstoere: "All die Ungerechtigkeit und hintertriebene Arbeit, die jetzt in der ganzen apostolischen Welt getan werden, sind fuer mich unertraeglich. Dazu verweise ich auf Gal. 2, 4, laut welchem Schriftwort sich Paulus dem Apostel Petrus entgegenstellte, weil dieser getadelt werden sollte. Gleicherweise trete ich Ihnen entgegen." Der Stammapostel aber setzte ihn ab. Die Saarlaender sprachen von ihm als den "Greuel der Verwuestung", der an heiliger Staette steht. Sie brandmarkten seine Amtsanmussung: "Er macht sich selbst zu Gott oder laesst sich gern dazu machen." Er nennt sich Weinstock oder Haupt des Leibes Jesu. Kein Urapostel konnte und wollte Jesus als den Weinstock ersetzen. "Heute aber braucht man in Frankfurt den Herrn Jesus nicht mehr als Weinstock, der Stammapostel will selbst Gottes- und Menschensohn, Weinstock und Lebensbrot sein." Und seine Apostel-Kollegen? "Sie schnappen und nicken wie die gefuehllosen Roboter zu diesem Treiben Ja und Amen. Dann haben sie doch wenigstens ihre Ruhe und ihr Gehalt. Fritz Bischoffs Geldbeutel ist wie ein Magnet. Er zieht an und haelt fest. Er macht Koepfe nicken, selbst wenn es zum Unrecht ist. Hauptsache ist fuer viele, dass sie gut und sorgenlos leben koennen. Ob Tausende weinen und bluten, stoert sie nicht."

Diese harten Saetze zeigen, wie tief heute der Abgrund zwischen den Glaubensgenossen von gestern klafft. Sie enthalten zugleich einen   W i d e r s p r u c h  g e g e n  d i e   V o l l m a c h t e n  die der Stammapostel wahrnimmt: weil dadurch nicht nur die anderen Apostel, die doch "Botschafter an Christi Statt" sein sollen, zu blossen "Vereinsfunktionaeren" degradiert werden, sondern weil Christus selbst verdraengt und durch den Stammapostel ersetzt werde. O. Guettinger stellte fest, dass in der Schrift nichts von einem Stammapostel stehe und dass die Neuapostolische Gemeinschaft eigentlich ihr Glaubensbekenntnis aendern muesste, etwa so: "Ich glaube an den Stammapostel als den groessten Menschen, der je ueber die Erde ging; ich glaube, dass er der Prophet aller Propheten und Zeiten ist, dass er Unsterblichkeit hat, Haupt und Weinstock der Gemeinde des Herrn ist, dass es ausser ihm kein Heil gibt, dass die Apostel nur seine Gehilfen sind, dass er die Braut heimfuehrt und dass, wer nur in Gedanken wider dessen unfehlbare Lehre ist, ewig verlorengeht und sich der Suende wider den Heiligen Geist teilhaftig macht."

Die Verhimmelungen, die der Stammapostel sich von seinen Anhaengern gefallen laesst, werden angeprangert: "Einer sucht den anderen in der Schmeichelei zu uebertreffen. Man zaehlt schon wievielmal jeder 'Stammapostel' sagt. Man kriecht und buckelt, man heuchelt und schmeichelt, der Herr wird vertrieben und ist nichts mehr - aber der Stammapostel ist alles. Er ist der Herr selbst", schelten die Saarlaender. Und aus Suedafrika schreibt eine Frau, ihr Apostel sei seit seinem Besuch in Frankfurt ganz verwandelt. "Im Gottesdienst erzaehlt er z.B. wohin ihm der Stammapostel beim Abschied einen Kuss gegeben habe", damit die Leute sehen, wie sehr ihn dieser liebe. "Was die Amtsbrueder in den Gottesdiensten erzaehlten, kann man schon lange auswendig. Ganz selten wird etwas von Jesus hoerbar oder vom Geist der Bergpredigt. Dafuer wird vom Stammapostel geruehmt ohne Ende. Es gleicht bald einem frueher sattsam bekannten Heil-Heil-Rufen. Meine Seele findet in solchen Gottesdiensten weder Erquickung noch Seligkeit."

Eine gefaehrliche Prophezeiung

Ein letzter Stein des Anstosses ist die Behauptung des Stammapostels, dass  n o c h  z u  s e i n e r  L e b z e i t   C h r i s t u s  w i e d e r k o m m e n   werde. Erstmals sagte er dies an Weihnachten 1951 mit dem ausdruecklichen Bemerken, das sei nicht seine private Meinung, sondern er habe es "als eine Offenbarung von Seiten unseres Gottes dem Volke Gottes mitzuteilen". Seither bildet dies in jeder seiner Ansprachen das zentrale Thema: Er, Bischoff, sei von Gott beauftragt, das Erloesungswerk auf Erden abzuschliessen und die Glaeubigen, die sich ihm in kindlichem Gehorsam anschliessen, noch vor dem Ausbruch der apokalyptischen Schrecken als die Brautgemeinde dem Herrn entgegenzufuehren. Wer aber seine "Offenbarung" nicht glaube, der werde zu den toerichten Jungfrauen gerechnet und dem Gericht verfallen.

Diese Botschaft wird nun seit Jahren auch durch die Apostel und sonstigen Amtstraeger unermuedlich den Glaeubigen eingepraegt. Die Amtstraeger sind angewiesen sie in den Mittelpunkt jedes Gottesdienstes zu stellen; mindestens eine Viertelstunde muss in jeder Predigt davon als von der groessten Offenbarung Gottes seit Christus gesprochen werden. Jedem Amtstraeger, der noch letzte Zweifel dagegen hegt, wird die Niederlegung seines Amtes nahegelegt.

Dieses apokalyptische Trommelfeuer verfehlte seine Wirkung nicht. So erklaerte z.B. eine Frau: "Wenn der Stammapostel, entgegen meiner festen Ueberzeugung, doch sterben wuerde, so wuerde ich, ehe dies im Publikum ruchbar wuerde, hingehen und mich erhaengen." Ein Mann sagte: "Wuerde der Stammapostel sterben, so ginge ich in keine Kirche mehr hinein; ich wuerde an jeder Religion zweifeln, ja ich muesste verzweifeln."

Dem Stammapostel ist es also gelungen, mit seiner selbstsicher vorgetragenen "Offenbarung" eine gluehende Wiederkunftserwartung zu erzeugen, auf die sich seine Glaeubigen mit ihrer ganzen Inbrunst geworfen haben. Wehe, wenn sie nicht in Erfuellung geht! "Zu meiner Lebzeit", sagt der Stammapostel unentwegt. Und er ist jetzt immerhin 84 Jahre alt!

Schon wirkt die kommende Krise ihre Schatten voraus. Es wird bezweifelt, ob der Stammapostel tatsaechlich eine echte Offenbarung erhalten hat. Denn sie stuende ja im Wiederspruch zur Schrift, die keine Auskunft ueber das "Wann" der wiederkunft gibt, sondern im Gegenteil sagt: "Des Menschen Sohn wird kommen zu einer Stunde, da  i h r ' s   n i c h t  m e i n e t."

Mehr noch, es wird gefragt, ob der Stammapostel selbst sich nach seiner "Offenbarung" richtet. Denn er, der schon vor dem zweiten Weltkrieg und nach 1945 die Wiederkunft immer wieder kurzfristig erwartet hatte, sorgte gleichzeitig durch eine umfangreiche vermoegensrechtliche Transaktion fuer seine Familie. Seinem Sohn Fritz Bischoff uebereignete er 1950 die Allein-Druck- und Verlagsrechte fuer die Neuapostolische Gemeinde auf die Dauer von 25 Jahren. Dieser Verlag mir Druckerei in Frankfurt beschaeftigt immerhin 90 Angestellte und Arbeiter und hat einen Jahresumsatz von 2 Millionen DM. Der also fuer 25 Jahre mit einem gutgehenden Unternehmen bedachte Sohn und Apostel Fritz Bischoff aber betont zugleich eifrig die dichte Naehe des Endes: "Das Kommen Jesu kann jeden Augenblick erwartet werden. Ob der Herr noch einige Monate verzoegert, kann wohl moeglich sein, nicht aber mit Bestimmtheit angenommen werden." Klafft hier nicht ein Widerspruch? Die Saarlaender grollten: "Bei einer solchen schamlos erschlichenen Sicherheit fuer den eigenen Geldbeutel auf Kosten der 'Glaeubigen' laesst sich's gut vom Kommen des Herrn predigen."

Ein unterrichteter Neuapostolischer schrieb in einem Brief, den er in Maerz 1951 als einen  " v e r z w e i f e l t e n   H i l f e r u f  e i n e s  G e h e n d e n "  an den Stammapostel richtete, es sei ein offenes Geheimnis, dass er seinem Sohn Fritz, "diesem Judas Ischariot der Endzeit", voellig verfallen sei. "Ein Apostelkollegium besteht praktisch nicht mehr. Die Apostel waren in den letzten Jahren nur noch Puppen und in den Augen Ihres Sohnes, die meisten von ihnen, Dummkoepfe und einfaeltige Spiessbuerger. Alles, was beschlossen wurde und nicht in die Mammonplaene dieses Judas hineinpasste, wusste er zu verhindern. Ihre tiefe, reine, kindliche Herzenseinstellung hat dieser Luzifer (so nennt man ihn in Wuerttemberg) reichlich ausgenuetzt, um seine Machtstellung auszubauen." "Es besteht ein Weissbuch ueber seine eigennuetzigen Schandtaten seit 1932, von denen Ihnen nur der zehnte Teil bekannt ist." Mit beschwoerendem Ernst bat er, der Stammapostel moege in letzter Stunde die aus tausend Munden blutende Brautgemeinde retten. "Die Apostel muessen jetzt sprechen und der Wahrheit die Ehre geben, sonst sind sie alle mitschuldig am Niedergang des Werkes."

Die Apostel haben nicht gesprochen. Genauer: einige haben gesprochen; sie mussten dafuer ueber die Klinge springen. Andere schweigen bedrueckt ihre Not in sich hinein und wagen nicht, wider den Stachel zu loecken. Der alte Mann in Frankfurt aber regiert mit seiner Kamarilla weiter, unbelehrbar und hart. Er verursacht Spaltung um Spaltung. Tausende und Abertausende wurden von ihm ausgestossen oder wichen enttaeuscht von seiner Seite. Weitere werden folgen. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Schlimmer ist, dass das was in der Neuapostolischen Gemeinschaft an biblischen Elementen geblieben ist, durch den Stammapostel und seine Leute immer weiter verdraengt wird. Die Revolten, von denen eingangs die Rede war, sind denn auch grossenteils als ein Protest zu begreifen, der sich an dem Gegensatz zwischen stammapostolischer Lehre und Praxis und der Schriftwahrheit entzuendete. Viel kindliche Glaubensbereitschaft, an der die Neuapostolische Gemeinschaft so reich ist, fuehlte sich irregefuehrt. Wenn der 84jaehrige einmal stirbt, werden die einen trauern, die andern von einem Druck befreit aufatmen. Die ganze Neuapostolische Gemeinschaft aber wird in laehmender Ratlosigkeit vor einem Aschenhaufen erloschener Zukunftserwartungen stehen, und es ist noch nicht abzusehen, was daraus werden wird. Denn der Stammapostel ist mit den ungeheuerlichen Vollmachten, die er fuer sich beanspruchte, so umgegangen, dass sein Tod auch die Autoritaet des Amts selbst und damit die Kernlehre der Neuapostolischen bis in die Wurzeln erschuettern wird.

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