Autobiographie von Stammapostel Niehaus

Eine Lebensbeschreibung, und Anfang vom Gotteswerk hier!

Vielfach dazu aufgefordert, eine Beschreibung zu geben, von meiner Person
und Erfahrung, und dem Entstehen von dem Gotteswerke hier und seiner Ent-
wickelung. Ungern tue ich das, denn was meine Person angeht bin ich von
Ruehmen weit entfernt, und zum andern ist es schade, dass ich die durch-
lebten Taten nicht mit Daten angeben kann, aber daran war frueher kein
Denken, man nahm wohl alles ins Gedaechtnis auf aber man brachte nichts
auf Papier.
Wann ich geboren bin das ist ja bekannt, in einer Armuts- und Revolutions-
zeit, aber bittere Armut war auch bei uns zu Hause. Der Vater war immer
kraenklich und die Mutter arbeitete auf dem Webstuhle um etwas zu ver-
dienen. Der Acker brachte wenig ein, aber das Vieh auch nicht, es war
wenig Futter.
Frueh wurden wir Kinder zu allen Arbeiten herangezogen, es blieb dann
fuer Schulsachen keine Zeit uebrig.
Mein Schullehrer war ein Bauer, der Unterricht gab, aber dann auf dem
Felde arbeitete. An Buecher hatten wir die Bibel, Katechismus und His-
torie, kleines Einmaleins, und dann Abschriften von Briefen die man ab-
schreiben konnte. An richtig schreiben, war kein denken, denn von deut-
scher Sprache kannte der Lehrer wenig. Er war Bauer u.s.w. Das Peinlich-
ste fuer mich war das Auswendig lernen, ueberhaupt, sehr wenig Interresse
fuer lernen, das war mir zu wenig, ich suchte mich in natuerlicher Arbeit
auszubilden. Bibelverse und Gesangverse auswendig zu lernen, war fuer
mich widerlich. Der freudigste Tag fuer mich war der Konfirmationstag, um
von den Schulplagen erloest zu werden.
Sehr frueh kam ich in die Gesellschaft der jungen Leute, Jungfrauen und
Juenglingen, deren Fuehrer ich bald wurde, aber immer eingezogen, denn
wir alle hatten kein Geld, konnten also nicht ins Wirtshaus noch zu Lust-
barkeiten gehen.
Meine Eltern die zu dem Queller Missionsverein gehoerten, suchten mich
auch zu bewegen, mich anzuschliessen, aber vergebens, denn ich sagte im-
mer, alle Frommen und Pastore sind Heuchler, wovon ich Beweise hatte.
Es gingen die Jahre dahin, aber in den Jahren suchte ich mich in Allem
auszubilden. Sagte immer, was meine Augen sehen, muessen meine Haende
machen.
In dieser Zeit habe ich die vorlaufende Gottesgnade kennen gelernt. Der
fruehere Pastor Menkhoff kam jedes Jahr von Holland, um hier seine Fami-
lie zu besuchen, dann aber ging der Pastor von Steinhagen auf Urlaub.
Dann predigte er in Steinhagen.
Dieser Menkhoff war bekannt, als ein Glaubensmensch predigte er dann auch
auf dem Queller Missionsfeste. Er war ein gewaltiger Redner. Er lies aber
immer schon eingewickelt, von dem Apostolischen durchblicken.
Wenn alle gingen, ging ich auch. Somit auch nach Steinhagen, wo der Menk-
hoff predigte.
Unter der Predigt von Menkhoff, wurde ich so gewaltig ergriffen, dass ich
vor Angst nicht wusste wo ich bleiben sollte, es war mir als ob der Brust-
kasten viel zu enge war. Ich suchte einen Ausweg, konnte aber nicht heraus-
kommen. Zum Schlusse lies der Menkhoff das Lied singen, oder den Vers:
"Wie herrlich ist die neue Welt, usw.". Unter dem Singen wurde es mit mir
noch schlimmer.
Mein Vorsatz, ein anderer Mensch zu werden, blieb ohne Erfolg. Aber von
der Zeit an war fuer mich der Menkhoff ein ehrlicher Mann, alle andern
waren Heuchler. Es war aber einige Jahre vorher, ehe der Menkhoff nach
hier kam.
Darnach kam eine Begebenheit. Es hatte ein Missionar auf einem Feste
den Eltern so auf die Seele gebunden, die einen Jungen haetten der Faehig-
keiten haette, den sollten sie opfern fuer die Beiden.
Meine Mutter war so ergriffen, und suchte mich zu bewegen, Missionar zu
werden, aber alle Bemuehungen waren vergebens.
Wie soeben geschrieben, der Eindruck von dem Menkhoff blieb bei mir sit-
zen, der Menkhoff ist ein ehrlicher Kerl.
Spaeter wenn er wieder nach hier kam, dann war ich mit zur Stelle, ich
liebte den Mann: Und sagte, das ist ein ehrlicher Mann.
Bei seinem letzten Besuche, bevor er nach hier uebersiedelte, wollten die
Pastore ihn nicht mehr auf die Kanzel lassen, die hatten schon Lonte ge-
rochen, aber das Volk forderte es, sie mussten den Mann auf die Kanzel
lassen, und er predigte gewaltig, und warf die Vorredner alle vom Stuhle.
Dann starb der leiter vom Queller Missionsverein, das war zu seiner Zeit
ein ehrlicher Mann, der mich immer bewegen wollte dem Verein beizutreten,
aber vergebens. Ich arbeitete viel bei ihm. Der wurde krank und starb.
Nun war es ein jammern, denn keiner konnte seinen Platz ausfuellen.
Der Verein drohte zu Grunde zu gehen. In der Zeit kam der Menkhoff
nach hier und wurde von meiner Nachbarin, einer Witwe aufgenommen, nun
war die Freude gross, aber o wehe, er brachte eine andere Lehre.
Was die Vortraege waren, darum gab ich nicht viel, aber des Abends hielt
er Bibelbesprechungen ab, in dem Hause der Witwe, wo immer die Dienste
waren. Ich war damals in der Lehre, das Winterschlachten zu lernen. Ich
hatte aber meine Freude daran, dass die, die dem Menkhoff widerstanden
ganz gehoerig welche ueber den Schnabel bekamen, die wurden in ihrer
Heuchelei entlarvt. Je mehr sie Widerstand leisteten, destomehr bekamen
sie Schlaege, keiner konnte das Stehen behalten. Die Besprechungen gingen
oft bis spaet in die Nacht, aber ich hatte meine Freude daran.
Die Witwe wurde bald feindlich. Stand hinter dem Ofen und reitzte die
Maenner die sollten ihm doch widersprechen, aber es nuetzte nichts. Die
Witwe lief zu allen Pastoren, und frug um Rat, darunter auch den Pastor
Volkening in Joellbeck, der immer darauf hingewiesen hatte, es muesse
das Gotteswerk wieder offenbar werden sonst waere die Bibel keine Wahr-
heit. Nebenbei bemerkt, war der Volkening dem Menkhoff sein Pastor,
der ihn konfirmirt hatte. Zu diesem ist der Menkhoff gegangen und sagte
zu ihm: "Jetzt verkuendige ich Ihnen das, worauf sie immer hingewiesen
haben, das es da ist."
Die Witwe, die auch zu ihm geht, mit der Frage, was er zu der Apostoli-
schen Lehre sage? Der Pastor antwortete, man soll die Lehre nicht ver-
achten aber auch nicht beachten. Dieses glaubte die Witwe, und somit war
der Menkhoff fuer sie eine Last.
Eines Tages sagte die Witwe, die eine Verwandte von Menkhoff war und sich
dutzten: Wilhelm, wenn du mit der Lehre weiter fahren willst, muss ich
dir das Haus verbieten, wogegen der Menkhoff nichts sagen konnte.
Nun war wieder Betruebnis bei den Vereinsmitgliedern. Jetzt erwachte in
mir das frueher in mir durchlebte, Ich sagte zu meinem Vater, sage doch
dem Menkhoff dass er zu uns kommt. Ach Junge sagte mein Vater, da bei
Niewoehners ist alles fuer Versammlungen eingerichtet aber hier ist doch
in der Tat nur eine Viehscheune. Und wirklich war es so, wuerde ich die
Einzelheiten schildern, ein jeder wuerde sich wundern. Ich sagte zu meinem
Vater, der Menkhoff muss es nehmen wie es ist, ich mache Boecke, und Bret-
ter haben wir ja, es kann die Sache den Fortgang nehmen.
Mein Vater sagte zu dem Menkhoff, wenn sie zu uns kommen wollen, so und so
ist es, und der Menkhoff sagte: Herzlich gerne.
Als er aber aus dem Hause der Witwe geht, sagte er zu ihr: "Ricka, du tust
nicht mich, sondern den Herrn Jesum aus dem Hause, nun wird dein Haus dir
Wueste gelassen werden."
Jetzt kamen auch die Medodisten von Bremen in Sturm gelaufen. Die grossen
Bauernhaeuser waren ueberfuellt, aber in den Vortraegen gings immer ueber
die Apostolischen.
In dem einen Bauernhause wo alle Extraversammlungen abgehalten wurden ar-
beitete ich auch, konnte aber den Mund nicht halten. Des Abends fuhr der
Teufel in die Weiber und laesterten gewaltig, dazu sagte ich, das taetet
ihr besser nicht. Sie wiesen mich aus dem Hause, die Laesterungen taten
mir so wehe. Als ich vor dem Hofe war drehte ich mich um, erhob meine
Hand und sagte: "Und das wirst du ihnen nicht vergeben." Wenige Wochen
darnach staeubten sie auseinander in alle Richtungen und sind ganz wenig
davon geblieben; der Bauer liess sich wieder in die Kirche schreiben und
war Schluss von allem. Der Prediger ist spaeter in die Lumpensammlung der
Anstalt Bethel gekommen und hat dort lange Jahre die Lumpen verkauft.
Menkhoff zog dann nach Bielefeld an den Sparenberg. Meine Eltern gingen
dahin, aber fuer uns Jungens war der Weg zu weit. Bei uns zu Hause taten
wir alles was wir konnten, aber nach Bielefeld war der Weg zu weit.
Auf das Bitten der Mutter gingen wir Jungens mit, versuchsweise, aber der
Gedanke lag fern, um anzuschliessen, wir wollten frei bleiben, aber jemehr
wir in die Gemeinschaft kamen, desto wertvoller wurde uns die Wahrheit.
Als der Menkhoff am Sparenberge wohnte, wurden in dem Hause zwei Zimmer
eingerichtet, jeder musste ein par Baenke mitbringen, wer sitzen wollte,
einen halben Fussbreit,.....
Die ganze Hoellenwuth kam aber zum Vorschein, nachdem der Menkhoff bei
uns einzog. Zuerst hatten sich die Pastore vereinigt, das Wort bei der
Witwe gesprochen sollte nicht zur Wahrheit werden, die wollten umgehend
bei der Witwe Dienst halten, es dauerte aber nicht lange da wurden die
uneins, und die Herrlichkeit war zu Ende, und es ist war geworden, es ist
von allem nichts geblieben. Eine Wueste ist dort geworden bis heute.
Als der Apostel Schwarz kam, und eines Abends bei uns im Hause Vortrag
hielt, hatten sich Hunderte auf dem Hofe versammelt und das Haus war voll.
Nach dem Vortrag zog sich der Apostel und Menkhoff zurueck ins Zimmer.
Jetzt aber glaubten wir dass nicht eine Scheibe heil geblieben waere.
Sie sprangen auf den Baenken herum, hielten Vortraege und liefen bis vor
die Stubentuer, fluchten und tobten. Dann die draussen waren, sprangen
den Fenstern herum und fluchten immer und schrien, der will unsere Eltern
verdammen usw., schlugen auf die Grasflaeche tobten und fluchten.
Der Apostel Schwarz sass auf dem Stuhle am Tisch und laechelte. Da riefen
sie, der graue Esel lacht uns noch ins Gesicht.
Die hatten einen Musikanten mitgebracht und die Brantweinpulle umhaengen.
Zuletzt fingen wir an zu singen im Zimmer, das konnten die Teufels nicht
hoeren und zogen ab mit Musik und Hallo.
Den Sonntag darnach hatte ein grosser Bauer in Ummeln dem Menkhoff angebo-
ten. Schwarz war aber nicht da. Ich glaubte es hatten sich wohl an die
Tausend zusammen gerottet. Menkhoff hielt den Dienst, aber waehrend er
sprach ging ein Bengel immer hin und her und blies dem Menkhoff den Rauch
ins Gesicht.
Als er gesprochen hatte zog er sich zurueck ins Zimmer, aber es musste
doch weg. Zwei Wege hatte er nach Bielefeld, einen an der Bahn entlang,
und einen am Wirtshaus vorbei.
Die Rottengeister liefen bis vor die Tuer und wollten Menkhoff heraus ha-
ben, aber die Rottengeister konnten nicht ins Zimmer. Vortraege wurden
gehalten, geschrien und geflucht, dass der Menkhoff die Vaeter verdammen
wollte.
Nach diesem Sturm teilte sich die Rotte in zwei Teile. Ein Teil ging an
die Bahn, und ein Teil zum Wirtshause. Auf einem Wege musste er kommen,
und o wie wunderbar, es war klarer Himmel. Auf einmal bildete sich eine
kleine Wolke, und ein gewaltiger Regen kam hernieder. Was nun die waren
an der Bahn, die liefen was sie laufen konnten nach dem Wirtshause, und
als der Regen vorbei war, da ging der Menkhoff mit den Bruedern nach der
Bahn langs nach Bielefeld und wurde ihm kein Haar gekruemmt. Zwei Jungens
die aufgestachelt waren, deren Eltern sich angeschlossen hatten, meinten
die Eltern gingen nun verloren, die wollten den Menkhoff totschlagen.
Nun wandte sich die Gewalt wieder zu unserm Hause. Eines Sonntagnachmit-
tag kam die Horde aus der Kesselschmiede Kupferhammer, mit Geschuetz und
Messer.
Menkhoff hielt den Dienst, aber als der Dienst zu Ende war, ging der Krach
los. Der Redner sprang auf die Bank und hielt einen Vortrag. Ich verbot
ihm das im Auftrage des Vaters, aber nun wurde es erst recht schlimm. Aber
nun traten die Glieder in die Arbeit, ein jeder nahm sich einen und
brachte ihm das Zeugnis, da zogen sie ab.
Vor dem Hause fingen sie an zu schiessen und zu singen. Da wurde aber ge-
betet, denn alle schwebten immer in Todesgefahr. Einmal holten der Wuete-
rich den Gensdarm von Halle. Menkhoff hatte die Versammlung nicht ange-
meldet. Der Gensdarm setzt sich vor die Tuer auf die Schiebkarre. Als der
Dienst beendet, kommt der Gensdarm herein und fragt nach der Bescheini-
gung. Die habe ich nicht sagt Menkhoff, dann muss ich die Versammlung auf-
heben. Gut sagt Menkhoff, aber ein Lied singen duerfen wir doch noch, um
meinetwillen singt.
Ein andermal waren zwei Gefuerchtete, die kamen ins Haus als der Dienst
begonnen hatte. Mit der Absprache, der eine solle oben und der andere
unten anfangen zu schlagen. Der Eine kam herauf und setzte sich auf Menk-
hoff sein Stuhl wie der leibhaftige Teufel. Menkhoff sprach weiter. Nach
einer Weile ging dieser Robuste herunter zu dem Andern und fraegt, kannst
du noch was? Die Antwort war nein, da sagt der Erstere, ich auch nicht.
Wie oben geschrieben, war, seitdem wir den Gesandten vom Herrn in unser
haus aufgenommen hatten, die ganze Hoelle auf unser Haus gerichtet.
Als der Apostel Schwarz hier zur Versiegelung schritt, waren meine Eltern
und ich, die Ersten die zur Versiegelung kamen. Es war keine grosse Schar,
wie wir sie heute gewohnt sind, ich glaube mit allen Kindern an die Hun-
dert. Als die Versiegelung stattgefunden hatte, sagte Vater Schwarz, wer
was haben will, der muss opfern. Wenn ich den Menkhoff noch unterhalten
soll, kann ich ihn nach anderen Orten senden.
Das war eine Zumutung, davon man sich heute keine Vorstellung machen kann.
Eine Handvoll Menschen, und die eine Familie von 8 Personen durchbringen,
und wie's immer ist, die das Meiste haben, tun das Wenigste.
Ich wurde den ersten Sonntag zum Diakon ausgesondert. Ich frug vorher, was
muss ich dann tun, die Antwort war, sie muessen fuer das finanzielle sor-
gen, und Br. Menkhoff koenne mal krank werden, oder verhindert sein, mues-
sen sie ihn vertreten. Ich antwortete, das Erste nehme ich an, aber nicht
das Zweite, das kann ich nicht. Na, sagt Vater Schwarz, wir wollen es erst
so lassen.
Ich als Diakon musste fuer alles sorgen. Wenn die Miete faellig war musste
ich alle abklopfen, wer noch 50 Pfennig hatte musste sie hergeben. Und zu
Weihnachten mussten die jungen Leute alles hergeben, denn ich musste die
Rechnungen, bei dem Schuster, dem Kolonialwarenhaendler u.s.w. begleichen.
Ich musste fuer Kartoffeln, fuer Kohlen, fuer Holz u.s.w. sorgen.
Davon waere viel zu schreiben. Nur eines will ich erwaehnen. Wir brachten
ein Fuder Kartoffeln hin, aber die mussten an den Berg gebracht werden
500 Mtr. von der Strasse, in den Keller. Und dann Kohlen von dem Bahnhofe
holen, die mussten auch den Berg hinauf getragen werden ins Haus, eine
schmale Treppe hinunter in den Keller. Als ich den ersten Sack Kohlen nach
dem Keller brachte, fiel ich vor der Treppe nieder, hatte einen Hexen-
schuss bekommen. Ich lag da und konnte nicht auf. Ich strengte mich an,
dass ich erst auf die Knie kam, dann betete ich: "Herr ich liege hier,
wer will Deinem Knechte die Kohlen herauftragen." Keiner ist dafuer zu
haben. Ich zog mich an einer Kiste herauf, schuettete meinen Sack aus,
und trug bis abends 10 Uhr, da hatte ich 40 Ctr. heraufgetragen.
Wir assen zusammen erst Abendbrot, und dann ging ich ein und eine halbe
Stunde zu Fuss nach Quelle.
Die langen Jahre musste das so gemacht werden, denn an eine Zunahmen war
nicht zu denken, nur kleine Kinder die kamen herzu, und die Kleinen wuch-
sen an und konnten helfen.
Grosses hat die familie Essen geleistet, Moebelhaendler, der tat mehr als
wir alle, denn der Verdienst war gering und was alles musste geleistet
werden, siehe nach Obigem. Es war aber die Freudigkeit, die gab die Kraft,
nun konnte es nicht anders.
Im Jahre 1870 als der Deutsch-Franzoesische Krieg ausbrach hatte ich ge-
zeugt, wenn ihr dieses alles seht, hebt eure Haeupter auf usw. Ich musste
zur Aushebung, und als ich vor der Kommission kam, stand der Vorsteher auf
und verklagte mich als einen Rebellen ich haette mich bei Anbruch des
Krieges sehr gefreut ueber den Krieg. Die Einstellung werde gewuenscht.
Ich war wie vor den Kopf gestossen, sagte aber nichts, wurde als voll-
kommen brauchbar zur Festungsartillerie geschrieben.
Des Abends war hier Versammlung, und der Menkhoff bat fuer die Feinde
und fuer mich. Da kam die Weissagung, ich will ihren Rat zunichte machen,
da sollst du bleiben, mir unter meinem Volke dienen.
Ich in meiner Unwissenheit schrieb an den Vorsteher, wenn ich mich am Ge-
setze versuendigt haette fordere ich ihn auf, dass ich bestraft werde,
wenn ich aber nach dem Evangelio sein Feind waere, dann solle er wissen,
wer sein Bruder hasset sei ein Totschlaeger, ob er Liebe oder Hass an mir
bewiesen, darueber solle er selbst urteilen.
Dann schrieb ich, sie moegen tun was sie wollen ich wuerde bleiben, so
und so haette der Herr gesagt.
Der Vorsteher bringt den Brief zum Pastor, der hoehnisch darueber lachte
als ich mit ihm sprach. Er sagte, nun sehen wir was euer Weissagen ist,
sie muessen doch weg.
Es kam der Tag der Generalaushebung. Der Vorsteher trat zum zweitenmal
gegen mich auf und sagte, von diesem wuerde von der ganzen politischen
Gemeinde die Einstellung gewuenscht. Es habe noch ein unerhoertes Betragen
stattgefunden.
Ich antwortete darauf, ich bitte den Herrn Vorsteher, er moege mich die
Anschuldiging beweisen. Hierauf wurde der Doktor noch gefragt ob ich
brauchbar sei, die Antwort: Vollkommen brauchbar. Ich kam aber von der
Festungsartillerie zum 7. Trainbatallion.
Nun aber das Geschrei, so und so waere geweissagt, ich muesste doch weg.
Ich musste stille sein. Aber es kam die Zeit, dass alle weg mussten und
ich blieb. Allerlei Geruechte schwirrten immer herum. Zuletzt nach Allem
kam der Polizist, der ein Erzfeind war, und sagte ich muesste mich den an-
dern Morgen im Kasernenhofe stellen. Ich sagte ich habe ja auch noch nicht
gesagt dass ich das nicht wolle, er sollte mir mal die Urkunde geben, und
was war zu lesen - - Zur Ersatzreserve I. O sagte ich, das kann ich ge-
brauchen, also alle mussten weg, und ich blieb, aber nun war meine Angst
vorueber, ich hatte eine schlechte Zeit gehabt. Jetzt wurde ich frech, und
quaelte die, die mich gequaelt hatten, insbesonders den Pastor, wenn ich
den in die Finger bekam, sagte ich, Herr Pastor, jetzt sehen wir was ihr
Weissagen ist. Ha ha ha sagte er, aber er fuerchtete mich sehr.
Die Verbitterung war sehr gross, erstens war der Vorsteher zu schanden ge-
worden, und der Pastor, die ihren Mund so voll genommen hatte. In der Zeit
musste ich nach Steinhagen um in einem Hause an der Strasse in einem sehr
grossen Zimmer einen Dienst zu halten. Das war eine Apostolische Familie.
Des Abends sammelten sich Hunderte an, im Flur, im Zimmer und auf der
Strasse stand Mann an Mann. Als ich geschlossen hatte ging der Spektakel
los. Und was gab es? Ein Musikant und ein Schlachter, die im Flur gestan-
den hatten, saeuberten die Strasse mit einem Donnerwetter; denn die beiden
wurden gefuerchtet. Alle stoben auseinander, die Strasse wurde leer; aber
wir mussten nach Hause. Dazu hatten wir zwei Wege; einen durch den Wald,
und einen die Chaussee entlang an einem Wirtshaus vorbei. Ich hatte zwei
Brueder bei mir. Ich waehlte den Weg an dem Wirtshaus vorbei, befuerch-
tete aber, dass an der Wirtschaft die Rotte sei; und so kam es.
Ich sagte zu meinen Bruedern: "Keiner sage ein Wort; wir gehen strammen
Schrittes auf die Rotte los". Als wir in die Naehe kamen, stand Mann an
Mann, der ganze Weg war besetzt. Wir gingen stramm darauf los. Bis wir
noch fuenf Schritte davon entfernt waren machten sie eine Luecke, und wir
gingen hindurch. Aber da hatten wir die Rotte hinter uns.
Jeder Baum am Wege bekam einen Schlag und Fluch.
Wir mussten aber in einen Wald hinein, in dem ein Diakon wohnte; wir
gingen in sein Haus und verschwanden so der Rotte aus den Augen. Dort ver-
weilten wir eine halbe Stunde, und alle waren dann verschwunden. Wir waren
aber nicht wenig dankbar.
Die bittere Feindschaft blieb, besonders auf unser Haus gerichtet, immer
waren wir in Gefahr getoetet zu werden.
An das Obige schloss sich die Beerdigung einer sehr armen Witwe an, die
ich in Brackwede gehalten hatte. Ich hielt eine kleine Rede und habe den
Segen gesprochen. Nun war es eine kirchliche Handlung, zu der ich nicht
berechtigt war. Ich erhielt vom Staatsanwalt eine Strafe von 300 Mark.
Ich ging zum Rechtsanwalt der mir sagte: "Sagen sie dem Richter alles
genau". Als ich zu dem Termin kam, fragte mich der Richter, ob ich die
Strafe bezahlen wolle, ich sagte: "Nein". Haben sie dafuer Beweise. Ich
gab alle Gruende an. "Ja", sagte der Richter, "alles ist gut, aber sie
haetten keinen Segen sprechen duerfen, sie muessen zahlen". Ich sagte:
"Nein das tue ich nicht". Dann muessen wir das zum Protokoll nehmen.
Darauf sagte der Richter, es scheine ihm als liegen da persoenliche
Gruende vor. Wenn sie es wuenschen dann koennen wir aus dem Archiv eines
Rechtsgelehrten anfuehren, darauf sie sich berufen, der behandelt den
Paragraphen, und darnach sind sie frei. Sehr erwuenscht und dankbar Herr
Richter. Ja sagte er, dann werden sie sagen, wir haben es doch nicht mit
einem Dummkopf zu tun.
Der Pastor hatte die Sache bis nach Berlin gebracht, aber ich bekam die Nach-
richt, dass die Begraebnissache niedergelegt sei und ich kam wieder oben auf,
zum Aerger des Pastore.
Es waere noch viel derartiges zu schreiben.
Im Jahre 1872 wurde ich in einem Dienste durch den Evangelisten Menkhoff zum
Evangelisieren gerufen. Ich sass immer unten am Ende nachdem ich fuer alle
gesorgt hatte, dass sie Plaetze bekamen.
Als die Glieder weg waren, habe ich mich eingeschlossen und bitterlich ge-
weint, ich musste immer sagen, ich kann das nicht. Bis dahin hatte ich immer
in plattdeutscher Sprache gesprochen, ich konnte nicht anders sprechen in
der Versammlung. Die Frommen haben sich an mir totgeaergert. Die sagten ich
waere nicht durch die Buse gekommen, die trauten mir nicht, hatten dafuer
auch ihren Grund.
Als ich im andern Jahre das Evangelistenamt empfing, sagte der Apostel
Schwarz: Ich hoere sie immer platt sprechen, das hoert nun auf, nun fangen
sie diesen Nachmittag an zu sprechen Hochdeutsch, nach Galater eins. Ich
blieb dabei ich kann es nicht. Sie muessen es lernen, sie wollen doch nicht
dass um ihretwillen die Gemeinde verlaestert werde. Nebenbei bemerkt, was
ich anfuehrte von dem Krawall aus Steinhagen, gehoert in die Zeit nachdem
ich Evangelist war.
Apostel Schwarz sagte, ich und Br. Menkhoff setzen uns hinter sie, und die
sie vor sich haben sind dummer als sie. Da habe ich Hochdeutsch gesprochen.
Wenn ich heute noch die Predigt nachlesen koennte, wuerde ich noch Geld da-
fuer geben. Alles durcheinander. Nachher sagte der Apostel Schwarz, der
Brunnen ist losgebohrt, der verspricht noch gutes Wasser, aber neue Brunnen
geben immer unreines Wasser.
Nun begann eine Zwischenzeit, bis ich unter Vater Krebs kam. Zeugnis wirde
nicht gebracht, somit hatten wir auch keine Zunahme, nur durch kleine Kin-
der, wir hatten auch genug zu tun, die Familie Menkhoff durchzubringen.
Diese Zeit von 1873 bis 94 ist fuer mich eine Zeit des Lernens gewesen. In
der Schule hatte ich einen Widerwillen zum lernen, aber nach der Versiege-
lung konnte ich nicht satt werden. Gelesen, was ich nur haben konnte, die
Bibel studiert, und alle Schriften die mir Vater Schwarz besorgte, habe ich
oft Tag und Nacht gelesen. Dazu musste ich unter den falschen Propheten und
falschen Geistern verkehren. Aber bei dem Apostel Menkhoff hatten wir nicht
die noetige Hilfe und Schutz, die falschen Geister hatten die Oberhand,
darunter der Apostel Menkhoff gemartert wurde und ich auch, denn Erkenntnis
wie heute war nicht vorhanden. Das kann ich sagen, ich habe den Apostel
Menkhoff unterstuetzt bis in den Tod, deckte ihn vor den falschen Geistern.
In dieser Zwischenzeit betrieb ich alles was die Augen sahen. Zimmermann,
Bautischler, Schreiner Maurer Stellmacher und im Winter Landschlachter.
Aber im Sommer neben der Wirtschaft sah ich immer zu dass ich was verdiente,
denn dann konnte ich helfen.
Die Jahre sind fuer mich Jahre gewesen, wo ich versaeumtes nachholen musste
soweit es moeglich war. Nicht in der Arbeit auswaerts, sondern hauptsaech-
lich natuerlicherweise.
In diesen jahren habe ich manche Traene geweint unter den falschen Geistern,
und unter dem System worunter wir nicht zufrieden waren. Aber so lange wir
unter dem treuem Apostel Menkhoff waren mussten wir stille sein und lernen.
Der Apostel Menkhoff war treu wie Geld, aber er kam nach hier als Pastor
und hatte keine apostolische Gemeinde kennen gelernt. Er war wohl bibel-
glaeubig aber nicht apostolisch, in dem neuen Schaffen und Wirken. Epistel
und Evangelium mit den alten Gesaengen das ging von Jahr zu Jahr um nach
Kirchensystem, aber dabei waren wir alle halbtot. Wir sahen immer aus dass
der Herr komme, aber wir arbeiteten nicht mit Erfolg.
Es wurden immer von mir neue Lappen gesucht, von Cordruwisch Bornemann und
Ernst Werth, um das alte Kleid zu flicken, und um die alte Schlaeuche zu
bewahren, mussten aber immer gewahr werden, die Lappen rissen wieder ab und
der alte Zustand blieb. Streit und immer wieder Streit in selbsterwaehlter
Meinung und Heiligkeit. Glaeubig, aber es fehlte dem Glauben das Leben der
Erkenntnis. Das alte Lithurgiwesen mit Episteln und Evangelium lies uns
nicht zur Freudigkeit kommen.
Von 1872 bis 94 konnten wir sagen, eine halbe Zeit. Halb dem Gotte der Erde,
und halb dem Gotte des Himmels. Wie wenig der Evangelist Menkhoff Erkennt-
nis hatte von Geistesgaben, bewies der Apostel Schwarz als er zum zweiten
Male kam. Er brach alles aufgebaute ab und erklaerte die Arbeit fuer Stop-
pelbau.
Nun war mit einem Schlage alles in den Grund geschlagen. Die Geister richte-
ten grosses Verderben an. Hier, in Ruhrort und Iserlohn. Die tollsten Dinge
wurden offenbar durch die Begabten, und eine Erkenntnis war nicht vorhanden.
Der Evangelist Menkhoff ein sehr bibelglaeubiger Mann, aber die Geistesgaben
zu bewahren und in gute Wege zu leiten war ihm nicht gegeben. Das alte Kleid
sollte erhalten bleiben, ebenso die alten Schlaeuche. Unter vier Augen habe
ich immer gegen das alte Kirchensystem gekaempft, aber es blieb beim alten.
Durch die falschen Geister, zuerst in dem falschen Propheten Hugo, hatten
alles vergiftet und der treue Apostel Menkhoff wurde von diesen Geistern
zu Tode gemartert, unbarmherzig zugerichtet.
Wenn ich heute in das durchlebte zurueckschaue, ist es mir, als wenn die
Zeit von 1872 bis 94, eine verfehlte Zeit gewesen sei. Zuwachs kam nur durch
Kinder. Die Kleinen wurden gross, aber sonst kam hier nichts hinzu. Der Buch-
stabenglaube war da, aber keine Glaubenstaten in gutem Wandel und Leben. Der
eine traute dem andern nicht. Wenn wir des Sonntags von Bielefeld nach hier
gingen, dann wurde gekaempft. Ich verteitichte den Apostel Menkhoff, der
fruehere gutmeinende Hirte war vermittler; aber nach seiner Meinung. Kriti-
siert wurde die Predigt, und so ging es von Zeit zu Zeit.
Tiefe Wunden wurden mir oft geschlagen von dem falschen Propheten, Traene
ausgesprest, aber der Apostel war still dazu.
Man konnte sagen, ein jeder war in dem Seinen, und das war das richtige.
Aber die Augen waren verblendet, die Sinne gefangen genommen, und der Ver-
stand war verfinstert; und doch ruehmten wir uns die Braut Christi zu ein,
was auch wahr war, aber keine schoene Braut, die dem Braeutigam Ehre machte.
Der Geist beherrschte nicht das Fleisch, sondern das Fleisch beherrschte
den Geist folgedessen suchte ein jeder das Seine, aber im fleischlichen
Wandel.
So lange der Apostel Menkhoff stand, kamen wir nicht unter ihm weg, und was
soll ich sagen, die Jahren haben dazu gedient, erst Gehorsam zu lernen, und
wohl unter das was Gott gegeben hatte. Alle die Gehorsam gelernt haben, un-
ter Traenen und Aengsten sind doch hindurch gekommen, und von denen, die in
selbsterwaehlter Heiligkeit sich berufen fuehlte den Apostel zu richten,
ist keiner geblieben, sondern sie sind alle umgekommen.
Man musste zwar sagen dass die falschen Geister viel Recht hatten, sie woll-
ten Erloeser sein, aber der liebe Gott bekannte sich nicht dazu. Im Wandel
waren die falschen Geister gut, sie tranken nicht, sie rauchten nicht und
suchten durch heilige Kleider sich zu zeigen, wogegen die, die mehr frei
waren nicht so heilig lebten. Ich gehoerte auch nicht zu den Muckern, da-
rum tauchte ich auch nichts. Der Menkhoff war Pastor, und ich war in ihren
Augen fleischlich. Na, sie hatten dann auch recht. Die suchten die Geschwue-
re abzulecken; aber wie gesagt, sie sind alle umgekommen, und heute lebt
von diesen allen kaum einer mehr.
Diese Jahre von 1872-94 sind fuer mich Lehrjahre gewesen. In der Schule als
Schueler war mir lesen und lernen widerlich, aber in diesen Jahren habe ich
alles nachholen muessen, was mir in der Schule widerlich war. Nach der Ver-
siegelung konnte ich nicht satt werden. Alle Buecher deren ich habhaft wer-
den konnte von der alten Ordnung, die suchte ich durchzustoebern, besonders
die Bibel habe ich immer wieder durchgelesen. Auch das Buch fuer unsere Zeit
musste ich gleich haben wiewohl ich wenig davon verstand, denn die Hefte wa-
ren in Hollaendischer Sprache. Dann musste ich auch Hochdeutsch sprechen
lernen, aber richtig sprechen. Der Moebelhaendler Essen war dazu fuer mich
gegeben. Wenn ich in Bielefeld predigte, dann stand ich zosusagen unter Po-
lizei Aufsicht. Wenn der Dienst zu Ende, ging er mit mir herunter und zeigte
mir meine Dummheit und wohl so, was haben sie wieder fuer Kohl gemacht. O
wie weh tat das. Wenn der Essen nicht da war, war ich froh, er wuste aber
dass ich dankbar war.
Der war mein Sprachlehrer und lies nichts durchgehen. Menkhoff der sagte
mir nichts. Da hatte ich zu schnell gesprochen, dann hatte ich Gewohn-
heitswoerter, dann hatte ich zu oft Sachen wiederholt, was nicht noetig
gewesen, dann hatte ich die Saetze verkehrt gestellt. Summa Sumarum, ich
machte es niemals recht. Ich hatte doch nichts von der deutschen Sprache
gelernt. Aber wenn man niemals was recht macht wird man auch wohl mutlos.
So war es mit mir, aber ich erkannte doch das Gute von ihm und kann heute
sagen, den hatte der liebe Gott dazu hergefuehrt um mein Lehrer zu sein.
Als er mich in etwa soweit hatte dass ich aus der ersten Dummheit heraus
war, da ging er ab. Der Mann liebte mich sehr, denn er sah dass seine Ar-
beit an mir nicht vergeblich war, und daran hatte er seine Freude. Der
Hugo ruehmte sich immer seiner Sprache, denn er hatte Privatunterricht
gehabt, und sagte, der Essen, der spricht ja mehr als falsch. Den lies er
gehen, sagte ihm nichts, aber ich bekam immer meine Pruegel.
In der Zwischenzeit hatte ich das Aeltestenamt bekommen zum Bischof wur-
de ich gerufen, als der Menkhoff ins Apostelamt gerufen wurde im Jahre 72
in Amsterdam, aber ich nahm das Bischofsamt nicht an, denn ich sagte es
ist kein Platz noch Arbeit dafuer. Erst im Jahre 94 als der Apostel Menk-
hoff so schwach wurde dass er nicht mehr sehen konnte, auch nicht mehr
Herr ueber seine Sinne war.
Jetzt wurde der Apostel Krebs zur Hilfe gerufen, aber als ich mit dem in
Verbindung kam, war mir, als ob ich aus dem Gefaengnis kam, aber nicht
ich allein, sondern muss sagen, wir, verbunden mit dem Bischof Cordru-
wisch, Bornemann und Werth.
Zwar war meine Stellung keine leichte. Ich diente nun als Bruecke zwischen
den Aposteln Schwarz, Krebs und Menkhoff. Der Schwarz war hart in seinen
Briefen, und der Krebs war feurig. Ich musste dem Menkhoff die Briefe vor-
lesen, und auch nachdem er mir sagte schreiben. Aber ich las ihm die Brie-
fe nicht vor wie sie geschrieben waren, sondern so wie er sie vertragen
konnte. Ich antwortete auch nicht auf die Briefe wie er mir sagte, denn er
meinte, alle muessen denken wie er. Auf diese Weise verhuetete ich dass
nichts zwischen die Maenner kam, denn sie sind in Frieden geblieben bis in
den Tod.
Wenn ich voran wollte, schrieb mir der Apostel Schwarz: Willst du ruhig
sein, und wollte ich zurueck, schrieb mir der feurige Krebs: Willst du
voran.
Einmal stehe ich des Sonntagmorgens im Winter am Fenster ehe ich nach
Bielefeld fuhr. Da sehe ich im Garten einen gutgenaehrten Gaul stehen,
er war aber scheckigt. Vor dem Gaul stand ein kraeftiger Bursche der
hatte ihn am Zaum. Dann stand auch ein kraeftiger Bursche hinter dem
Gaul. Wollte nun der Gaul zurueck, dann bekam einen Hieb von hinten,
wollte er nach vorne bekam er einen Hieb auf den Kopf und baeumte sich.
Ich betrachtete mir eine Weile das Gesicht, sagte mir aber, das bist du.
Aber wie sollte es der Gaul nun machen, dachte ich. Na, sagte ich der
Gaul muss gehorsam lernen, das ist eine Dressur.
Ein andermal ging ich allein nach Bielefeld und war so in Gedanken ver-
sunken. Auf einmal sah ich so 50 Meter vor mir zwei Reiter. Ich eilte,
denn ich sagte mir das sind Engel Gottes. Bis auf die Hoehe des Berges
war ich nahe an sie herangekommen. Die ritten ueber die Spitze, aber als
ich auf die Spitze des Berges kam, waren die Reiter verschwunden. Es war
heller Tag, ich suchte alle Wege ab, denn ich wollte die Reiter auffin-
den, sie waren aber und blieben verschwunden.
In dem Jahre 1895 starben die Apostel Schwarz und Menkhoff. Nun hatte
ich es mit Apostel Krebs allein zu tun, ich war unter seiner Hand. Die
Apostel Ruff und Obst, auch Sebastian kamen fuer mich weniger in Frage.
Zur Lebzeit des Apostels Menkhoff sagte ich zu ihm in Hinsicht der Ver-
wuestung durch die Schlange, ein jeder Fussbreit muss mit Schwert und
Blut zurueck gebracht werden. Am 21. Juli 1896 wurde ich zum Apostel
ausgesondert, aber es war alles in Verwirrung. In den Gemeinden waren
beinahe alle Maenner gerufen. Unordnung war im Dienste, die alte Liturgie
usw. wurde abgeschafft, ich aber hatte den Schutz in meinem Apostel, den
ich fragen konnte. Meine Handlungsweise wurde hart verurteilt. Selbst
mein Bruder sagte ich kann nicht mehr mit, und meine Mutter hatte gemeint
ich wuerde ueberschlagen, ich hatte in Bielefeld nicht einen, der in mei-
nem Eerkenntnis mitmachte.
Nun war es auch mit den falschen Geistern getan. Als ich von dem Apostel
Krebs hingesandt wurde ihn zu fragen, ob er sich zum unbedingten Gehorsam
verpflichten wollte, war die Antwort: "Werdet nicht der Menschen Knech-
te." Ich sagte, dann nehme ich ihnen das Amt weg. Das kann mir keiner
nehmen, das habe ich von Gott bekommen. Ich sagte aber, Menkhoff ist es
gewesen der Ihnen das Amt gegeben hat. Die Folge davon war, dass er sich
mit einem kleinen Teile von der Gemeinde trennte. Nun gab es ein Zwielicht
und der Kampf wurde groesser.
Ich lies mich aber nicht bewegen und sagte, wer nicht gehorsam sein kann,
da ist die Tuere, aber sonderbar, je mehr ich hinauswies, desto mehr kamen
hinein, dass bald das Lokal viel zu klein wurde.
Der Prophet Hugo verband sich mit dem Strube in Stapelburg, dem Namen
nach machte er ja alles.
Jahre vergingen nun und die Schar wurde immer groesser, aber mit dem Jahre
1905 starb der Apostel Krebs auch, das war fuer mich fast ein Totschlag. Ich
hatte nur den Bornemann und Hallmann als Gehilfen. Mit den anderen Apos-
teln konnte ich wenig machen.
Der Apostel Krebs war meine Hilfe und ich war seine Hilfe in den Jahren
1896 bis 1905.
Als der Apostel Schwarz und Menkhoff in einem Jahre heimgingen, entbrannte
der Kampf zuerst hier und dann in Holland. Der Kampf fing schon an am Tage
des Begraebnisses, denn die, die dem Apostel Schwarz als Galgen gedient
hatten, freuten sich dass er tot war, aber scheinbar sich zeigten als die,
die das Beste suchten fuer das Volk Gottes. In der Kampfeszeit wurde ich
mehrmals nach Holland gesandt bis der Bemmel gerufen wurde, denn die
Macht lag in den Propheten. Ich musste auch dort fuer den Apostel Krebs
als Hilfe dienen. Zu gleicher Zeit begann der Kampf auch in Frankfurt
a.M., denn der Apostel Ruff war nicht mehr zurechnungsfaehig, aber die
Krone des Kampfes setzte das Kommen von Niemeier auf.
Nun war der Kampf in vier Bezirken, erst hier, dann in Holland dann in
Frankfurt, aber o wehe das Treiben von Niemeier. Als der Vater Krebs noch
lebte, bekam ich Auftrag nach Frankfurt zu reisen um dort eine Hilfe zu
sein, aber o wehe, ich bekam eine Kopfnerven Entzuendung. Ich schrieb an
Vater Krebs wie es mir ginge, der schrieb zurueck, fahre ab ich werde dich
schuetzen. Aber was nun! Ich fuhr nach Bielefeld zum Naturarzt, nahm Bae-
der und Einpackung, und bemerkte ich muesse Sonntag in Frankfurt a.M.
sein. Der Doktor sagt, sind sie verrueckt, wissen sie nicht in welcher
Gefahr sie stehen, das Leben steht bei Ihnen auf dem Spiel.
Zu Hause durfte ich das meiner Frau nicht sagen, denn ich hatte immer
den Kopf eingehuellt, und konnte nicht essen, die Zaehne klemmten sich
zusammen. Aber zuletzt musste ich es doch meiner Frau sagen, die wurde
bald wahnsinnig, die weinte nicht mehr, die schrie, die glaubte doch nicht
dass ich lebend zurueckkaeme. Das war ein gewaltiger Kampf. Es stand aber
das Wort vor mir: Wer sein Leben erhalten will, wird es verlieren, wer es
verliert der soll es finden.
Die Frau wollte mir die Kleider und Stiefel verschliessen, aber ich sagte
ich kaufe mich andere. Nun kam endlich die Stunde zum einkleiden, aber
die Plage war doch noch nicht abgenommen. Ich zog mich an und musste bis
Brackwede zu Fuss gehen es war noch keine Eisenbahn noch Chaussee da. Es
war mir spaet geworden, musste um 2 Uhr von Brackwede abfahren und da
hiess es Laufschritt machen mit Kleidung und Tasche.
In Brackwede angekommen, war mir der Schweiss durch den Rock gezogen.
Ich fuhr 4. Klasse bis Altenbecken und hatte Glueck dass ich am Fenster
mir die Sonne auf den Ruecken scheinen lassen konnte. Aber immer das
Wort: "Fahre ab". in Altenbecken hatte ich eine Stunde Aufenthalt. Der
Beamte hatte mir gesagt wenn der Schnellzug nach Frankfurt abfaehrt,
setzte mich daher hin und lese und achte auf die Stationsuhr. Aber als
der Schnellzug hinter das Fenster fuhr, war es mein Zug nicht, denn ich
achtete auf die Uhren. Der Zug wurde abgerufen, aber ich achtete auf die
Uhren. Als der Zug weg war setzten aufeinmal die Uhren vor, und da wurde
mir die Sache verdaechtigt. Ich fragte den Beamten: Kommt der Zug noch
nicht nach Frankfurt? Mein Gott, sagte der Beamte, und sie sind noch
hier, ich hatte es Ihnen doch gesagt.
Ja sagte ich, wie komme ich nach Frankfurt, ich muss hin. Sie kommen
heute nicht mehr hin. Ich muss hin sagte ich. Sie kommen nicht mehr hin.
Dann frug ich: Kann ich nicht ueber Koeln fahren? Ja sagte er das koen-
nen sie, aber hat der Zug nur ein par Minuten Verspaetung bleiben Sie in
Koeln stecken. Aber was nun? Halt sagt er, gleich kommt der Zug 2. Klas-
se, wenn sie Glueck haben koennen sie den Zug in Kassel erreichen, aber
der faehrt heraus wenn sie einfahren. Gut, geben sie mir eine Karte nach
Kassel.
Ich fuhr mit dem Zuge bis nach Kassel. Der Beamte sagte mir, der ab-
fahrende Zug faehrt auf demselben Perron.
In Kassel angekommen, steh ich schon auf dem Trittbrett sehe aber der Zug
setzt sich schon in Bewegung. Ich springe ab und mit ein par Saetzen in
den fahrenden Zug, und komme so nach Frankfurt a.M.
In Frankfurt angekommen hatte ich keine Kopfentzuendung mehr, ich konnte
beissen und essen was ich wollte.
Des Sonntags konnte ich dienen wie mir befohlen war und reiste dann wie-
der zurueck. Zu Hause angekommen war ich so frisch wie ein Fisch. Siehest
du, sagte ich zu meiner Frau, waere ich hier geblieben, dann waere ich
heute noch krank. Nun aber bin ich gesund.
Aber ich wuensche doch niemanden eine solche Fahrt.
Der Kampf in Frankfurt hatte begonnen, und musste durchgefuehrt werden,
davon will ich weiter nichts sagen, der Stammapostelhelfer Bischoff weiss
alles.
Im Jahre 1906 kam der Niemeier, dem hatte ich geschrieben wie es hier sei
und dachte der ist der aelteste Apostel, der kann mir eine Hilfe sein.
Aber o wehe, als er den ersten Dienst in Bielefeld beiwohnte, schloss er
den Dienst nachdem er 10 Minuten gesprochen hatte. Die Glieder die mit
dem Zuge fahren mussten, mussten eine halbe Stunde im Wartesaale sitzen,
aber dieser Jammer.
Ich durfte nichts sagen, denn er war mit dem Vorsatze gekommen, wenn er
Widerstand bekommen wuerde, fahre er sofort ab.
Nun ging meine Jammerzeit an, ich musste mich fuegen und stille sein,
denn es war ihm von uns zuviel Weihrauch gestreut worden. Die Brueder
behandelte er wie Sclaven, und ich haette ihnen in dieser Zeit allen
einen Gefallen getan, wenn ich ihnen ihre Aemter abgenommen haette. Die
waren darueber froh gewesen.
Ich musste mit dem Niemeier ueberall herumreisen, galt aber doch nichts
bei ihm. Aber der arme Bornemann musste alles bei ihm mitmachen. Der konn-
te aber das viele Saufen nicht vertragen, denn er hatte sich in der Zeit
den Magen verdorben, daran er zuletzt noch zugrunde gegangen ist. Ich
musste heucheln, obwohl es in meinem Innern ganz anders war.
Ich musste zu allem eine gute Miene machen. Haette ich das nicht getan,
waere er als er zum zweitmale zurueckkam gefaehrlich geworden. Das waren
fuer mich bittere Monate.
Wenn mir spaeter der Niemeier vorwarf ich haette geheuchelt, dann hatte
er recht. Haette ich offenen Stellung gegen ihn genommen, dann wurde der
Kampf hier gross, und ich dachte, lass ihn erst abfahren, denn ich wollte
den Kampf hier nicht entbrennen lassen.
Ehe er abreisen wollte waren wir alle versammelt, und da wollte er uns
alle seine Paragraphen aufdraengen, die sollten wir unterschreiben. Da
sagte ich "nein" - ich muss erst Zeit haben zum nachdenken, wir sind
hier nicht in Australien. Hierueber war er sehr erbost und sagte, dann
waere er ja vergeblich hier gewesen.
Als der Niemeier noch hier war starb der Apostel Ruff. Zur Zeit als der
Apostel Krebs starb, hatte ich nur den Hallmann, und den Bornemann. Die
andern Aposteln konnten mir nicht helfen. Darum hatte ich in den Apostel
Niemeier das Vertrauen gesetzt, dass er mir helfen koennte, denn er war
aelter als ich. In den Jahren vorher hatten wir ihm in den Blaettern
viel Weihrauch gestreut, darum auch das Vertrauen zu ihm. Aber das habe
ich mich bitter beklagen muessen. Dann kam der Heuchler Klibbe. Der Niemeier war hier wie ein Loewe. Der Klibbe
wie eine Schlange. In seiner Schlangenlist hat er uns belogen und betrogen,
und durch seine List hat er hier geraeubert.
Nach Afrika zurueckgekommen zeigte er sich in seiner Haut als Schlange und
Betrueger. Na der Kampf war auch nicht geringe, bis endlich der Schlaphoff
herausgebracht wurde. Ich hatte aber nun in den Aposteln die 1905, 1906 und
1907 ausgesondert wurden, Hilfe. Als der Niemeier zum zweitenmale nach hier
kam, kam er mit seinem Hofstate, Frau und Sohn, und Richter und Frau, alles
auf Befehl der vernichtenden Geistern. Vorher schrieb er an mich und Borne-
mann wir sollten die Banken und Sparkassen in Ordnung bringen denn der Elias
kaeme mit Feuer. An mich persoenlich schrieb er, wenn er kaeme, wuerde
keiner bei mir bleiben. Aber o wehe, wie ist er betrogen. Nach 9 Wochen
seines Hierseins gebar er 5, dem Namen nach Apostel.
Dann schrieb er mir wenn ich nicht Busse taete sollte ich in Gefaengnis, er
wolle alles dem Staatsanwalt uebergeben. Ich antwortete ihm nichts, aber es
fehlte nicht viel dann waere er hereingekommen. Es war der Behoerde bekannt,
dass er so viele Leute wie nur moeglich nach Australien bringen wollte. O,
wie jaemmerlich hat aber der Niemeier hier abgeschnitten. Die vielen Tau-
sender hier zwecklos ausgegeben. An mich schrieb er, dass der Herr mich
verworfen haette, denn er haette ihm gesagt dass er nicht mehr fuer mich
beten solle, denn der Herr haette ihn verworfen. Darnach tat er mich auch
in den Bann, verfluchte mich und erklaerte, ich koenne niemals mehr selig
werden.
Vom Vater Krebs wurde ich etliche Zeit vor dem Ableben des Apostels Ruff
demselben zur Hilfe gesetzt. Die Brueder des Frankfurter Bezirks wissen davon
zu sagen welche Arbeit ich dort hatte bis der Bischof Bischoff im Jahre 1906
zum Apostel fuer dort ausgesondert wurde.
Im Jahre 1880 wurde ich von Apostel Krebs und Menkhoff auf vier Wochen nach
Hamburg gesand, das zerstoerte Erbe wieder aufzurichten. Denn nach dem Tode
von Apostel Preuss hatte der Geiser [Anm. RF: Geyer] alles verwuestet. Als
Schwarz noch in Hamburg war als Bischof, war die Gemeinde dort 300 Personen
stark.
Als ich das erstemal dort Dienst hielt, waren sage und schreibe 15 Personen
da im Dienste. Diese 4 Wochen waren fuer mich schrecklich. Ich hatte so etwas
noch nicht kennen gelernt. Ich habe geweint wie ein Kind und waere gerne weg-
gelaufen. Die Geistergewalt war zu gross. Die noch lebende Frau Wachmann kann
dovon noch Zeugnis geben. Im Jahre 1904 starb der Apostel Wachmann, und in
1905 der Apostel Krebs. Nun ging auch dort der Kampf los. Alle die grossen
Herren hielten sich faehig Apostel sein zu koennen, aber keiner von ihnen
war zu gebrauchen.
Wir liessen dann den Aeltesten Gueldenpfennig von Berlin nach Hamburg kommen.
Der Bischof Popp war untuechtig die Gemeinde weiden zu koennen.
Wenn an einem Platze der Kampf ein wenig zum Stillstehen gekommen war, brach
er am andern Ende wieder los.
Nach dem Ableben von Vater Schwarz und Menkhoff, waren die Kampfesplaetze
Hier und Holland. Nach dem Ableben von der Apostel Wachmann im Jahre 1904,
Vater Krebs 1905 und Ruff 1906, wandte sich erst der Kampf nach Sachsen. Die
Gemeinde in Dresden stand in Gefahr von der Behoerde aufgeloest zu werden.
Der Aelteste der eingetragen war musste zuruecktreten und wegziehen von Dres-
den. Das war nicht leicht, aber der liebe Gott kam mit seiner Hilfe. Der Ael-
teste wurde krank, und mit Hilfe der Frau konnte ich ihn bewegen dass er fort-
zog. Nun wurde der Brueckner auf schnellstem Wege von Leipzig nach Dresden
geholt, was auch nicht leicht war, aber der Herr half wunderbar.
Darnach aber wandte sich der Kampf nach Berlin.
Vater Krebs sagte oft, ich bitte immer den lieben Gott, dass er mich das Ver-
derben in Berlin nicht sehen lassen moege. Der Bischof Clusch [Anm. RF:
Clautsch] handierte dort als Herrscher, und zwar so, nahm er eine million ein,
dann gab er eine million aus aber es stimmte immer bei ihm! Mit dem Apostel
Krebs abzurechnen das viel ihm nicht ein. Er bezog viel Buecher, aber das Geld
konnte er ja verwenden, er machte es wenigstens so. Er hatte die Mietskon-
trakte in der Gewalt, und der Apostel wusste von nichts.
Die erste Arbeit war, dass der Bezirk geordnet geteilt wurde, dem einen Be-
zirksaeltesten so viel Gemeinden wie dem andern. Dann dass alle Mietskontrakte
von dem Apostel unterzeichnet werden mussten, die nicht vom Apostel unter-
zeichnet waren, erklaerte ich fuer ungueltig. Dann muessten alle Bezirksael-
testen mit dem Apostel abrechnen. O wehe, nun vielen die Hundertmarkscheine
nicht mehr aus dem Himmel, das war aber fuer ihn Wehende. Da brach er los
und dachte die Hauptgemeinde fuer sich zu gewinnen, aber es war zu spaet.
Davon koennte ich auch noch viel schreiben, aber die Brueder vielen mir zu,
denen ich von alles Kenntnis gab. Da erkannten die Brueder dass es recht sei
und er stand allein, er nahm einen kleinen Teil mit die er dann zu Aposteln
machte, das heist die fuer ihn tuechtig waren. Aber es dauerte nicht lange,
denn als die Hundertmarkscheine nicht mehr aus dem Himmel fielen, da war
die Herrlichkeit vorbei.
Aber dann nach Braunschweig. Nach dem Ableben des Apostels Krebs, fand es
sich dass das Lokal auf seinem Namen stand. Waren die Hinterbliebenen von
Krebs, mit Frau und Kindern nicht so rechtliebend, dann wurde alles verkauft.
Ein Lokal stand auf dem Namen von Sebastian. Der Wehling, der Vorsteher war
von der Gemeinde, der war auch jedes Jahr schuldlos. Er bezahlte keine Miethe,
sandte keine Rechnung ein, und er war es mit seiner Frau denen alles gehoerte.
Ich sagte, es muss Ordnung sein. Ich bewilligte ihnen eine gute Entschaedi-
gung, aber da wurde die Frau wild. Da sagte ich, dann bekommt ihr garnichts,
nun werdet klagbar.
Die sind dann auch klagbar geworden, haben aber die Kosten bezahlen muessen,
aber das Grundstueck mit Lokal gehoerte dem Apostel Sebastian und er musste
Miete bezahlen, und die Kasse wurde ihm auch genommen. Dann ging der Kampf
nach Braunschweig. Der Apostel Sebastian war nicht mehr Zurechnungsfaehig,
aber das glaubte er nicht, besonders seine Frau glaubte das nicht, schleppte
sie mit sich herum, und wo er hinkam frug er wieviel sie zu versiegeln haet-
ten und wieviel Aemter noetig seien. Das letzte was er machte, war dass er an
einem Orte 5 Aemter setzte, und war nicht mal einer noetig. Nun zeigte ich
ihm, dass er unfaehig sei, ueberhaupt zu dienen.
Aber er wohnte in dem Grundstueck. Jetzt musste der liebe Gott zu Hilfe kom-
men. Der Sohn der in Wolfenbuettel im Hause seines Vaters wohnte, das Eigentum
von Sebastian war zog mit seiner Frau nach Afrika. Nun musste das Haus doch
bewohnt werden, und da ueberredete ich ihn, er muesse doch nach Wolfenbuettel
ziehen denn er muesse doch sein Eigentum bewohnen, das tat er dann auch.
Als er nun dort war, kam der Sohn aus Afrika wieder zurueck.
Jetzt war es Zeit dass der Steinweg hinzog und uebernahm die Wohnung. Wenn der
Apostel Sebastian dort wohnen blieb war er vor wie nach in der Gemeinde. Ge-
staunt habe ich, dass der liebe Gott erst den Sohn nach Afrika trieb, denn da-
durch wurde die Wohnung und die Gemeinde frei. Als der Sohn mit der Frau zu-
rueckkam, war alles gemacht. So hilft der liebe Gott, so in Dresden, so in
Braunschweig, aber auch so in Berlin wunderbar. Und im Jahr 1907 wurde der
Steinweg zum Apostel ausgesondert.
Der schwere Kampf in Holland wurde in der Zeit gefuehrt, wo der Bimmel Bammel,
zum Apostel ausgesondert war, bis zum Aussonderung des Bischofs Kofmann zum
Apostel. Der Apostel Kofmann ist im Jahre 1910 gestorben, aber in seiner
Letztzeit war er auch nicht mehr dienstfaehig, was er aber selbst nicht glaub-
te. Es standen dort zwei Apostelhelfer, Horstmann und de Vries. Das kostete
erst Arbeit, bis ich die ueberzeugte, dass sie die Last eines Apostels nicht
tragen konnten. Der liebe Gott hatte mir den Aeltesten Oosbree gezeigt, aber
der war in Enkhuizen als Kaufmann.
Die Aussonderung von dem Apostel Oosbree im Jahre 1910 war auch eine wunder-
bare. Davon will ich auch weiter nichts sagen, nur das, dass der Helfer Horst-
mann mich gebeten hat ihn damit zu verschonen. Dann kam auch der Helfer de
Vries und bat ihn damit zu verschonen. Der Aelteste Bracke ebenfalls. Aber
wen nun???
Der Oosbree sass in dem grossen Concertsaale unten. Ich rief ihn herauf und
zeigte ihn der Gemeinde dass er der sei, den der Herr erwaehlet haette. Da
brach ein Strom von Zeugnissen los, worauf ich sagte: "Ich habe die Zeugnisse
nicht noetig, die Zeugnisse sind um euretwillen, ich aber weiss was ich tun
soll." Ich sagte dann, der bleibt unter meine Hand, sollt mal sehen, es wird
was Gutes daraus. Keiner konnte zur Zeit glauben, dass das der richtige Weg
sei, aber heute wenn ich nach Holland komme, dann geben die Glaubenskinder
Zeugnis: Wir glauben nicht mehr allein, wir sind zum schauen gekommen, und
das ist war.
Dann die Reise mit dem Brueckner nach Amerika.
Ich habe erst alles aufgeboten um den Brueckner von der Reise zurueckzuhalten,
denn er war nicht noetig. Unser Sohn war hier der in Amerika ansaessig ist,
und meine Frau die ihren Bruder drueben besuchen wollte und auch die Kinder
dort, aber der Brueckner liess sich nicht zurueckhalten. In Amerika hat er
von zu Haus keinen Buchstaben erhalten, es hatte eine Adressenverwechslung
stattgefunden. Nun war er immer verstimmt, und da war er mir mehr eine Last,
als eine Hilfe. Ob Hintergedanken dabei waren weiss ich nicht.
Im Jahre 1912 kam der Niemeier zum zweitenmale nach Deutschland. Diese Zeit
war auch wieder eine bittere. Die Keulenschlaege durch den Roth, Schmaehbrie-
fe und Laesterungen, waren nicht menschlich, sondern teuflisch.
Es musste der Kampf gefuehrt werden, damit die Unseren bewahrt blieben. Dann
brach der Krieg aus. Davon weiss ja ein jeder zu sagen.
Unsere Soehne haben in Amerika viel ausstehen muessen, und die hier waren,
waren alle im Felde. Ein Sohn in Amerika der eine gutgehende Conditorei
hatte ging bankerott, worunter er heute noch zu leiden hat.
Dann starben die beiden Apostel Bornemann und Bock. Dass mir der Bornemann
genommen wurde, das war beinahe ein Totschlag. Meine erste Hilfe in Freud
und Leid. Die Familie brachte nun auch viel Lasten. Wenn der Stammapostel-
helfer Bischoff nicht gewesen waere, wie wuerde es mit dem Bezirke von dem
Apostel Bock geworden sein, davon kann ja der liebe Stammapostelhelfer besser
Zeugnis geben als ich.
Die Kriegsjahre waren bittere Jahre, wovon wir alle Zeugnis geben koennen. In
der Kriegszeit legte sich auch der Kampfplatz nach Amerika. Dieser Kampf war
auch nicht leicht, denn der Mierau hatte alles an den Grund und zur Verwues-
tung gebracht. Die Empoerung war dermassen, dass wir uns gezwungen sahen, die
beiden Apostel Hoelzel und Hartmann hinzusenden, um dort eine Hilfe zu sein.
Darnach kam der Kampf mit dem Brueckner.
In der Kriegszeit hatte ich schon immer den Kampf mit dem Brueckner, und wohl
so, dass ich verschiedentlich schrieb, ich beantworte ihren Brief nicht, denn
er schlug ruecksichtslos auf mich nieder. Ich machte nach seiner Theosophi-
schen Gesinnung alles verkehrt.
Erst als der Helfer Paulus, der Heuchler in Stuttgart, dem Stammapostelhelfer
Bischoff als er im Felde war, ein Teil der Gemeinde gestohlen hatte, da nahm
der Brueckner fuer den Partei, ich aber hatte immer Unrecht. Die Brueder wur-
den aufgestachelt gegen mich, ich waere zu alt, ich muesste vertrieben werden,
und sie muessten mir nicht alles glauben.
Wo ich aber hinmachte da war er auch da, wiewohl ich es ihm untersagt hatte.
Er musste mir helfen, aber sein Dabeisein war nur Polizeidienst. Die Apostel
Bock, Gueldenpfennig, Hallmann und andere waren zu bedauern, keiner konnte
es dem Brueckner recht machen.
Im Jahre 1919 war ich in Holland, und der Brueckner war an der Nordsee, dahin
er den Helfer Bischoff hinhaben wollte. Was der aber nicht wollte. Und nach
Holland durfte ich ihn nicht einladen, da waere dann die Hoelle los gewesen.
In Holland bekam ich dann einen Brief von dem Bischof Betzel, der schrieb
mir, ob ich es nicht moeglich machen koennte, dass der Apostel Bischoff nach
dort kaeme, denn er haette so sehr gelitten. Aber ihnen glaubte er nicht wenn
sie zu ihm sagten er muesse absolut ausspannen. Ich gab dem Apostel Oosbree
den Brief, der sagte darauf, wir geben eine Depesche auf, dass er zu drinenden
Besprechungen sofort nach Holland kommen muesse. Er wuerde dann sofort einen
Pass bekommen und so wurde es. Am Freitag gaben wir die Depesche auf, und am
Montag war er da. Na ich freute mich, ihn erst da zu haben.
Ich schrieb dem Brueckner von Holland an die Nordsee, dass der Apostel Bischoff
da waere, das und das waere die Ursache. Aber da hagelte es auf meinen Kopf,
es war alles Mache, was doch nicht der Fall war. Dann kam die Frage wegen
einem Stammapostelhelfer. Ich lies an alle Apostel ein Schreiben ergehen, dass
sie mir sagen sollten, wer auf dem Geiste liege. Alle Apostel verwiesen mich
auf den Apostel Bischoff, nur der Brueckner schrieb mir, es waere ihm lieber
gewesen ich haette ihn nicht gefragt, wenn der Ecke nicht immer krank waere,
wuerde er diesen vorschlagen. Das war ja Hohn.
Frueher war der Apostel Bischoff sein bester Freund, aber als er es hart
machte schrieb ich ihm, ich bin es leid immer Spiesruten laufen zu muessen,
ich haette Gehorsam gelernt, und ich haette dem Apostel Bischoff geschrieben,
er solle an meinen Platz treten, ich wuerde ihm dienen mit meiner Kraft so-
lange ich koennte. Aber als ich dem Apostel Brueckner das schrieb, da tauch-
te der Apostel Bischoff nichts mehr, und er machte ihn so schlecht, was ich
aber nicht an ihm gefunden hatte. Ich liess mich aber nicht beirren, ich hat-
te Zeugnis genug.
Als dann der Tag der Aussonderung war vom Stammapostelhelfer Bischoff, da
war dem Fass der Boden eingeschlagen, der Stein daran musste er offenbar wer-
den. Waere er es aber gewesen den ich als Nachfolger erwaehlt haette, dann war
ich der beste Mensch der Welt, nun aber musste ich spaeter abgesetzt werden
und als Folge war der Prozess.
Ich wollte hiermit nur zeigen, dass der Kampfplatz immer von einem Orte zum
andern verlegt wurde. So lange ich apostolisch bin, hat der Kampf nicht auf-
gehoert.
Aber alle die so zu Felde gezogen sind, von denen ist keiner zum Siege gekom-
men. Ich kann aber auch sagen, aus dem allen hat mich der Herr erloest.
Niemeier wollte mich ins Gefaengnis haben, aber er hat muessen hineingehen,
und zudem haben sie ihn beinahe totgeschlagen.
Ueberall wo ein Apostel weggenommen wurde gab es Kampf. In Berlin, wie oben
geschrieben, in Hamburg, und sonst ueberall. Das Neueste weiss ein jeder
selbst.
Die Apostel und Hilfsapostel die herausgeboren wurden, haben alle starke
Vorwehen verursacht, und auch vielfach starke Nachwehen.
Dieses Obige aus dem Gedaechtnis, aber ich kann alles nicht mit Daten bele-
gen, denn daran wurde frueher nicht gedacht. Ich will sagen, dass man kein
Tagebuch fuehrte, weil man solches alles nicht voraus ahnte, und dann fehlte
es auch vielfach an der Zeit. Es waere noch viel zu schreiben, aber ich den-
ke diese Fingerzeige genuegen.
Zu Anfang habe ich schon geschrieben, welch eine furchtbare Gewalt sich hier
auf das Haus warf, und dass meine Eltern die Ersten waren ebenso ich die die
Versiegelung annahmen. Im jahre 1872 wo ich als Evangelist ausgesondert wurde,
und die Jahre von 72 bis 94 waren fuer mich meine Lehrjahre. Natuerlicher-
weise sagte ich immer, was meine Augen sehen, muessen meine Haende machen.
Zuerst die Landwirtschaft auf die Hoehe gebracht, dann die Gebaeude zum Teil
umgebaut, dann Zimmerarbeit, Tischlerei Mauerarbeit und Moebeltischlerei,
alles selbst gemacht, Hausschlachter und Handelsmann, aber eins ist mir noch
fehlen geblieben, ich haette noch muessen ein Jahr in die Fabrik um das Trei-
ben auch kennen zu lernen, das ist mir entgangen.
Ich kann sagen, dass natuerlicherweise alles aus mir herausgeboren wurde,
somit war das die Hauptsache um was zu verdienen, denn die Armut war zu gross
besonders bei dem Diener Gottes. Ich musste fuer die Familie sorgen. Zudem
musste ich erst Gehorsam lernen gegen meine Gesinnung wie schon geschrieben.
Dann aber musste ich zugerichtet werden unter den falschen Geistern. Die ken-
nen zu lernen die mir manche Traenen ausgepresst haben, aber auch viel Angst.
Es war immer das Ungewisse. Man hatte keinen festen Boden unter den Fuessen.
Nach dem Buchstaben der Bibel kann sich ein jeder decken, und seine Taten
mit Bibelversen beweisen.
An dem Apostel Menkhoff hatte man die Hilfe nicht die man noetig hatte, somit
hiess es, hilf dir selbst.
Aber in den Jahren war ich apostolisch, aber ich mass nocht mit dem Milli-
meter, der Wandel war darnach, darauf sie heute auch hinweisen koennen, und
mit recht.
Aber in der Zeit bin ich nicht unter dem Kreuze weg gekommen. Wenn das eine
abgenommen, dann gab es ein anderes. Erst den Vater, dann die Mutter die
lange unter dem Kreuze waren, dann mein Schwager, dann meine Schwester die
hier bei mir wohnten, dann die Kinder die starben, aber dann nach allem, wurde
mir schnell die Frau genommen. Da war beinahe Weltende, ich sah fast kein
durchkommen mehr. Aber da lebte der Apostel Krebs noch, meine ersten Hilfen,
der Bornemann, Werth auch Cordruwisch. Das waren noch gute Stuetzen.
Der liebe Gott sorgte fuer mich. Die letzten Worte vor dem Heimgehen meiner
ersten Frau waren: "Weine nicht, fuer dich ist schon gesorgt", was sich auch
herausgestellt hat. Dass schon fuer mich gesorgt war, daran konnte ich nicht
denken. Nun dachte ich wird es besser werden aber das Glueck sollte nicht
lange dauern.
Meine jetzige Frau viel unter die Plagen, darunter sie heute noch verkehrt.
Das Kreuz brachte mich oft zu Verzweiflung, dass ich ausrief: "Mein Gott,
mein Gott warum hast du mich verlassen".
Wir sollen Gott danken fuer alles ihr lieben Brueder, denn die Truebsal,
die leicht ist, schaffet eine ewige und unbeschreibliche Herrlichkeit denen,
die dadurch geuebt sind.

gez. Hermann Niehaus

Anfang 1928


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